Ständige “Freezes” in Windows 7

Gelegentlich haben Anwender das Problem, dass “Windows oder ein Programm einfriert”, sprich: Entweder Windows oder ein Programm reagiert kurzzeitig oder länger nicht mehr. Der Beitrag beschreibt, wie man “Hänger” analysieren kann.

Ständige “Freezes”, also ein “Einfrieren” von Windows 7, davon kann ich ein Lied singen. Ich betreibe hier mehrere Windows 7-Testsysteme (auf realen Maschinen, vom Uralt-PC bis zu brandaktuellen Systemen, Netbooks und virtuellen Maschinen). Es lief alles rund, bis ich auf die Schnelle einen Rechner aus einem aktuellen Medion-Angebot vom Nov. 2009 rauskaufte (man will ja wissen, was so im Volk werkelt – und so schlecht las sich die Beschreibung der technischen Spezifikationen auch nicht).

Ärger bereits vorprogrammiert?

Bereits bei der ersten Inbetriebnahme muckte das System und ich benötigte zwei Neustarts, bevor sich das vorkonfigurierte Windows 7 einrichten ließ. Auf dem System war extrem viel Bloatware von Aldi & Co vorinstalliert. Zudem verfügte das System über eine wirklich “intelligente” Partitionierung, bei dem bereits vier primäre Partitionen (“System reserviert”, “Windows 7-Systempartition”, “Backup-Partition”, “Restore Partition”) belegt waren. Da ich ein 64 Bit-Ultimate-System für Tests parallel installieren wollte, musste eine Partition geschlachtet und in eine Sekundärpartition umgewandelt werden.

Das Ende vom Lied war, dass die von Medion vorgesehene Recovery-Funktion nicht mehr tat. Leider wird von den Herstellern immer noch eine Cyperlink PowerBackup-Lösung verbaut, die keine Auswahl der Backup-Partition bzw. des –Laufwerks zulässt, sondern stupide die vom Hersteller vorkonfigurierte Backup-Partition anspricht. Ergo meldet die Recovery-Funktion nach einer Neupartitionierung mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass keine Sicherungsdateien gefunden werden.

Nachdem ich mit dem vorkonfigurierten System etwas experimentiert hatte, wurde u. a. auch der VMware Player installiert, um in virtuellen Maschinen testen zu können. Leider stellte ich irgendwann fest, dass Windows 7 mit “Hängern” bzw. kurzen “Freezes” reagierte. Ob es an mehreren laufenden virtuellen Maschinen oder an der verhunzten Herstellerkonfiguration lag, konnte ich nicht mehr feststellen.

Ärger mit dem Chipsatztreiber

Shit happens! Aber wo sich Medion mustergültig verhält, ist das Mitliefern von Windows 7-Installationsdatenträgern. Den Systemen (die ich in Fingern hatte), lag jeweils ein 32- und ein 64-Bit-Datenträger bei.  Also entschloss ich mich für “tabula rasa” und installierte die 32-Bit-Windows 7 Home Premium- sowie eine parallele 64-Bit-Windows 7 Ultimate-Version in separaten Partitionen. Und da waren sie wieder, die plötzlichen “Freezes”, bei denen Internet Explorer, Firefox oder sogar der Windows Explorer für Minuten nicht mehr reagierten.

Nachdem ich Browser-Add-Ons ausschließen konnte, war Fehlerdiagnose angesagt. Ich setzte also auf die unten beschriebene Diagnose durch den Ressourcenmonitor und konnte recht schnell sehen, dass die Prozesse auf “E/A-Anweisungen” warteten. Zuerst schob ich es auf einen fehlerhaften WLAN-Treiber.

Aber nach einer Rücksprache mit dem Medion-Support kam der treffende Tipp, einen Blick auf den Chipsatz-Treiber zu werfen. Hier die betreffende Antwort des Support, der erstaunlich präzise auf meine Fehlerbeschreibung reagierte.

Das von Ihnen beschriebene Problem deutet darauf hin, dass Sie das Betriebssystem manuell neu aufgesetzt haben und anschließend alle erforderlichen Treiber nicht in einer bestimmten Reihenfolge installierten.

Bitte installieren Sie Windows neu und halten sich an die Treiberreihenfolge:

1.  Mainboard/Chipsatz Treiber
2.  Grafikkartentreiber
3.  Soundkartentreiber

Anschließend die restlichen Treiber, bei denen die Reihenfolge allerdings unerheblich ist.

Der Mainboard/Chipsatztreiber muss zuerst installiert werden, damit alle Schnittstellen am Mainboard sauber erkannt werden.

Die Treiber finden Sie entweder auf der Applikations- und Support DVD im Ordner „Treiber“, oder aber unter folgenden Link …

Dies war in meinem Fall der entscheidende Hinweis. Eine “Nachinstallation” des Chipsatztreibers half nicht wirklich. Nachdem ich eine weitere Neuinstallation durchgeführt und mich genau an die obige Reihenfolge gehalten hatte, funktionierte das System tadellos (und das bereits seit drei Monaten).

[Update: Ich habe nicht umsonst einen Satz im obigen Zitat unterstrichen. Es ist extrem wichtig, den Chipsatztreiber sofort nach dem Aufsetzen von Windows 7 und vor Installation weiterer On-Board-Peripherie zu installieren. Wird dies nicht eingehalten, werden die betreffenden Treiber nicht korrekt installiert und es kommt zu Problemen. Mir selbst ist es bei ASUS Netbooks bereits bei der Windows XP-Installation passiert, dass eine fehlerhafte Reihenfolge bei der Treiberinstallation dazu führte, dass andere Peripherie nicht funktionierte. Eine “Nachinstallation” des Chipsatztreibers scheint nicht (oder nicht immer) zu funktionieren.]

Fazit: Bei allen meinen älteren Systemen ließ sich Windows 7 problemlos “out-of-the-box” installieren und lief klaglos (bis auf ein LAN-Problem, was aber durch einen Treiber verursacht wird). Nur bei neueren Boards kann es massive Probleme geben. Windows 7 enthält nur Treiber, die bei RTM-Fertigstellung durch die Hersteller bereitgestellt wurden. Der dann bei der Installation vom Betriebssystem eingerichtete Chipsatz-Treiber bringt zwar rudimentäre Unterstützung für den Chipsatz mit, so dass  die Onboard-Komponenten gefunden werden. Aber diese Treiber verursachen mitunter extreme Probleme wie die oben beschriebenen Freezes. Die Windows 7-Foren sind voll davon. In solchen Fällen muss ein aktueller Chipsatztreiber des Board-Herstellers besorgt und installiert werden. Dann sind die vom Chipsatztreiber hervorgerufenen Probleme meist behoben. Die Hintergründe sind verständlich, wenn man sich den unter [6] verlinkten Wikipedia-Artikel oder den heise.de-Artikel [7] durchliest.

Microsoft Security Essentials als Problemkind

Beim bisherigen Betrieb unter Windows 7 gab es denn auch keine Freezes mehr, bis Microsoft Ende Februar ein Update für den Microsoft Security Essentials-Client herausbrachte. Dort ist noch ein weiterer Bock drin [1], der Internet Explorer und Firefox zum “Hängen” bringt. Zwischenzeitlich habe ich Microsoft Security Essentials deinstalliert und verwende einen avast-Virenscanner – so dass das System läuft. Bei etwas mehr Zeit muss ich untersuchen, ob die “Freezes” eventuell mit dem Adobe Flash-Player zusammenhängen. Denn in der Ereignisanzeige habe ich entsprechende Einträge gefunden, die melden, dass der Internet Explorer wegen eines “hängenden Flash-Plugins (Flash10e.ocx)” nicht mehr funktioniert. Ist zwar seltsam, da ich bereits die Revision Flash10d.ocx auf dem Rechner habe – aber egal.

Tipp: In meinem konkreten Fall erwies sich Microsoft Security Essentials komischerweise als Problemkandidat. In den Microsoft-Foren zu Windows 7 gibt es aber immer wieder Anwender, wo “Systemblockaden” durch Security Suites diverser Hersteller verursacht werden. Tritt ein solcher Fall bei Ihnen auf, empfiehlt es sich auf jeden Fall, die installierten Security-Lösungen testweise zu deinstallieren und ggf. ein Clean-Tool des jeweiligen Herstellers auszuführen. So kann zumindest sichergestellt werden, dass es nicht an der verwendeten Sicherheitslösung liegt.

Nachtrag: In meinem Blog-Beitrag Windows 7 & Virenscanner: quo vadis? findet sich ein Hinweis auf die vermutliche Fehlerursache: Bugs in den von den Sicherheitslösungen verwendeten Windows Filtering Platform-API.

Freezes und hängende Prozesse analysieren

Wenn im System nun ständig hängende Prozesse auftreten, wie lassen sich diese analysieren und eventuell Ursachen herausfinden?

  • Ein erster Blick sollte natürlich in die Ereignisanzeige gehen. Einfach “Ereignis” im Suchfeld des Startmenüs eintippen und das Programm starten. Gelegentlich finden sich dort bereits Hinweise auf beginnende Probleme oder abgestürzte Anwendungen.
  • Der zweite Blick könnte der Zuverlässigkeitsüberwachung gewidmet werden. Einfach “Zuver” im Suchfeld des Startmenüs eintippen und das Programm Zuverlässigkeitsverlauf anzeigen starten. Dort werden Fehler und Warnungen aufgelistet und bei Anwahl lässt sich im unteren Bereich u.U. nachsehen, was die konkrete Ursache war.

Zuverlassigkeit

Liefern die beiden obigen Ansätze nichts an zusätzlichen Erkenntnissen, gilt es laufende Prozesse zu analysieren. Hier hat Andree Ziegler von www.winvistaside.de vor vielen Monaten einem Anwender in einem Forum (quasi in einem Nebensatz) den entscheidenden Tipp gegeben: “Benutze doch einfach den Ressourcenmonitor”.

Das Teil kannte ich zwar, hatte mir aber über dessen Möglichkeiten keine Gedanken gemacht. Die Vorgehensweise bei der Analyse ist dabei ziemlich einfach.

  1. Rufen Sie den Taskmanager auf und Wechseln Sie zur Registerkarte Leistung.
  2. Dort ist die Schaltfläche Ressourcenmonitor anzuwählen und dann die Sicherheitsabfrage der Benutzerkontensteuerung anzuwählen.
  3. Anschließend ist eine der Problemaktionen (z. B. im Explorer.exe, im Internet Explorer, im Firefox etc.) auszuführen.Beobachten Sie die Prozesse im Ressourcenmonitor. Hängt ein Prozess, wird dessen Eintrag (z.b. explorer.exe, iexplore.exe etc.) rot in der Prozessliste angezeigt. Gleichzeitig sollte auch in der Titelleiste des betreffenden Anwendungsfensters die Meldung “…. reagiert nicht mehr” erscheinen.
  4. Wählen Sie den roten Eintrag mit der rechten Maustaste an und klicken Sie auf den Kontextmenübefehl Warteschlange analysieren.

Ressourcenmon

Jetzt wird das hier im Vordergrund sichtbare Dialogfeld Warteschlange analysieren angezeigt. Sie sehen die Prozessstruktur und wie welcher Prozess in der Warteschlange auf was wartet. Es ist sehr schnell zu erkennen, ob und was da hängt. Sie können das Kontrollkästchen eines Prozesseintrags markieren und den Prozess über die Schaltfläche Prozess beenden abschießen.

Auf diese Weise lassen sich einige Infos über hängende Prozesse und damit “Freezes” im System herausfinden. Mit diesen Informationen kann dann eine gezielte Analyse erfolgen. Sie können z. B. einen Blick in die Ereignisanzeige werfen (siehe oben) und nachsehen, ob dort weitere Infos zum hängenden Prozess zu finden sind. Es ist eine gezielte Recherche über Suchmaschinen möglich und vieles mehr.

Dienste und Autostartprogramme

Ein weiterer Ansatz besteht darin, das Programm msconfig.exe über das Suchfeld des Startmenüs aufzurufen und auf der Registerkarte Allgemein einen benutzerdefinierten Systemstart durchzuführen. Dort und auf den Registerkarten Dienste bzw. Start lassen sich sukzessive Systemdienste und Systemstartelemente beim Hochfahren deaktivieren. Dann gilt es zu testen, ob die “Hänger” weiterhin auftreten oder beseitigt sind. Ist zwar zeitaufwändig, gelegentlich aber die einzige Möglichkeit, problematische Treiber zu identifizieren.

Browser-Add-Ons und Shell-Extensions

Beim Internet Explorer (oder beim Firefox) können “Hänger” auch auf nicht kompatible Add-Ons zurückzuführen sein. Hier finden Sie in dem unter [2] aufgeführten Artikel.

Hänger im Windows Explorer, im Startmenü oder auf dem Desktop können dagegen auf fehlerhafte Shell-Extensions zurückzuführen sein, die dann die Kontextmenühandler-Kette blockieren. Hier habe ich in [3] bereits zu Windows Vista entsprechende Diagnosehinweise gegeben.

Weitere Ursache für Hänger

Es gibt in diversen Windows-Foren weitere Hinweise, das BIOS-Einstellungen und die Vorgaben für den Energiesparmodus ebenfalls Einfluss auf “Hänger” haben können. Entsprechende Diskussionen finden sich unter [4].

Mit den hier gegebenen Informationen sollten sich viele Probleme mit “Hängern” unter Windows 7 analysieren und beheben lassen.

Links:
[1] Schießt ein Microsoft Security Essentials-Update Windows 7 “ins Knie”?
[2] Hilfe, wenn der Browser (IE, FF) spinnt
[3] Startmenü oder Explorer geht nicht mehr/ist langsam
[4] Freeze-Diskussion im Microsoft-Forum
[5] Windows 7 & Virenscanner: quo vadis?
[6] Advanced Configuration and Power Interface
[7] heise.de-Artikel zu ACPI

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8 Antworten zu Ständige “Freezes” in Windows 7

  1. Sebastian sagt:

    Guter Beitrag!

  2. Martog sagt:

    Hallo Habt Ihr evtl. einen tip für mich? Ich habe folgendes Problem und zwar passiert es ab und zu das meine Bildschirme kurz schwarz werden und dann kurz darauf normal weiter arbeiten. Das passiert einfach so mitten drin. Allerdings habe ich das wenn ich Spiele noch nicht beobachtet.
    Danke für evtl. Tips von martog.

  3. Michi sagt:

    Danke. Werde mir noch mal den Ressourcenmonitor anschauen.
    Bisher hat der mit nicht genug verraten, dass ich das Problem lösen könnte.

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