Mit der geänderten Benutzeroberfläche lässt sich der Windows Media Player 11 nach meinem Empfinden zwar wesentlich besser als die Version 10 bedienen. So mancher Benutzer vermisst aber diverse Funktionen, die der alte WMP 9 prominent anbot. Speziell die Möglichkeit, Internetradio zu hören, scheint beim Windows Media Player 11 „abhanden gekommen zu sein“ (ein weiterer Kollateralschaden des Fortschritts).
Na ja, wer die Alt-Taste drückt, kann im Menü Datei den Befehl URL öffnen wählen und dann die URL-des Medienservers der Internetradiostation eintippen. Mit diesem Ansatz lässt sich quasi jede Internetradiostation, die im Internet im Windows Media-Format sendet, empfangen.
Internetradio verschwunden?
Aber die im WMP 9 vorhandene Schaltfläche zum Abrufen von Internetsendern ist verschwunden. Für mich war irgendwie klar, dass damit Internetradio auch verschwunden sei (zumal die diversen Menüs der Schaltflächen auch nichts boten). Jedenfalls ging ich bei den ersten Schritten mit Windows Vista von dieser Annahme aus. Irgendwann bin ich dann in den folgenden Tagen auf die Lösung gestoßen und stellte mir die Frage, bin ich mittlerweile „zu doof“, um die Irrungen und Wirrungen der Microsoft-Entwickler intuitiv und vor allem sofort zu begreifen? Scheinbar stehe ich ich nicht alleine da. Jedenfalls sind mir in den letzten Tagen mehrere Anfragen in Newsgroups aufgefallen, die die „Internetradio“-Funktion im Windows Media Player vermissten.
Internetradio – noch da, aber gut versteckt
Die Funktion, um komfortabel Internetradio zu hören, ist m Windows Media Player nach wie vor vorhanden. Microsoft hat das Ganze aber etwas versteckt.
- Starten Sie den Windows Media Player 11 und stellen Sie sicher, dass eine Internetverbindung besteht.
- Klicken Sie in der Symbolleiste des Windows Media Player-Fensters auf die (von Microsoft als „Registerkarte“ bezeichnete) Schaltfläche Media Guide.
- Der Windows Media Player stellt jetzt eine Verbindung zur Website windowsmedia.com her und zeigt diese im Programmfenster an.
- Lassen Sie sich durch den Shop nicht verwirren, am rechten Rand des Angebots findet sich neben anderen Hyperlinks auch der Eintrag Internetradio, den Sie anklicken müssen.
- In der dann angezeigten Webseite Weitere Sender suchen können Sie nun einen der angezeigten Sendereinträge anklicken oder über das Textfeld Schlüsselwort suchen nach einer Internetradiostation suchen lassen.
- Ein gefundener Sendereintrag lässt sich über die Schaltfläche am rechten Rand des Eintrags expandieren. Dann finden Sie die Hyperlinks Website besuchen und/oder Wiedergabe, um das Angebot der Radiostation abzurufen.
Tipp: Können Sie die Schaltfläche Media Guide nicht finden? Die betreffende Symbolleiste findet sich am oberen Rand des Player-Fensters. Ist dieses Fenster zu klein, werden die Schaltflächen am rechten Rand ausgeblendet. Sie müssen dann das Fenster des WMP 11 vergrößern. Oder Sie klicken am rechten Rand der Symbolleiste auf die Menüschaltfläche und wählen dann den Menüeintrag Media Guide.
Manche Stationen erfordern explizit, das Radioprogramm über deren Webseite abzurufen. Dann fehlt der Wiedergabe-Link. Achten Sie beim Abrufen von Internetradiostationen im eigenen Interesse darauf, dass Ihnen keine separaten Plug-Ins bzw. ActiveX-Controls zum Abspielen der Musik installiert werden. Neben einer möglichen Kostenfalle durch ein bei der Installation eingegangenes Abonnement kommt der Sicherheitsaspekt bei der Installation solcher Komponenten ins Spiel. Bekanntere und seriöse Stationen werden ihr Material im Windows Media-Format streamen, so dass keine Notwendigkeit zur Installation von Zusatzkomponenten besteht.
Anmerkung: Die Hyperlinks Eigene Sender und Zuletzt wiedergegebene Sender funktionieren in Windows Vista i. d. R. nicht. Die Hintergründe und wie man das löst – oder wie man in Windows Vista Internetradiostationen elegant (und vor allem, ohne das DirectShow-Filtersystem zu beschädigen) aufnehmen kann, wie man auch Real Media Streams im WMP hören kann oder auf OGG-Radiostationen zugreift, sind in dem nachfolgend erwähnten Multimedia-Handbuch ausführlich diskutiert.
Ähm, kann ich vielleicht auch Internetradio aufnehmen?
Das Mitschneiden (Recording) von Internetradiostationen wird durch den Windows Media Player nicht unterstützt. Sie müssen auf Programme von Drittherstellern ausweichen. Allerdings gibt es da ein klitzekleines Problem: Vieles von dem „Schrott“, was da in der Welt rumfliegt, tut es nun ganz und gar nicht unter Windows Vista. Im Rahmen des unten erwähnten Vista-Multimedia-Buchprojekts hab ich mich mit dieser Frage befasst und unzählige Programme getestet. 90 Prozent kann man getrost vergessen. Die Programme lassen sich schon nicht installieren, verlangen zum Betrieb Administratorenrechte oder zernageln Windows bzw. das DirectShow-Filtersystem.
Das recht beliebte ClipInc. der Firma Tobit war z. B. in der von mir im August 2007 getesteten Fassung so ein Kandidat. Der interne Server (wird zum Aufzeichnen gebraucht), stürzte nach dem nächsten Systemstart ab und ich musste die betreffenden Dienste von Hand neu aufsetzen. Dann wollte das Programm plötzlich Adminrechte und der Ressourcenverbrauch war auch nicht von schlechten Eltern. Bei der Deinstallation blieben „Leichen“ im System zurück. Glücklicherweise hatte ich einen Wiederherstellungspunkt – und seitdem ist mein Windows Vista „ClipInc freie Zone“. Ähnliche Pleiten habe ich mit Programmen wie Total Recorder erlebt, die sich erst gar nicht installieren ließen.
Das Plug-In Steamripper kann in Verbindung mit dem Player WinAmp ebenfalls Internetradio mitschneiden. Vorteilhaft, da sich auch Real Media-Streams empfangen lassen. Allerdings ist mein Windows auch eine „WinAmp-freie Zone“ (es gab in der Vergangenheit zu viel Ärger mit dem Teil). Und neben Media Player Classic sowie VLC Media Player brauch ich nicht noch einen weiteren Player. Bei den letztgenannten Playern gibt es übrigens auch die Möglichkeit, Streams aus dem Internet zu hören – und man kann DirectShow-Filterketten einbinden, um diese Streams zu speichern. Aber so wirklich prickelnd ist das alles nicht – ich hab’s mehrfach versucht, hat auch gelegentlich geklappt – aber meist ging es schief, weil ich irgend etwas übersehen habe.
Mein persönlicher Tipp: Schauen Sie sich das kleine Programm Screamer an. Dieser „Schreihals“ ist die Entwicklung eines schwedischen Systementwicklers, der dieses als Freeware unter www.screamer-radio.com zum Download anbietet. Die benötigte ZIP-Datei ist etwas über 700 KByte groß und lässt sich in einen lokalen Ordner entpacken. Anschließend braucht das Programm noch nicht mal installiert zu werden – einfach eine Verknüpfung auf den Desktop ziehen und fertig.
Ich bin begeistert, wie einfach das Programm zu nutzen ist. Im Menü Vorlagen findet sich gleich eine ganze Reihe an Internetsendern und spezielle Sender lassen sich über deren URL über das Menü Datei und den Befehl URL öffnen abrufen. Bei Bedarf können so Sender auch als Favoriten definiert werden. Dann braucht nur noch die Rec-Schaltfläche angeklickt zu werden, und schon läuft der Radio-Stream als MP3-Datei auf die Platte. Überträgt der Radiosender ID3-Tags im MP3-Stream, werden diese zur Clip-Trennung und zur Benennung der Dateien benutzt.
Allerdings scheinen manche Radiosender, die Internetradio anbieten, diese ID3-Tags mit den Titelinformationen herauszufiltern. Die Songs müssen also separat aufgenommen oder später mit AudaCity oder anderen Audioeditioren beschnitten werden. Dieses Beschneiden ist i. d. R. sowieso erforderlich, da die Moderatoren liebend gerne endlos in den Titelanfang reinquatschen. Ein Grund für die fehlenden ID3-Tags ist für mich nicht erkennbar, da Mitte 2007 der Mitschnitt von Radiosendungen in Deutschland nach wie vor legal ist.
Bis auf kleine Macken arbeitet das Programm tadellos – auch wenn ich in Vista den Effekt hatte, dass bestimmte Radiostationen, die den Coco-MP3-Encoder verwenden, anschließend eine stockende Wiedergabe im WMP 11 verursachen (scheint aber ein internes Problem zwischen WMP 11, Vista und dem Media Protection Path der MF zu sein – und es gibt Wege, dieses Problem zu lösen). Es führt an dieser Stelle zu weit, auf die Feinheiten einzugehen – wen es interessiert, findet in dem unten angegebenen Vista-Multimedia-Handbuch genügend Insights, Hand-Ons und Unterhaltung für „lange Winternächte“.
Tipp: Wer ohne Screamer mit dem Windows Media Player Webradio hört und direkt aufnehmen will, kann dies ggf. über einen Trick auch unter Windows Vista erreichen. Besorgen Sie sich ein Aufnahmeprogramm wie z. B. No 23-Recorder. Wenn Sie dann den Eingangskanal für das Aufnahmeprogramm überprüfen, sollte dort der Wert Stereo-Mixer auftauchen. Dieser Kanal liefert das an der Soundkarte ausgegebene Audiosignal. Stellen Sie diesen Eingangskanal für die Aufnahme ein, sollte ein Mitschnitt der im Windows Media Player, in YouTube-Videos oder in anderen Anwendungen ausgegebenen Audiosignale möglich sein.
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