Leider hat Apple die Funktionalität des iPad in den bisherigen iOS-Versionen stark beschnitten. Nicht nur, dass die Bluetooth-Funktionalität stark zu wünschen übrig lässt, selbst so einfache Sachen wie File Transfer (FTP) in beide Richtungen sind mit Bordmitteln nicht machbar. Der Beitrag skizziert, wie sich eine entsprechende Lösung zum Nulltarif nachrüsten lässt.
Der Hintergrund
Eigentlich ist es zum Mäusemelken, wenn ich Daten zwischen PC und iPad austauschen möchte, ohne auf das in meinen Augen unselige iTunes angewiesen zu sein, sind extreme Klimmzüge erforderlich (siehe Artikel unter [1]).
Was ich besonders bedaure: Apple hat die Bluetooth-Funktionalität des iPad extrem beschnitten, so dass ein PAN mit einem PC über diese Technik nicht möglich ist (Lösungen per Jailbreak möchte ich hier mal ausklammern).
Zwar können Benutzer ein Konto bei Dropbox einrichten und dann die kostenlose DropBox-App auf dem iPad installieren und so ihre Dateien über das Internet synchronisieren. Aber irgendwie kann das nicht der “Stein der Weisen” sein. So läuft bei mir eine FRITZ!Box 7170, über den die WLAN-Funktionalität bereitsteht. An der USB-Schnittstelle der FRITZ!Box hängt an einem USB-Hub auch ein USB-Memory-Stick (eine USB-Festplatte ist auch möglich, wird von mir aber selten genutzt, da ich dann eine Variante mit separater Stromversorgung verwenden muss). Die FRITZ!Box stellt den Speicher z. B. über eine FTP-Freigabe im Netzwerk zur Verfügung. Bei anderen AVM-WLAN-Routern ist dies ähnlich.
Diese Lösung ist für mich recht komfortabel, brauche ich doch keine PCs laufen zu lassen, wenn ich mit meinem Netbook im Wohnbereich werkele. Zudem ist der Ansatz aus Energiespargründen von Vorteil. Es reicht, eine FTP-Verbindung unter Windows zur FRITZ!Box herzustellen, um Dateien auf der FTP-Freigabe zu speichern oder zu holen. Was beim Netbook mit Windows 7-Bordmitteln machbar ist, erwies sich beim iPad als “on-the-fly” nicht durchführbar.
Das Einzige, was ich beim iPad mit Bordmitteln geschafft habe, war der lesende FTP-Zugriff auf den FTP-Server. Hierzu ist die FTP-Adresse der FRITZ!Box (bzw. des FTP-Servers) in der Art ftp://192.168.178.1 im Adressfeld des Safari-Browsers einzugeben. Dann lässt sich zur FTP-Freigabe navigieren.
Tipp: Bilder speichern Sie, indem Sie diese im Browser anzeigen lassen, dann den Finger eine zeitlang auf das Bild legen und anschließend im angezeigten Menü den Befehl Bild speichern zum Speichern wählen. Die Grafikdatei wird dann im Ordner der Fotos-App abgelegt. Bei anderen Dokumentdateien wie Word-Dateien, PDF-Dokumenten etc. tippen Sie dagegen auf den Dokumentbereich. Dann wird eine Zusatzleiste eingeblendet und Sie können eine Schaltfläche oder Menüschaltfläche zum Speichern des Dokuments in einer passenden App wählen [4]. Nicht sonderlich komfortabel, aber es geht. Nur ist der umgekehrte Weg des FTP-Uploads nicht möglich.
Eine FTP-Lösung wird gebraucht
Also war schnell klar, dass eine erweiterte FTP-Lösung auf dem iPad her musste. Im Safari-Browser hatte ich ja bereits herausgefunden, dass da kein vollständiger FTP-Client implementiert ist. Eine Kurzrecherche förderte auch zu Tage, dass es auf absehbare Zeit keine Alternativbrowser unter iOS geben wird. Alle Browser, die in den iStore von Apple wollen, müssen auf den in iOS integrierten WebKit-Bibliotheken aufsetzen und dürfen auch kein JavaScript unterstützen.
Eine Suche nach dem Begriff “FTP” brachte zwar eine Reihe kostenpflichtiger Apps im iStore zum Vorschein. Da ich aber momentan austeste, wie weit man ohne kostenpflichtige Apps kommt, schied diese Option aus (zudem verkneife ich mir aus Sicherheitsgründen, Kreditkartendaten im Apple-Store anzugeben – zumal nicht absehbar ist, wie lange das iPad hier wohl überleben wird).
Nach längerer Recherche bin ich mehr oder weniger per Zufall auf eine kostenlose App gestoßen, die auch eine FTP-Funktion im Beipack mitbringt: Es handelt sich um die App SuperFiles Lite, die unter [2] beschrieben ist.
FTP mit SuperFiles
Wird SuperFiles aufgerufen, lässt sich im hier gezeigten App-Fenster auf die vorhandenen Dokumente zugreifen.
Tippt der Benutzer auf ein Dokumentsymbol, wird der Dokumentinhalt ggf. direkt in SuperFiles angezeigt (z. B. Fotos oder PDF-Dateien). Eine Dokumentdatei ist auch auszuwählen, falls sie auf den FTP-Server hochgeladen werden soll.
Über das Symbol des Fotoapparats in der rechten oberen Ecke des App-Fensters erhält man Zugriff auf den Foto-Ordner der App Fotos. Das hier rot umrahmte Symbol einer Wolke ermöglicht den Zugriff auf Daten “in the cloud”. Die App zeigt dann das nachfolgende Fenster mit den unterstützten Diensten.
Bild 2: Liste der Netzwerk-Dienste der App
Neben dem Zugriff auf iDisk, Dropbox oder Google Docs wird auch der FTP-Transfer unterstützt. Ist ein FTP-Server konfiguriert, reicht das Antippen des FTP-Symbols in der App-Seite FTP Accounts zur Verbindungsaufnahme. War eine Dokumentdatei vor dem Aufruf markiert, ist ein FTP-Upload möglich. Ohne Dokumentauswahl können Dokumente vom FTP-Server heruntergeladen werden.
FTP-Server konfigurieren
Voraussetzung zum Zugriff auf FTP-Server ist, dass diese in SuperFiles konfiguriert wurden. Hierzu tippen Sie im Fenster Netzwerk (Bild 2) auf das Symbol am rechten Rand der Zeile FTP.
Bild 3: Liste der FTP-Konten
In der App-Seite FTP Accounts (Bild 3) können Sie bis zu acht FTP-Server konfigurieren. Es reicht, auf den Eintrag zu klicken, um das Formular zum Eingeben des FTP-Server-Namens und der Zugangsdaten zu öffnen.
Zum Zugriff auf den FTP-Server einer FRITZ!Box müssen Sie die IP-Adresse dieser Box kennen (meist 192.168.178.1). Anmeldedaten für den Benutzer sind dabei nicht unbedingt erforderlich. Tragen Sie die Zugangsdaten des FTP-Servers in der Konfigurationsseite ein. Anschließend können Sie die App-Seite über die Schaltfläche Zurück der Titelleiste verlassen.
FTP-Transfer
Die weiteren Schritte hängen davon ab, was gewünscht wird. Haben Sie in der App-Seite Netzwerk auf das Symbol FTP geklickt, zeigt die App den Inhalt des FTP-Server an. Durch Antippen der Ordnersymbole oder des blauen Kreises am Listenanfang können Sie zwischen Ordnern des FTP-Servers navigieren.
Bild 4: Inhalt des FTP-Servers
Tippen Sie in der Titelleiste auf die rechte Schaltfläche, öffnet sich ein Menü mit den im Kontext unterstützten Befehlen. Die Funktion Gewählte Datei herunterladen lässt sich immer anwählen, wenn eine Datei auf dem FTP-Server gewählt war. Der Befehl Hier hochladen wird nur dann erscheinen, wenn Sie vor dem Aufruf der FTP-Funktion eine Dokumentdatei gewählt hatten (Bild 1).
Bild 5: Menü mit Befehlen zum Zugriff auf den FTP-Server
Weiterhin können Sie über einen Befehl neue Ordner auf dem FTP-Server anlegen (sofern der Server dies zulässt).
Tipp: Wer keinen WLAN-Router mit FTP-Server besitzt, kann natürlich FTP-Server im Web sowie auf dem PC zur Datensicherung verwenden. Vorteil dieses Ansatzes ist, dass die Daten in der “eigenen Hand” bleiben. Auf einem Windows-Rechner kann zum Beispiel CloneZilla FTP-Server für diesen Zweck eingesetzt werden.
Auf diese Weise kann ich zwischenzeitlich Bilder bzw. Fotos zwischen meinem FTP-Server der FRITZ!Box und dem iPad austausche, ohne gleich das gesamte Netzwerk hochzufahren. Zum “Umsortieren” der Dateien zwischen unterschiedlichen Apps muss ich allerdings auf die in der Artikelreihe unter [3] besprochenen Anwendungen zurückgreifen (hier schlägt das beschnittene Dateikonzept von iOS entsprechend unbarmherzig zu – noch ein Grund, warum das iPad in meiner Gunst nicht besonders hoch steht).
Links:
1: Dateizugriffe für iPad-Anwendungen
2: SuperFiles Lite
3: Dateizugriffe für iPad-Anwendungen
4: So kommt das iPad-Handbuch in iBooks