Es ist einfach nicht tot zu kriegen, Microsofts Windows XP läuft noch auf vielen, vielen Rechnern. Aber am 8. April 2014 ist definitiv Schluss, dann ist „End of Live“ erreicht. Unter dem Motto „genauer hingeschaut“ möchte ich in diesem Artikel Facts von Fictions trennen und einige Handlungsanweisungen geben.
Die Faktenlage in Schnellüberblick
Herausgekommen ist Windows XP am 25. Oktober 2001 – und entwickelte sich trotz erster Kritik rasch zum Mega-Erfolg. Ursprünglich war von Microsoft vorgesehen, dass die Unterstützung für Windows XP 2011 enden sollte – Microsoft hat die Galgenfrist für Windows XP dann auf 2014 verlängert. Fakt ist, dass Microsoft am 8. April 2014 den Support für Windows XP einstellt, sprich: Zu diesem Zeitpunkt wird es die letzten Sicherheitsupdates geben – Verlängerung ausgeschlossen. Fakt ist aber auch, dass noch Millionen von Desktop-Systemen mit Windows XP unterwegs sind (siehe folgende Links). Der Marktanteil für Januar 2014 für Windows XP wird von der Webseite Netmarketshare.com mit 29,3 % angegeben.
(Quelle: Netmarketshare.com)
Nimmt man 1,5 Milliarden Desktop-Systeme an, läuft Windows XP noch auf 439 Millionen Rechnern – eine Menge Holz. Darunter sind Privatrechner, aber auch viele Millionen Systeme in Firmen und in Behörden. Hier einige Fundstellen im Web zu diesem Thema, wobei die ersten zwei Links aber zu relativieren sind, kommt dort doch das modulare Windows XP Embedded zum Einsatz (dessen Support bis 2016 weiter läuft).
- 95 Prozent aller Geldautomaten laufen mit Windows XP
- 95% der Geldautomaten laufen mit Windows XP
- Schleswig-Holstein: Noch tausende Verwaltungsrechner mit Windows XP
- Windows XP noch auf Dreiviertel der Rechner im Bundestag
- Support-Ende für Windows XP: Microsoft gibt Tipps zum Umstieg
Fragen über Fragen – und ein paar Antworten
Nach den Fakten vielleicht ein paar Fragen und die Antworten darauf – zumindest, soweit sie mir bekannt sind.
Funktioniert Windows XP nach dem 8. April 2014 noch?
Hier gibt es eine klar Antwort „Ja“! Microsoft hat keinen Mechanismus eingebaut, dass sich Windows XP nach Ablauf der End of Live-Spanne deaktiviert. Ab dem 8. März 2014 erscheint lediglich einmal monatlich der im Artikel Windows XP-Supportende: Warnung ab 8. März beschriebene Hinweis auf das Supportende.
Kann ich Windows XP nach dem 8. April neu installieren/aktivieren?
So mancher Benutzer wird auch nach dem 8. April 2014 zu einer Neuinstallation gezwungen sein. Sofern man die notwendigen Installationsmedien hat, kann das Betriebssystem natürlich auch in Zukunft installiert werden. Allerdings stellt sich mancher Anwender die bange Frage: Kann ich dann auch noch aktivieren, oder blockiert Microsoft dies? Auch hier eine klare Aussage: Windows XP lässt sich auch nach dem 8. April 2014 aktivieren (wie auch alle anderen, bisher im Support ausgelaufenen Microsoft Betriebssysteme).
Wird eine Neuinstallation noch Updates beziehen können?
Installiert man Windows XP samt den Service Packs 1, 2 und 3, wird dieses System nicht auf dem neusten Patch-Level sein – seit der Freigabe des SP3 erschienene Updates sind ja noch unberücksichtigt. Auch hier ist die Antwort eindeutig: Das betreffende Windows XP-System wird, sofern eine Internetverbindung besteht, alle Updates, die bis zum 8. April 2014 durch Microsoft bereitgestellt wurden, auch in Zukunft beziehen und installieren können.
Was wird mit dem sogenannten Windows XP-Mode?
Der Windows XP-Mode ist letztendlich ein Windows XP SP3 Professional, welches von Microsoft für Windows 7 Professional und Ultimate/Enterprise bereitgestellt wird und in einer virtuellen Maschine läuft. Microsoft wird den Windows XP-Mode auch nach dem 8. April 2014 bereitstellen, bietet aber keinen Support mehr und weist auf die reduzierte Sicherheit dieser Lösung hin.
Augen zu und durch – ich nutze Windows XP einfach weiter?
Es mag Benutzer geben, die sich um das Supportende nicht scheren und das Betriebssystem weiter einsetzen. Auch in Firmen gibt es diese Haltung – laut diesem Artikel 37 Prozent der Firmen nutzen Windows XP nach Support-Ende weiter von Anfang Februar 2014 sogar eine ganze Menge.
Nun ja, es mag durchaus Gründe geben, warum man (noch) nicht umsteigen kann. Einigen Nutzern fehlt schlicht das Geld zum Umstieg, andere haben das Problem, dass Hard- oder Software nur mit Windows XP funktionieren. Eine pauschale Empfehlung, einfach weiter mit Windows XP zu arbeiten, kann man nicht geben. Und eine gute Strategie ist das eher nicht – sondern möglicherweise fahrlässig bis dämlich. Es gibt aber Differenzierungen.
Wann kann ich weitgehend bedenkenlos weiter Windows XP nutzen?
Falls Sie einen Rechner mit Windows XP betreiben, der aber nicht mit dem Internet und möglichst nicht mit einem Netzwerk verbunden ist, und auf dem keine Software neu installiert wird, können Sie diesen bedenkenlos weiter laufen lassen. Kassensysteme oder spezielle Rechner in Prüfmaschinen können als Beispiel herhalten. Aber auch in meiner Familie gibt es noch Windows XP-Rechner, die bei den Eltern und Schwiegereltern stehen. Diese werden Internet-los betrieben und es wird auch keine neue Software mehr installiert.
Bin ich ab dem 8. April 2014 als Windows XP-Nutzer extrem gefährdet?
Falls der Rechner mit Windows XP über den April 2014 hinaus betrieben werden soll/muss und an einem Netzwerk oder sogar am Internet hängt, stellt sich natürlich die Frage, wie es mit der Sicherheit ausschaut. So genau lässt sich diese Frage leider nicht beantworten.
Man kann erst einmal annehmen, dass es schon einige Zeit dauert, bis genügend Sicherheitslücken bekannt werden, die sich ausnutzen lassen. Den kostenlosen Virenscanner Microsoft Security Essentials wird Microsoft nach dem 8. April 2014 auch nicht mehr für Windows XP anbieten. Microsoft hat aber angekündigt, bis Juli 2015 noch Signaturdateien für Malware bereitzustellen. Das Malware-Removal Tool wird daher weiter funktionieren. Auch Hersteller von Virenscannern wie Avira etc. stellen wohl ihre Virenscanner noch ca. ein Jahr über das Supportende von Windows XP für diese Plattform bereit. Und den Google Chrome Browser soll es ebenfalls bis April 2015 geben (d. h. man kann auf den Internet Explorer verzichten und so Sicherheitslücken entschärfen). Für den Firefox-Browser hat Mozilla bisher auch noch keinerlei Pläne, den Support für XP-Nutzer zu beenden.
Aus diesem Blickwinkel könnte man also erst einmal beruhigt mit Windows XP weiter arbeiten – und viele werden dies auch wohl tun. Die große Unbekannte ist aber die Frage, wie viele nicht öffentlich bekannte Windows XP-Sicherheitslücken bei Kriminellen gehortet werden und wie viel Malware auf den Tag X am 8. April 2014 wartet und dann losgelassen wird. Hier muss man die Sicherheitsmeldungen rund um diesen Termin beobachten. Möglicherweise kommt es zu großen Angriffen – aber vielleicht verläuft auch alles wie das „Jahr-2000-Problem“, wo kaum Rechner durch den Wechsel von 1999 auf 2000 beeinträchtigt wurden. Wer aber sicher gehen will, sollte die Internetverbindung kappen und zu installierende Software durch Virenscanner prüfen lassen. Übrigens: Der britische Geheimdienst GCHQ empfiehlt Regierungsangestellten, die zuhause noch mit Windows XP arbeiten, von dort nicht auf Firmennetzwerke zuzugreifen.
Gibt es wirklich keine Möglichkeit, Updates zu bekommen?
Für die breite Öffentlichkeit wird es nach heutiger Sichtweise keine Updates mehr geben. Das End of Live war lange genug angekündigt und jeder konnte sich auf die Situation einstellen. Microsoft bietet aber offenbar Großunternehmen, die noch mehrere tausend Windows XP-Systeme im Einsatz haben, die Möglichkeit, Sicherheitsupdates gegen (richtig viel) Bares erstellen zu lassen. Mary Foley hat dies in diesem Artikel angedeutet.
„After April 8, 2014, Windows XP users will no longer receive new security updates, non-security hotfixes, free or paid assisted support options, or online technical content updates from Microsoft. Third parties may provide ongoing support, but it’s important to recognize that support will not address fixes and security patches in the core Windows kernel. If an organization continues to use Windows XP and purchases Custom Support, they will receive critical security updates as new threats are discovered, along with technical support through their Premier contract.“
Das scheinen wohl einige Großkunden nutzen zu wollen. Hier ein paar Meldungen zu diesem Thema.
- Microsoft’s ‚custom‘ Windows XP patches: Not a panacea
- Regierung von Großbritannien will Support von Windows XP verlängern lassen
- Windows XP: Sicherheitspatches nach April 2014 in Handarbeit
Ist ReactOS als Windows XP-Nachbau eine Alternative?
Insider kennen das Projekt ReactOS, ein Open Source-Betriebssystem, welches auf der Windows NT-Architektur basiert und die Kompatibilität von Windows XP anstrebt. Auch wenn heise.de hier berichtet, dass die Entwickler die Version 0.3.16 vorgelegt haben, ist ReactOS in meinen Augen keine Alternative. Das Projekt läuft jetzt seit vielen Jahren ohne nennenswerte Fortschritte. Von einer funktional gleichwertigen Plattform kann man nicht sprechen (ich habe es mal gelegentlich angetestet) und den Sicherheitsaufwand, den Microsoft zum Erstellen von Patches getrieben hat, kann das Projekt erst Recht nicht leisten.
Ich wechsele zu Apple oder Googles Android, dann ist Ruhe?
Gelegentlich höre ich „dann wechsele ich zum Mac, da habe ich weniger Probleme“. In diesem Zusammenhang verweise ich auf meinen aktuellen Artikel Support-Ende für Snow Leopard, 20% der Macs angreifbar? zum Supportende von OS X Snow Leopard. Apple unterstützt offiziell nur die aktuelle OS X-Version für Macs und deren Vorgänger. Und mein gerade 3 Jahre altes iPad 1 bekommt seit längerem auch keine Updates mehr. So viel zum Thema „bei Apple ist alles rund“.
Bei Android ist es noch schlimmer: Da liefern viele Hersteller überhaupt keine Updates für Geräte und Google strebt zukünftig an, Support für eine Android-Version für mindestens 18 Monate nach dem Erscheinen zu gewährleisten. Aktuell ist dies aber noch nicht gegeben. Zudem sind Android und auch iOS oder OS X nicht mit Windows-Anwendungen kompatibel. Unter dem Strich kommt man daher „vom Regen in die Traufe“.
Soll ich auf Ubuntu oder andere Linux-Systeme umsteigen?
In diesem Artikel wird von den Plänen Chinas berichtet, nach dem Supportende von Windows XP auf Ubuntu umzusteigen. Ubuntu oder viele andere Linux-Distributionen sind kostenlos. Pferdefuß Nummer 1 ist, dass man halt schon einiges an Kenntnissen braucht, um Linux-Systeme problemlos aufsetzen, betreiben und warten zu können. Vieles ist zwar einfacher geworden – aber in der Praxis hakt es doch an vielen Stellen. Da will ein Drucker nicht, Peripheriegeräte wie Scanner machen Ärger und so fort. Oft fehlt auch die Kenntnis, wie etwas geht – während bei Windows viele Kenntnisse (oft auch im Bekanntenkreis) vorliegen, ist dies bei Linux meist deutlich dünner.
Problem Nummer 2 ist, dass Windows-Programme nicht unter Linux laufen (Lösungen wie WINE nehme ich hier einmal aus, da diese mehr schlecht als recht funktionieren). Man muss also immer Linux-Pendants der benötigten Programme suchen. Ich experimentiere seit 1993 (damals irgend eine Linux Version 0.x) und habe auch zu Linux Bücher verfasst. Am Ende des Tages stand bisher aber immer die nüchterne Erkenntnis, dass viele Anwender mit Linux nicht klar kommen und an Software oder anderem scheitern. Dass Linux es gerade mal auf 1 Prozent der Desktop-Systeme geschafft hat, während auf über 90 % der Desktop-Systeme Windows-Versionen laufen, spricht auch eine deutliche Sprache. Und der Long-Term-Support der Ubuntu LTS-Varianten geht auch nur über 4 Jahre – auch da heißt es ggf. „vom Regen in die Traufe“. Wer sich fit fühlt, kann es mit einer Linux-Distribution versuchen (oder die in Teil 2 erwähnten Ansätze in Angriff nehmen).
Soll ich den Windows XP-Rechner auf ein neues Windows upgraden?
Diese Option ist auf jeden Fall zu prüfen. Microsoft hat ja für Windows 8 ein günstiges Upgrade-Angebot (29,90 Euro) gemacht und Windows 7 ist als Lizenz für um die 50 bis 70 Euro zu haben. Vor einem Upgrade sollte man aber abklären, ob die Hardware für einen Wechsel geeignet ist. Windows 8/8.1 benötigen z.B. bestimmte CPU-Eigenschaften – und für alle neuen Windows-Versionen müssen geeignete Treiber für die Hardware vorhanden sein. Notfalls beim Rechnerhersteller recherchieren, ob es Treiber gibt.
Selbst keine Ahnung, was soll ich tun?
Falls eine Aufrüstung des Rechners von Windows XP auf ein neueres Windows geplant ist, empfehle ich, sich Sachverstand beim Computerhändler um die Ecke einzuholen. Dieser kann beurteilen, ob eine Aufrüstung möglich und sinnvoll ist und wird ggf. ein Angebot für das Upgrade machen.
Die andere, meist einfachste Lösung: Einfach einen der aktuell im Handel angebotenen Rechner zu beschaffen und diesen mit der betreffenden Windows-Version zu nutzen. Microsoft propagiert zwar Rechner mit Windows 8.1 für Neuanschaffungen. Aber es werden nach wie vor Windows 7-Maschinen angeboten.
Windows 8/8.1-Rechner holen, auf Windows 7 umrüsten?
Was man tunlichst nicht, oder mit Sachverstand, machen sollte: Ein Windows 8.1-Rechner kaufen und dann auf Windows 7 downgraden. Wer das unbedingt anstrebt, sollte zuerst klären, ob Treiber (speziell auch Chipsatztreiber) für Windows 7 für die Maschine bereitstehen. Andernfalls kann das Ansinnen zum Desaster führen.
Gibt immer wieder Benutzer, die mir erzählen „habe seit Jahren immer wieder beliebige Windows-Versionen auf meinen Rechnern installiert, nie Probleme gehabt“. Das mag stimmen – aber die in aktuellen Maschinen verbauten Hauptplatinen sind zwischenzeitlich extrem kompakt. Viele Multifunktionsbausteine werden softwaremäßig über ACPI-Funktionen angesteuert. Die Verbindung mit den ACPI-Funktionen (bzw. Einsprungtabellen in der ACPI-Tabelle) erfolgt in Windows über sogenannte Chipsatztreiber. Sind diese nicht kompatibel oder veraltet, können nicht alle ACPI-Funktionen korrekt angesprochen werden. Dann sind möglicherweise Freezes, Fehlfunktionen und Abstürze die Folge. Und auf Notebooks kommen oft auch modifizierte Grafiktreiber zum Einsatz, die beim Downgrade Ärger machen können.
Persönlich würde ich eher Windows 8.1 belassen, auf das Update 2014 warten und zusätzlich die kostenlose Classic Shell als Startmenü-Erweiterung installieren. Dann lässt sich sehr ähnlich wie unter Windows 7 mit Windows 8.1 arbeiten.
In weiteren Artikeln werde ich für Firmen und Privatpersonen, die Windows XP noch einsetzen müssen, Exit-Strategien skizzieren. Mit ein paar Kniffen lässt sich da einiges drehen, so dass alte Anwendungen weiter mit Windows XP laufen, man aber nicht Russisch Roulette in Punkto Sicherheit spielen muss. Die Artikel werden aber erst in den kommenden Tagen in unregelmäßiger Folge erscheinen – die Ideen habe ich im Hinterkopf, muss aber einiges ausprobieren und zusammen schreiben.
Artikelreihe:
i: Windows XP-Supportende–und nun?
ii: Windows XP-Exit-Strategie – Virtualisierung in Windows – Teil 1
iii: Windows XP-Exit-Strategie – Virtualisierung unter Linux – Teil 2
iv: Windows XP-Exit-Strategie – Windows XP anpassen – Teil 3
Ähnliche Artikel:
a1: Dell bietet Service zur Windows XP-Migration
a2: Windows XP: Sicherheitslücken und Zero-Day-Exploit
a3: Windows XP: Keine Updates für Security Essentials mehr
a4: StartUbuntu-Iniative auf das Supportende von Windows XP
a5: Wochenrückblick und der Abschied von Windows XP (Presseschau meines Interviews)
a6: Microsoft bereitet Partner auf das Ende von Windows XP vor
a7: 2014: Supportende für Windows XP/Office 2003
a8: Windows 7 Nachrichtensplitter
a9: HP bringt Windows 7 zurück ….
a10: Windows XP-Supportende: Warnung ab 8. März
Nachtrag: Ergänzende Artikel
Ergänzend zum Artikel in obiger Linkliste laufen laut diesem Artikel im Bundestag noch mehr als 5.000 Rechner mit Windows XP.
Die Zeitschrift c’t hat zum Lebensende von Windows XP einige Artikel herausgebracht – eine Grobübersicht findet sich hier.
Zusammen mit der Community Feierabend.de habe ich hier einen Ratgeber zum Supportende von Windows XP veröffentlicht.
Zweiter Nachtrag: Aktuell gibt es bei heise.de den Artikel Windows XP: Bundesregierung sorgt sich um Sicherheit von Geldautomaten. Dort wird eine kleine Anfrage der Linken an die Bundesregierung zum Thema gemacht. In der Antwort der Bundesregierung, die sich auf das BSI stützt, geht es aber ziemlich quer Beet. Ich bin mir da noch nicht sicher, was ich von halten soll (die Stimmungslage geht von „wat’n Bullshit“ bis „müsste man mal detaillierter betrachten“). Update: Es gibt zwischenzeitlich weitere Artikel zum Thema im Blog – beachtet meine nachfolgenden Kommentarnachträge.
Weitere Blog-Artikel zum Windows XP-Supportende
Windows XP-Supportende: Warnung ab 8. März
Hier noch ein wenig Statistik – rund um Zahlen – wie groß ist denn noch der Marktanteil.
Windows XP: 1 Monat vor Supportende bei 30 % Marktanteil
Windows XP: Noch 1 Monat bis Supportende & Infosplitter
Momentan schießen ja auch die Artikel „Geldautomaten mit Windows XP“ wie die Pilze (siehe auch obige Bemerkung zur Anfrage an die Bundesregierung). Ich habe etwas recherchiert und glatt einen Artikel gefunden, der etwas belastbar ist.
Hacker greifen Windows XP-Geldautomaten an
Der obige Artikel behandelt Szenarien, die auf die USA bezogen sind. Man kann das natürlich auch auf den europäischen Raum herunterbrechen. Aber man muss dann schon postulieren, dass die Kriminellen physikalischen Zugriff auf die Rechner des Geldautomaten erhalten. Diese sind aber meist in separaten Räumen, außerhalb des öffentlichen Bereichs, aufgebaut. Und zum Thema „Angriff aus dem Internet“: Es handelt sich in Deutschland bei Geldautomaten um „geschlossene Systeme“, die nicht am Internet hängen. Von der Sparkassen-Informatik weiß ich zudem, dass man zusätzlich eine Supportverlängerung um 2 Jahre bei Microsoft gebucht hat und in der Zeit auf Windows 7 Embedded umstellt. Eine akute Gefährdung bzw. Änderungen der Gefährdungslage kann ich daher nach meinen bisherigen Recherchen dort nicht erkennen.
Verlängerung des Supports ist möglich – wird auch genutzt, von unseren Behörden, auf Kosten der Steuerzahler (Berlin hängt besonders kräftig hinterher).
Niedersachen geht mit Windows XP in die Verlängerung …
Und hier noch eine „Zuckerl“ für die Nutzer, deren Windows XP-Rechner eine so alte CPU hat, dass kein Windows 8/8.1 oder ein modernes Linux drauf läuft:
Windows XP-Wechsler aufgepasst: Unbuntu 12.04.4 ohne PAE
Eine gute Einschätzung samt Übersicht über Alternativen gibt es hier vom BSI.
Presse-Spiegel
Im Umfeld des Supportendes von Windows XP gab es Telefoninterviews verschiedener Redaktionen, wo ich nach Einschätzungen zu bestimmten Wechselalternativen gefragt wurde. Hier ein kleiner Presse-Spiegel der daraus resultierenden Artikel, soweit mir diese bekannt sind.
Artikel in den Stuttgarter Nachrichten: Zu Lösung 4 in Verbindung mit „gelegentlich im Internet surfen und Windows XP behalten“ ist so nicht korrekt wiedergegeben. Die Aussage war: Wer nur gelegentlich im Internet unterwegs ist keine datenempfindlichen Dinge wie z.B. Online-Banking tut, kann [möglicherweise] noch [ein paar Monate] Windows XP nutzen. Die Unbekannte ist die Frage, ob nach dem letzten Patchday am 8.4.2014 sofort kritische Sicherheitslücken bekannt werden, die dann auch ausgenutzt werden.
Aus dem gleichen Telefoninterview ist dann offenbar noch dieser Artikel Windows XP: Nutzer sollten bald auf Nachfolger umsteigen entstanden, der dann Zitate von mir offenbar in anderer Wichtung wiedergibt.
Aktuell sind Anfang April wohl zwei Meldungen mit Zitaten von mir über DPA gelaufen, die sich in diversen Presseartikeln niedergeschlagen haben.
Beim Süddeutsche Ticker gibt es einen Abriss zum Wechsel, dessen Inhalt auf den in dieser Artikelreihe getroffenen Aussagen mit einigen Zitaten von mir. Trifft die Sachlage ganz gut.
Der gleiche DPA-Text ist nun auch bei Arcor (in abgewandelter Form hier und hier) zu finden.
Artikel in Focus Online
Artikel in MSN
Artikel bei NTV
Artikel in rp-online.de Teil 2
Artikel in nwzonline.de
Schon interessant, was sich aus ein paar Zitaten im Pressespiegel so ergibt ;-)
Persönlicher Kommentar – in Richtung Linux-Fans
Persönlich stehe ich Linux an sich recht neutral gegenüber – unter Android werkelt ein Linux-Kernel, TomTom-Navis setzen auf Linux auf und hier laufen einige Linux-Testinstallationen (Ubuntu, Mint), ein DSL steckt auf einem USB-Stick, eine SuSE Linux 10-Distribution steht noch im Schrank – neben dem „Kofler“. Ein Eee PC 701G lässt sich mit Mint (vom USB-Stick) oder mit Android-x86 booten (Xandros habe ich runter geworfen, FluxFlux, Kubuntu etc. sind mir nie so richtig eingängig geworden). Und in einigen virtuellen Maschinen stecken Ubuntu & Co. So ein ganz kleines bisschen bilde ich mir ein, zu wissen, wie Linux (oder so manche Distribution) „schmeckt“.
Ich habe in dieser Artikelreihe Möglichkeiten zum Wechsel von Windows XP aufgezeigt und es gab Presseanfragen zu meiner Einschätzung zum Thema. Als nüchterner Zeitgenosse schaue ich mir an, was für den typischen Windows XP-Anwender, der den Umstieg bis zum 8. April 2014 (trotz jahrelanger Warnung) immer noch nicht geschafft hat, wohl die kollateralschädenfreieste Variante sein kann. Dazu gehört auch, über den Schüsselrand zu schauen und eine Meinung zu bilden. Betriebssysteme wie ChromeOS oder Linux, die in den Desktop-Statistiken im 1 % Bereich rangieren, empfinde ich nicht als Alternative für Leute, die oft nicht einmal wissen, welche Windows-Version auf dem System läuft (egal, was ich persönlich aus technischer Sicht von diesen Betriebssystemen halte).
Verblüfft bin ich daher über die Reaktionen aus dem Linux-Fan-Bereich. Jetzt gäbe es die Möglichkeit, Umsteiger an die Hand zu nehmen und einen sauberen Migrationspfad vorzugeben. „Hemdsärmel hochkrempeln und zeigen, dass es besser geht“, wäre jetzt die Losung des Tages gewesen. Hätten die zig Blogs, Magazine, Linux Groups und was weiß ich alles seit Jahren oder zumindest Monaten aktiv tun können. Ad-Hoc wäre mir nur das hier erwähnte Sonderheft von heise.de im Fokus (aber vielleicht habe ich nicht genug recherchiert, dann leiste ich bezüglich des letzten Satzes Abbitte).
Statt dessen erlebe ich in Kommentaren zu den jeweiligen Artikeln nur „Autor hat keine Ahnung“, „Frechheit, Linux als Exoten zu bezeichnen“ usw. und so fort – gelesen hat den, auf meinen Interview-Antworten basierenden, Original-Artikel des Redakteurs (geschweige denn diese Artikelreihe hier im Blog) kaum jemand von den Protagonisten (gilt speziell für einige Kommentare in in diesem Google+ Thread).
Ok, ist unfaire Dialektik, das sind Einzelstimmen (Stichprobenumfang zu klein), fällt aber in die Erfahrungswelt, die ich in so gut 15 Jahren in Punkto Linux und Kommentare gesammelt habe. Und dann passt es, dass sich der Linux Fan-Bereich an anderer Stelle schon mal fragt, warum man den Desktop noch nicht erobert hat.
1993 fand ich es extrem spannend, unter UMSDOS zu testen, was ein junger Finne mit Vornamen Linus da gebastelt hatte. Die Alternative wäre für mich seinerzeit gewesen, den Quellcode für 386BSD von Bill und Lynne Jolitz aus dem Dr. Dobbs Journal of Softwaretools abzutippen und zu compilieren. Nebenbei bemerkt: Ein Teil von BSD steckt als OS X in jedem Mac (aber mit einer sauberen Benutzeroberfläche von Apple, wo die den Daumen drauf haben).
Seit dem sind viele Linux-Distributionen und -Version erschienen und wieder verschwunden, vieles ist besser, anderes verschlimmbessert worden. Es gab so um den Millenium-Wechsel (mit dem damaligen Technik-Vorstand von SuSE) heiße Diskussionen über den Gartenzaun zu Linux, zur Distributionspolitik und auch zu Fragen, wie man Linux für Endanwender schmackhafter aufbereiten könne – hat sich erledigt, SuSE ging an Novell, der Nachbar ist weg und jetzt bei Intel – Linus Benedict Torvalds hat’s in der Zeit nicht geschafft, hier auf einer eigens von den Nachbarn für ihn angeschafften Luftmatratze zu nächtigen – und Linux erobert immer noch den Desktop, dieses Jahr, mit dem Ende von Windows XP wird’s wohl klappen – spätestens wenn man die Heartbleed-Lücke in OpenSSL gepatcht hat …
… Mist, jetzt bin ich aus dem Traum aufgewacht und habe mich umgeschaut. Als echte Alternative zu Windows sehe ich es „für Otto-Normalanwender“ leider immer noch nicht. Wer sich aber beide Welten eröffnen will, findet in Teil 2 meiner Artikelreihe eine mögliche Lösung.
Aber eine Replik kann ich mir dann doch noch nicht verkneifen – keine Ahnung, ob ich so alt werde, dass ich noch erlebe, dass Linux trotz oder wegen solcher Protagonisten noch den Desktop erobert ;-). tl;dr
Im Artikel steht: „Windows XP lässt sich auch nach dem 8. April 2014 aktivieren (wie auch alle anderen, bisher im Support ausgelaufenen Microsoft Betriebssysteme).“
Das ist leider so nicht ganz richtig: Windows 2000 z.B. ist zwar aktivierungsfrei, aber der sog. Terminal Lizenz Server (für Mehrplatz-Betrieb mit z.B. ThinClients) muss nach Neu-Installation auch wieder aktiviert werden – doch MS verweigert unserem Kolleg das mit dem Hinweis, Aktivierung sei Support und der sei eingestellt.
Leider ist bei unserem Sachaufwandsträger niemand bereit, juristisch dagegen vorzugehen – stattdessen soll nun (aus Steuermitteln) neue Software gekauft werden.