[English]Momentan verwirrt Microsoft Beobachter mal wieder mit einem Schlenker bei der Neuinstallation eines Windows 10 Home Version 1909. US-Benutzer haben nur noch die Option, ein Microsoft-Konto anzulegen. Allerdings lässt sich dies mit einem einfachen Kniff umgehen.
Als junger Ingenieure hatten wir unter uns Kollegen gelegentlich den Spruch ‘Was ist ein Bangemann?’ mit der Antwort ‘Der Abstand zwischen zwei Fettnäpfchen’ drauf, wenn sich Leute mal wieder zu arg aus dem Fenster gehängt und abgestürzt waren. Der Hintergrund war der FDP-Politiker und Wirtschaftsminister Martin Bangemann, der in jedes verfügbare Fettnäpfchen zu tappen schien. Keine Ahnung, warum mir diese 35 Jahre zurückliegende Begebenheit gerade eingefallen ist.
Worum geht es genau?
Ende September poppte das Thema schon mal im Rahmen der Windows 10 Insider Preview Build 18363 hoch. Einem US-Benutzer war aufgefallen, dass er bei einer Neuinstallation der Windows 10 Home Preview bei dieser Build kein lokales Benutzerkonto mehr einrichten konnte. Er war quasi gezwungen, ein Microsoft-Konto beim Setup einzurichten. Er hatte dieses Verhalten auf reddit.com gepostet.
Ich hatte das Thema hier im Blog nicht aufgegriffen, da keine weitere Quelle dieses Verhalten meldete. Zudem hatte Martin Geuß das Ganze mit einer deutschsprachigen Version dieser Insider Preview für Windows 10 Home getestet. Er kam in diesem Artikel zum Schluss, dass sich nichts geändert hatte.
Später bekam ich mit, dass Microsoft diesbezüglich wohl einen A/B-Test mit US-Windows Insidern gefahren hatte. Es gab wohl wenige Personen, die dieses Verhalten überhaupt zu Gesicht bekommen haben. Erklärt auch, warum nur eine Person auf reddit.com das berichtet hat. Da sich in den weiteren Insider-Builds kein solches Verhalten mehr zeigte, geriet das Ganze bei mir aus dem Fokus.
Thurrott stößt wieder auf den ‘MS-Konten-Zwang’
Der US-Blogger Paul Thurrott wollte nach Freigabe von Windows 10 Version 1909 die Setup-Schritte bei einer Neuinstallation dokumentieren und stieß dann auf eine Merkwürdigkeit. Während sich beim Windows 10 November 2019 Update (Version 1909) in der Professional-Version nur minimale Änderungen in den Formularen der OOBE-Phase ergaben, traten bei Windows 10 Home V1909 eine Anomalie auf. Dort hatte er plötzlich keine Option mehr, um ein Offline-Konto (Standard Benutzerkonto) anzulegen.
(US OOBE-Dialog zur Konteneinrichtung, Quelle: Thurrott/Dr. Windows)
Das obige Bild zeigt die betreffende OOBE-Seite, ob die Option aus früheren Offline Account Windows 10-Versionen fehlt.
An der Stelle der Hinweis: Zieht der Nutzer vor dem Setup den Stecker mit der Netzwerkverbindung zum Internet, zeigt das OOBE-Formular wie gewohnt die Option zum Einrichten des Offline-Kontos ab. Das Setup fällt dann halt auf diese Position zurück.
Und in Windows 10 Pro sowie Enterprise ist das Ganze eh unverändert zu den Vorgängerversionen.
Gilt das nur für US-Benutzer mit Windows Home?
Ich wusste ja von Martin Geuß, dass er das Verhalten in der Insider Preview intensiv getestet hatte. Also habe ich bei Dr. Windows nachgeschaut und den Artikel Windows 10 November Update: US-Version „zwingt“ zum Microsoft-Konto von ihm gefunden. Es ist wie in der Insider Preview: Deutschsprachige Benutzer bekommen weiterhin beim Setup die Option zum Einrichten eines lokalen Kontos angezeigt – egal, ob eine Home- oder Pro-Edition von Windows 10 V1909 neu installiert wird.
An dieser Stelle muss ich mich korrigieren – wie die Kommentare diverser Leser dieses Blogs und bei heise zeigen, scheinen auch deutschsprachige Benutzer von Windows 10 Home V1909 betroffen zu sein. Es war zwar schon immer schwierig, die Option für lokale Benutzerkonten bei blauer Schrift auf blauem Grund zu erkennen. Aber das bekommt jetzt eine neue Qualität.
Für mich bleibt an dieser Stelle unklar, was Microsoft mit einer solchen Aktion verfolgt? Für Microsoft Deutschland sind solche Schlenker nur unnötiges Wasser auf die Mühlen der Diskussion ‘Windows 10 ist nicht DSGVO-konform und Microsoft kann man nicht trauen, die wollen uns in die Cloud zwingen’. An dieser Stelle verweise ich auf den Artikel Die tickende DSGVO-Zeitbombe von Microsoft der Kollegen von Golem, die das Problem auf den Punkt bringen.
Also des Fazit: Der Schlenker Microsofts trifft europäische Nutzer bisher {scheinbar] nicht, oder zumindest nicht auf breiter Front. Der Sinn des Ganzen bleibt mir als Beobachter schleierhaft. Eigentlich verkündet Microsofts Management ja bei jeder Gelegenheit ‚Wir wollen so offen und transparent wie irgendwie möglich sein‘ – die aktuelle Aktion ist genau das Gegenteil. Unter dem Strich kristallisiert sich für mich eine neue Maßeinheit für ‘Bangemann’ heraus – definiert von Microsoft als ‘Abstand zwischen zwei Windows 10-Flops’ – oder was meint ihr dazu?
„…Für mich bleibt an dieser Stelle unklar, was Microsoft mit einer solchen Aktion verfolgt?…“
Die Reaktionen testen. Der Idealfall für MS ist, dass es zu jedem PC ein MS-Konto gibt.
Die Geschichte kommt mir bekannt vor. Ich bin sicher, das – mitsamt dem Trick der getrennten Netzwerkverbindung – schon (und auf deutsch) beim damals neuen Windows 8 gelesen zu haben. Zumindest anfangs mag MS die Nutzer also bereits da zur Zwangspersonalisierung ihrer Installation genötigt haben.
Wenn sich die Nutzer in den USA das gefallen lassen (müssen), dann bin ich dankbar, Europäer zu sein.
Noch eine Neuerung beim OOBE in 1909 (und evt. schon 1903?): Wird das OOBE mit Netzwerkverbindung durchgeführt, erscheinen noch einige Fragen zu Online-Funktionen/Datenschutz. Wenn das OOBE offline durchgeführt wird, erscheinen die Fragen nicht. Wenn nun das erste Mal eine Netzwerkverbindung besteht, wird der OOBE-Assistent eingeblendet, der die noch fehlenden Fragen zu Online-Funktionen/Datenschutz nachholt. Das Verhalten ist mir bisher nur bei Computern aufgefallen, die nicht mit einer Domäne verbunden sind.
Das Verhalten wurde von Paul Thurrott im verlinkten Artikel beschrieben. Ich habe es hier nicht thematisiert, weil es zum Thema Online-Konto nicht so ganz passte.
@Martin:
Das kann ich bestätigen. Startet der Assistent nach herstellen der Netzwerkverbindung, kann diesen aber mit „jetzt nicht“ abbrechen. Betanke ich meine Rechner per SCCM, kommt zwar das OOBE (mittlerweile auch nicht mehr, habe das per Registry automatisiert), jedoch ohne den Zwang zum Anmelden.
Magst du dazu mal die Reg-Schlüssel verraten?
Klar doch :)
reg add „HKEY_LOCAL_MACHINE\SOFTWARE\Microsoft\Windows\CurrentVersion\OOBE“ /v „PrivacyConsentStatus“ /t REG_DWORD /d 1 /f
reg add „HKEY_LOCAL_MACHINE\SOFTWARE\Microsoft\Windows\CurrentVersion\OOBE“ /v „SkipMachineOOBE“ /t REG_DWORD /d 1 /f
reg add „HKEY_LOCAL_MACHINE\SOFTWARE\Microsoft\Windows\CurrentVersion\OOBE“ /v „ProtectYourPC“ /t REG_DWORD /d 3 /f
reg add „HKEY_LOCAL_MACHINE\SOFTWARE\Microsoft\Windows\CurrentVersion\OOBE“ /v „SkipUserOOBE“ /t REG_DWORD /d 1 /f
Hallo!
Das ausgeblendete Offline Konto gibt es nicht nur bei den US-Usern.
Habe heute 2 Lenovo V540-24iwl aus der Kiste in Betrieb genommen.
Beide hatten Windows 10 home dt 18262.145 1903 vorinstalliert.
Die Auswahl des Offline Konto wurde bei der Inbetriebnahme nicht angeboten. Nur durch deaktivieren der Netzwerkverbindung (Anleitung von Deskmodder) wurde es wieder sichtbar und man konnte ein lokales Konto anlegen.
Habe gerade zu meinem heise-Artikel ähnliche Kommentare hier und hier bekommen.
Jup, gibts schon seit Ewigkeiten…
Its not a bug its a feature :-)
Da ich selber am Mittwoch einen Laptop frisch mit Win 10 Home – 1909 bespielt habe (neu erstellter USB Stick mit dem Media Creation Tool) – kann ich das nicht bestätigen.
Im laufe des Setups wurde die W-Lan Verbindung eingerichtet und beim Konto wurde zwar groß das Onlinekonto angefragt, aber unten in klein konnte man weiter ein Offline Konto einrichten, auch wenn das Setup noch 2x nachfragt ob es nicht doch ein Onlinekonto sein soll.
Hallo Chris,
habe dieses Erfahrung auch gemacht. Mit den selbst gemachten ISO’s ist meist das Offline-Konto sichtbar, aber auch nicht immer.
Mysterious?
Glaube es gibt das Verhalten ab Anfang Oktober. Zuvor ist es mir nie aufgefallen.
Ich habe bei heise einen Benutzerkommentar zu meinem Artikel bekommen, der besagt, dass es seit dem 20. September 2019 bei allen Windows 10-Versionen so sein soll. Nur konnte ich auf der vom Benutzer angegebenen Quelle keine Bestätigung finden.
Gibt es bei Windows 8.1 pro auch.
Netzwerk trennen ist nur eine Möglichkeit.
Wenn man sich bei der Mailadresse „vertippt“,
erscheint nach 1-2 Versuchen ebenfalls die Schaltfläche für
das lokale Konto.
Ich finde, Microsoft gehört dafür abgemahnt.
Ich habe noch nie ein Windows mit einer aktiven Netzwerkverbindung Installiert. Wenn ich das hier lese werde ich es wahrscheinlich auch in Zukunft nur Offline machen.
Interessant wäre es zu wissen welchen nutzen es für Microsoft hat wenn mehr Nutzer ein Microsoft Konto haben.
Microsoft forscht schon geraumer Zeit auf dem Gebiet ML.Net (MachineLearning) ;-)
ganz schön viel Lärm um nix neues.
Dass man bei Neueinrichtung win zur Erzielunmg eines lokalen accounts das Netzkabel temp. zieht (und/oder wlan aus), ist so neu, wie dass Wasser nass ist.
Watt ne Überraschung…
:-P
Ich finde viele Funktionen des Online-Kontos garnicht schlecht und nutze sie auch Geräte-übergreifend (was bis auf den Androiden und das iPad reicht): OneDrive, OneNote, Kalender, Kontakte und insbesondere die Familienfunktionen einschließlich der einschränkbaren Kinder-Accounts. Wenn die Kinder größer werden, kommt da sicherlich auch noch eine Verknüpfung mit den Schulaccounts dazu, auch dort geht der Trend hin zur Nutzung von MS-Accounts, wie ich mich kürzlich beim Besuch zweier im Umfeld befindlichen Gymnasiums am Tag der Offenen Tür überzeugen konnte, am Samstag schauen wir uns noch eins an*. Nicht zu vergessen die Verknüpfung meiner Windows-Linzenzen, damit die nicht verloren gehen. Ok, letzteres könnte man wie früher regeln, ich kann aber MS verstehen, dass sie sich vor Raubkopierern schützen wollen, schließlich ist Software deren Geschäft, anders hat man scheinbar gegen früher übliche Keygeneratoren keine Chance.
Was Daten angeht, Windows zwingt ja einen nicht, alles im OneDrive zu speichern, und man wird bei der Kontoeinrichtung auf dem PC ja trotz Online-Konto gefragt, ob man das möchte, oder nicht. Über meine Daten habe ich also weiterhin Kontrolle, sofern ich das Konzept verstanden habe.
* Übrigens, an diesen Schulen von Linux keine Spur.
hmmm…
Zitat:“* Übrigens, an diesen Schulen von Linux keine Spur.“
Das lässt dann aber wohl nur auf faule (bzw. schlechte) Administratoren schließen. ;-)
Nein, hab einen der Informatik-Lehrer gefragt, Antwort war, die Kinder sollen auf das vorbereitet werden, was sie später im Job-Alltag brauchen werden. Der Focus liegt auf Windows, Excel, Powerpoint, Java. Die ganzen Lehrpläne scheinen daran ausgerichtet zu sein.
Was MS damit bezweckt? Alle Leute in den MS Store zwingen – um darin Apps zu verkaufen.
Warum MS die DSGVO egal ist? Weil MS momentan so viel Gewinn macht wie nie zuvor.
Und Im Endeffekt interessiert es doch keinen. Die Leute kaufen und finden es toll für ein Office jeden Monat Geld zu bezahlen, anstatt es einmal zu kaufen.