Die einseitige Abhängigkeit von Software-Anbietern mit proprietärem Geschäftsmodell beeinträchtigt die digitale Souveränität der Verwaltung – das geht aus dem Abschlussbericht einer vom Bundesinnenministerium bei PwC (PricewaterhouseCoopers) in Auftrag gegebenen Marktanalyse hervor. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft empfiehlt deshalb den Einsatz von Open Source Software (OSS). Die OSB Alliance (Open Source Business Alliance e.V.) hat daher ein Positionspapier zum Einsatz von Open Source in der Verwaltung herausgegeben.
Google, Amazon, Facebook: Setzen auf Open Source
In Deutschland herrscht häufig ein kritischer Blick auf die Erfolge von Facebook, Google oder Amazon, wobei diese Kritik eigentlich dem Geschäftsmodell gilt. Was man nicht aus dem Blick lassen sollte: Alle diese Unternehmen setzen für ihre Geschäftsprozesse auf Open Source, da herrscht keine Microsoft Windows/Office-Monokultur und Abhängigkeit. Auch der Erfolg deutscher E-Commerce-Unternehmen wie etwa Zalando, Xing oder Immobilienscout24 ist eng mit dem Einsatz von Open Source Software verbunden. Denn Open-Source bildet die Grundlage für praktisch alles, was diese Unternehmen in ihren Rechenzentren nutzen.
Und dafür gibt es gute Gründe: Um innovationsfähig zu bleiben, müssen diese Unternehmen jederzeit Anpassungen an Code und Geschäftsmodellen vornehmen können. Um die angebotenen Dienste und gespeicherten Daten vor Angriffen zu schützen, müssen sie zudem in der Lage sein, ihre Software vollständig zu kontrollieren. Und sie dürfen ihre Geschäftsmodelle nicht von den Lizenzkosten Dritter abhängig machen, denn nur so können auch langfristig immer neue attraktive Dienste zu sehr günstigen Konditionen oder für die Nutzer sogar kostenlos anbieten.
Innovationsfähigkeit von Wirtschaft und Staat
Digitale Souveränität ist inzwischen zwar im Mainstream angekommen. Auch wird der Einsatz von Open Source Software inzwischen als wichtiges Instrument begriffen, sich aus der Abhängigkeit von marktbeherrschenden Software-Herstellern zu befreien und selbstbestimmt und transparent mit Daten umgehen zu können. Das vor kurzem veröffentlichte Urteil des Europäischen Gerichtshofs, nach dem das Privacy Shield-Abkommen der EU mit den USA für nichtig erklärt wurde, führt ein weiteres mal deutlich vor Augen, dass digitale Souveränität nicht ein Wunschtraum sein darf, sondern erforderlich ist, um die klaren Regeln der Datenschutzgrundverordnung auch einhalten und durchsetzen zu können.
Aber die starke Abhängigkeit von einigen großen Software-Anbietern gefährdet die digitale Souveränität der Verwaltung. Das geht auch aus dem Abschlussbericht einer vom Bundesinnenministerium bei PwC (PricewaterhouseCoopers) in Auftrag gegebenen Marktanalyse hervor. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft empfiehlt deshalb den Einsatz von Open Source Software (OSS).
Dennoch tut sich gerade der öffentliche Sektor zuweilen schwer, dieser Empfehlung zu folgen. Einerseits ergeben sich aus der teilweise jahrzehntelangen Bindung an Anbieter mit ihren geschlossenen IT-Systemen (Closed Source Software) starke Bindungseffekte, andererseits werden die verschiedenartigen und etwa vom Lizenzkauf häufig abweichenden Geschäftsmodelle der OSS Branche als Belastung empfunden oder gar falsch verstanden.
Damit die Vorteile von Open Source Software erkannt und für die eigene IT genutzt werden können, ist es erforderlich, die anderen Ansätze von Open Source Software zu verstehen und in Beschaffung und Betrieb zu integrieren. Der Open Source Weg bedeutet nicht nur Veränderungen für die Beschaffung selbst, sondern auch für die Umsetzung und den Betrieb von digitalen Lösungen in der öffentlichen Verwaltung.
OSB Alliance für Open Source in der Verwaltung
Die Open Source Business Alliance ist der Bundesverband für digitale Souveränität. Die OSB Allicance will dazu beitragen, dass das Potenzial von Open Source Software genutzt wird, um den Staat und seine Einrichtungen digital souveräner zu machen. Um Behörden und Institutionen der öffentlichen Verwaltung den Prozess der Umstellung auf Open Source Software zu erleichtern, hat die Open Source Business Alliance als Bundesverband für digitale Souveränität ein Positionspapier Nachhaltiger Open Source Einsatz für die digital souveräne Verwaltung veröffentlicht.
Mit dem Dokument versucht die Open Source Business Alliance, bestehende Vorurteile auszuräumen und erklärt die verschiedenen Geschäftsmodelle im Open Source Bereich. Es wird ein grundlegendes Verständnis vermittelt und es werden Hilfestellungen gegeben, wie Open Source Software im öffentlichen Beschaffungsprozessen diskriminierungsfrei Berücksichtigung finden kann. Nur so kann aus Sicht des Verbandes langfristig das immer bedeutender werdende Ziel einer digital souveränen Verwaltung realisiert werden.
Die OSB Alliance ist der Verband der Open Source Industrie in Deutschland. Dabei vertreten wir rund 170 Mitgliedsunternehmen, die in Deutschland ca. 10.000 Mitarbeiter beschäftigen und jährlich mehr als 1,7 Milliarden Euro erwirtschaften. Gemeinsam mit wissenschaftlichen Einrichtungen und Anwenderorganisationen setzt sich die OSB Alliance dafür ein, die zentrale Bedeutung von Open Source Software und offenen Standards für einen erfolgreichen digitalen Wandel im öffentlichen Bewusstsein nachhaltig zu verankern. Dieser digitale Wandel soll Unternehmen, Staat und Gesellschaft gleicherweise zugutekommen. Zudem sollen Innovationen im Bereich Open Source vorangetrieben werden. Unser Ziel ist es, Open Source als Standard in der öffentlichen Beschaffung und bei der Forschungs- und Wirtschaftsförderung zu etablieren. Denn Open Source und offene Standards sind zwingende Grundlagen für digitale Souveränität, Innovationsfähigkeit und Sicherheit im digitalen Wandel und damit die Antwort auf eine der größten Herausforderungen unserer Zeit.