TeamViewer: ‚Stille‘ Übernahme durch Private Equity–Fonds

Viele von euch kennen den TeamViewer – eine Remote-/Fernwartungs-Software. Ziemlich einfach zu handhaben und sehr funktional – dabei für Privatanwender sogar kostenlos nutzbar. Laut Unternehmensangaben nutzen mehr als 200 Millionen Anwender (viele Firmen sind dabei) diese Software für Webkonferenzen und Fernwartung. Hinter dem TeamViewer steckte bisher die deutsche GmbH gleichen Namens aus Göppingen (bei Stuttgart), die 2005 gegründet wurde. TeamViewer wurde aber bereits im Mai 2014 (laut Insidern, zum Kaufpreis von 1,1 Milliarden US $) von der Private Equity-Firma Permira übernommen, ohne dass das irgendwie publik wurde. Zeit, für ein einen zweiten Blick …

Die Information im Wall Street Journal (WSJ)

Das Wall Street Journal berichtete bereits am 3. Juli 2014 in einem Artikel über erfolgreiche Exits deutscher Unternehmen, wobei der Milliarden-Exit von TeamViewer als ein Beispiel genannt wird (aufgefallen ist der Artikel Sascha Ostermaier). Übernommen wird TeamViewer durch das britische Private Equity Unternehmen Permira. Hier gibt es (wohl am 6. Mai publiziert) eine Pressemitteilung von Permira zum Thema. Und Freshfield gibt hier bekannt, in den Deal beratend eingebunden zu sein. Auch bei Onvista.de findet sich dieser Teaser vom 10. Mai. Bei Teamviewer ist mir auf deren Webseite nichts dergleichen aufgefallen.

Im WSJ-Artikel erfährt man auch, dass die Netviewer AG vor etwas mehr als 3 Jahren durch die US-Firma Citrix übernommen wurde. Netviewer, 2001 in Karlsruhe gegründet, mischt bei Webkonferenz-Software ziemlich weit vorne mit. Auf der Netviewer-Webseite lässt sich aber nachlesen, dass das Unternehmen seit 2011 zu Citrix Online gehört. Der WSJ-Artikel beleuchtet den Vorgang nur aus Sicht erfolgreicher Exits. Auch die Wirtschaftsredaktion der FAZ, die das Ganze einen Tag später thematisiert, geht nur auf diesen Aspekt ein. Neu ist lediglich, dass die Transaktion „am Dienstag“ (wäre also am Microsoft Patchday) abgeschlossen werden soll. Bei mir löst das Ganze aber eine Kaskade an Fragen aus.

Zu viel Kohle, oder was steckt dahinter?

So weit die Fakten – nun zu den Spekulationen. Normalerweise liest man ja im Internet rauf und runter, wenn eine Übernahmen im Bereich größer 100 Millionen US $ stattgefunden hat. Das Thema ist aber nur „spärlich“ in einzelnen Insider-Journalen kurz gemeldet worden. Für mich lässt der oben genannte Kaufpreis aber darauf schließen, dass da jemand a) eine Menge Geld zum Verbrennen oder b) ein großes Interesse am Zugriff auf die TeamViewer GmbH und deren Kundenbasis hat. Zu Permira lässt sich auf deren Webseite folgendes nachlesen:

Die Investorenbasis der Permira Fonds besteht aus weltweit führenden privatwirtschaftlichen und öffentlichen Pensionsfonds, Versicherungsunternehmen, Staatsfonds und anderen institutionellen Investoren. Viele von ihnen haben bereits in mehrere Permira Fonds investiert. Das Unternehmen berät Fonds mit einem Gesamtvolumen von über 25 Mrd. €.

Klingt irgendwie nichtssagend, trotz der vielen Worte. Kann gut oder schlecht sein – ich vermag das nicht zu beurteilen! Zu Permira kann ich aber einige Fundstellen beisteuern. Ich habe einfach Google mal auf Verdacht mit den Stichwörtern „Permira Skandal“ befragt.

PERMIRA: britische Heuschrecken in Wahrheit raffgieriges Rattenpack? WSJ-Diskussion
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Ich kann dies nicht kommentieren oder besonders werten, da mir die Hintergrundinformationen fehlen. Zumindest scheint Permira kein Samariter-Verein zu sein, der auf karitativer Basis agiert. Die 200 Millionen TeamViewer-Nutzer mit einer Installationsbasis auf über 500 Millionen Computer ist auch kein Pappenstiel. Das weckte offenbar Begehrlichkeiten.

Könnte man alles wohlwollend zur Kenntnis nehmen, wenn die Übernahme irgendwo auf den Seiten der TeamViewer GmbH als Kurzhinweis und sonst in der Presse kommuniziert worden wäre. Wenn mir kein Recherche-Fehler unterlaufen ist, dümpelt die Geschichte erst sein einigen Stunden etwas breiter im Internet. In Zeiten von NSA-/GCHQS-Skandal „riecht“ so etwas gewaltig …

Das Vertrauen und die Blog-Kommentare

Denn eine Remote-Software steht und fällt mit dem Vertrauen, das ich einem Anbieter entgegen bringe. Und da bleibt nun für mich die Frage, warum diese Übernahme nicht durch die Teamviewer GmbH kommuniziert wurde? Schaue ich mir nämlich die Kommentare zu meinem kürzlich veröffentlichten Artikel Angetestet: AnyDesk Remote-Desktop (Beta) an, kann man schon ans Grübeln kommen. AnyDesk Remote-Desktop wurde von drei jungen, deutschen Unternehmensgründern (m.W. ehemalige Teamviewer-Entwickler) entwickelt und liegt momentan als Beta vor. Ich habe sie hier im Blog vorgestellt, um ggf. ein paar Leute auf die Software aufmerksam zu machen. Ich hätte jetzt erwartet, dass Blog-Leser sich die Software ggf. vornehmen und vielleicht an den Funktionen rumkritteln. Aber was bekomme als ersten Kommentar?

die Sicherheitsfrage bei dieser Software bleibt noch ungeklärt.

Verschlüsslungstechnik und -stärke
Wo werden die Verbindungen gehostet (DNS)
Wie garantiert der Anbieter Vertrauenswürdigkeit, TeamViewer GmbH macht das über die Zertifikate?

Das Pikante an diesem Kommentar: Zu diesem Zeitpunkt war der TeamViewer-Deal längst beschlossen – und der Poster schreibt da von Vertrauenswürdigkeit des Anbieters. Nochmals im Klartext: Neuer Eigentümer der TeamViewer GmbH ist ein Private Equity-Anbieter, der irgendwo viel Kohle und möglicherweise eigene Interessen hat. Wo diese Kohle her kommt – und ob der britische Geheimdienst GCHQ eventuell seine Finger im Spiel hat, vermag ich nicht zu beurteilen.

Aber eines ist sicher – auch wenn ich nicht unbedingt Alu-Hut-Träger bin: Diese Übernahme, samt der Begleitumstände, lassen momentan bei mir die Alarmglocken schrillen. Mit einer Fernwartungssoftware (Remote-Software) öffnest Du schließlich alle Türen in deine Systeme. Nicht, dass ich das persönlich nutze – aber gerade in Firmen ist TeamViewer für Fernwartung und Remote-Desktop-Zugriffe sehr populär. Und wer da die Finger drin hat, dem stehen quasi (im doppeldeutigen Sinne des Wortes) „alle Türen offen“. Vielleicht liege ich jetzt mächtig daneben – ich habe hier nur mein persönliches Bauchgefühl wiedergeben, welches mir signalisiert „obacht“. Wenn ich die Kommentare bei Caschys Blog zu deren Artikel und bei heise.de überfliege, bin ich nicht alleine. Update: Interessant ist auch dieser Kommentar, der meinen obigen Artikel irgendwie wiederspiegelt. Oder wie seht ihr das? Nutzt ihr TeamViewer bisher und werdet ihr den weiter verwenden? Bin jedenfalls gespannt, wie das weiter geht.

Ergänzung: Neues aus dem Jahr 2019

Inzwischen gibt es neue Erkenntnisse. Wir schreiben das Jahr 2019 und es wurde bekannt, dass es in 2016 einen Cyberangriff auf die TeamViewer GmbH gab, der aber nie öffentlich kommuniziert wurde (siehe Cyber-Angriff auf TeamViewer, Chinesen im Verdacht).

Zudem plant der Investor einen Börsengang für die Firma TeamViewer, wobei der Wert des Unternehmens auf 4 bis 5 Milliarden geschätzt wird. Das Investment hätte sich also gelohnt.

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9 Antworten zu TeamViewer: ‚Stille‘ Übernahme durch Private Equity–Fonds

  1. Tim sagt:

    Moin…

    Schöne Gedankengänge von Dir Günter…
    Das Verträge geheimgehalten werden sollen, ist doch auch normal geworden… Darf ich noch mal an TISA erinnern?

    Allerdings ist dieses Problem ja bei jeglicher Software gegeben, gerade weils mit den ganzen AddOns und Apps überhaupt nicht mehr übersichtlich und klar ist, wem nun was gehört und was der damit macht, oder wann es doch verkauft und für Nutzer negativ verändert und per automatischem Update ausgeliefert wird.

    So rutschte ja vor kurzem auch schon ein bekannter AD Blocker in die Kritik, weils im Hintergrund dann doch irgendwie Geld abwerfen sollte…
    Bei Teamviewer könnte man nun böse munkeln, das auch Geheimdienste gut zahlen können… Was anderes wie die Daten kann ja hier nicht interessant sein. Entweder die Personendaten, oder die Daten die über die Server laufen…

    Lavabit hat freiwillig aufgegeben, bei Truecrypt kann und wird ähnliches vermutet und ein Dienst wie Teamviewer, der auch EU Datensicherheit garantierte, ist sicher auch nicht uninteressant, kann aber nicht so einfach verschwinden wie die anderen.
    Nun kauft es sich ein globales Unternehmen … Das ist fast billigster Agentenfilmstoff… Nach welchem Recht arbeitet man bei Teamviewer zukünftig, oder schon aktuell?

    Vor einer Zeit wär ich damit noch Verschwörungstheoretiker gewesen, heute erscheint dagegen alles möglich und gut vorstellbar.

    Na für mich jedenfalls gilt:
    Mit dem Verkauf an eine reine Kapitalvermehrungsmaschinerie auf Teufel komm raus fällt Teamviewer für mich damit aus.

    Gibt ja Alternativen die vermutlich am Ende auch nicht sicherer sind, aber wenigstens unterstützt man so nicht zusätzlich den reinen Kapitalmarkt.

    Soviel zum Thema Software „Made in Germany“…

  2. Tim sagt:

    >>>Nun kauft es sich ein globales Unternehmen

    Um das noch mal zu vertiefen…

    Hätten hier Google, oder Microsoft und Co zugeschlagen, hätte ich mich nicht mal groß gewundert… aber Permira?

  3. Robo sagt:

    Das ist Krieg – Manipulierte Geräte – Spione – Angezapfte Unterseekabel – und jetzt werden mit den Millarden der Gehimdienste alle relevanten Firmane aufgekauft.
    Mal sehen was passiert wenn unsere Regierung oder unser fleißiger Oberrichter ( hoffentlich kennt er inzwischen den Unterschied zwischen NSA und NASA) endlich mal unsere Grundrechte und nicht nur ihre Wirtschaft Interessen schützen.
    Jeder hört mitllerweile beim anderen Land ab und danach tauschen sie die Daten aus.
    Und dass wird uns als rechtens verkauft. Kann ich mir nun auch eine Drohne kaufen und ohne Urteil SIM Karten straffrei im Ausland töten- Dass macht unser Land aktuell. Und nun will auch die BRD eigene Drohnen, die dann straffrei von einem Amerikaner gelenkt werden. IRRE!!! Gegen Demonstranten sind die Lenker auf jedenfal schon mal gut gerüstet und motiviert – siehe Stuttgart 21.

  4. Günter Born sagt:

    Nachtrag: Infos von Teamviewer

    Zur Vervollständigung gebe ich euch mal diesen Link an. Bei Caschy hat „Inga“ aus dem Teamviewer-Team wohl einen Kommentar gepostet. Muss man so stehen lassen (und glauben, dass die Info aus der Teamviewer-Belegschaft kommt) – aber ob man das bzgl. „Sicherheit und an deutsche Gesetze halten“ alles glauben muss? Sascha Ostermaier hat in diesem Nachfolge-Artikel genau das auf den Punkt gebracht, was mich auch umtreibt. Es hätte sich eine offene Kommunikation gehört, um Vertrauen zu erhalten bzw. zu schaffen.

    Und noch etwas – was mir sofort ins Auge gesprungen ist – ist der von „Inga Teamviewer“ im Kommentar enthaltene Satz Permira hat dieselben Werte wie auch wir. Ich mag nichts unterstellen – aber Permira ist ein Private Equity-Fonds, der auf Rendite aus ist. Die im obigen Artikel verlinkten Web-Fundstellen lassen Permira nicht wie die Heilsarme aussehen. Sprache kann verräterrisch sein – aber ich formuliere es mal im Konjunktiv. Wenn die in den verlinkten Beiträgen berichteten Sachverhalte stimmen und sich mit meinem Bauchgefühl decken sollten, interpretiere ich den Hinweis, dass bei der TeamViewer GmbH die gleichen Werte gehegt werden, als absolut schlechtes Omen. Aber ich mag da ganz daneben liegen.

  5. Ralf Sippel sagt:

    Ergänzung:
    Wie demnächst die Medien die Tage berichten werden, hat Teamviewer einen neuen GF. Neuer GF ist nun der Ex-Swisscom-Manager Andreas König.

    https://www.teamviewer.com/de/company/index.aspx#imprint

  6. ralf sagt:

    ergaenzung

    FAZ (04.03.2020):
    „Der Finanzinvestor macht wenige Monate nach dem Teamviewer-Börsengang weiter Kasse. Permira verkauft Aktien für rund 700 Millionen Euro… Der Anteil Permiras am Softwareunternehmen aus Göppingen sinkt damit um elf Prozentpunkte auf 51,5 Prozent… Der Finanzinvestor hatte das Unternehmen 2014 für 870 Millionen Euro gekauft.“

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