Airbus kickt Microsoft Office raus, wechselt zu Google G Suite

Windows UpdateEinfach mal wechseln! Die IT von Airbus-Industries stellt die Office-Arbeitsplätze für ihre 130.000 Angestellten um. Microsoft Office fliegt aus und die Google G Suite kommt in das Unternehmen.

Ist schon verdammt lang her, dass ich in dem Laden beschäftigt war. In Erinnerung blieb mir, dass da schon mal schnell gewechselt wurde. Während meines kurzen Gastspiels als blutjunger Ingenieur habe ich nicht nur ‘Ärgerbusse’ (so der interne Spruch für den Airbus A300) kennen gelernt, sondern hatte auch in 1,5 Jahren drei verschiedene Firmenschilder auf meinem Werksausweis. Von daher hat die aktuelle Meldung sofort meine Aufmerksamkeit geweckt. Und es schwingen immer ‘Erinnerungen’ aus dieser Zeit mit, wenn es um Airbus geht.

Airbus schickt Microsoft Office in Rente

Von Ex-Kollegen habe ich mitbekommen, dass dort Microsoft Office im Einsatz war. Und es war ein riesiger Akt, wenn dort eine neue Version ausgerollt wurde – 130.000 Mitarbeiter über viele Standorte mit der Software zu versorgen, ist ein Kraftakt.

In diesem Artikel hatte The Register über die Ablösung von Microsoft Office bei AI berichtet. Airbus Industries (AI) wird seine gesamte Belegschaft auf Googles Tools für Produktivität und Zusammenarbeit umstellen. Eine „Entscheidung, die unser Unternehmen prägen wird“, bestätigte Tom Enders, CEO von Airbus, in einem Memo an die Belegschaft. Mit diesem Schritt will sich das Unternehmen auf die nächste Phase der „digitalen Transformation“ vorbereiten.

„Wir brauchen eine Technologie, die unsere neuen Arbeitsweisen aktiv unterstützt, moderne digitale Werkzeuge, die es uns ermöglichen, voll und ganz zusammenzuarbeiten, in unserem vielfältigen Team, über Grenzen und Zeitzonen hinweg zu arbeiten – um wirklich eins zu sein”, so Enders.

Vor diesem Hintergrund hat sich „Airbus [laut Enders] entschieden, mit dem Wechsel von der Microsoft Office-Umgebung zur Google Suite einen wichtigen Schritt in Richtung Transformation zu tun. Die Entscheidung für die G Suite ist eine strategische Entscheidung, ein klarer Bruch mit der Vergangenheit und die Gewährleistung der Geschäftskontinuität. Lassen Sie uns gemeinsam diesen Weg zu einem wirklich kollaborativen Unternehmen beschreiten“, schreibt Enders an die Airbus-Mitarbeiter.

Interview mit dem CIO

The Register hat nun ein Interview über die Ablösung von Microsoft Office bei Airbus-Industries mit dem Chief Information Officer (CIO) Luc Hennekens bei Airbus Industries geführt. Im Interview erläutert diese die Gründe für den Wechsel.

‘Wir müssen den Mitarbeitern in den verschiedenen Ländern und Teilen der Organisation helfen, die Werkzeuge effektiver miteinander zu verknüpfen’, sagt Hennekens. Anscheinend geht es darum, Datensilos oder „künstlichen Barrieren“ abzubauen. „Alles, was wir tun, hängt davon ab, dass Menschen und Menschen zusammenarbeiten. Wir haben unglaublich komplexe Produkte, die eine sehr enge Zusammenarbeit von Menschen mit sehr unterschiedlichen Hintergründen und Spezialgebieten erfordern, und genau das versuchen wir hier zu tun’, so der Airbus CIO.

„Die Kosten waren kein Argument für diesen Wechsel. Auf keinen Fall. Wären die Kosten der Grund gewesen, wäre Tom [Enders, CEO] nicht daran interessiert gewesen.“ Der Treiber für den Umstieg, sagte er, sei „bessere Zusammenarbeit und höhere Agilität statt kurzfristiger Kosteneinsparungen“.

Insider von Airbus behaupteten, das Geschäft bei Airbus Industries stehe unter Druck. Einerseits sind die Auftragsbücher für den großen A380 nicht wie erwartet gefüllt (es drohen Entlassungen). Und auf der anderen Seite gibt es Druck, weil Boeing, in den USA die Schlacht um Subventionen wohl gewonnen hat (siehe).

Der A380 ist allerdings in Thema, welches mir immer wieder die Fußnägel hochrollt. Ich gestehe, es ist kein leichtes Unterfangen, eine solche Entwicklung über 2 Jahrzehnte anzuschieben. Aber die Jungs konnten bei der in Dienststellung der A 380 ‘vor Kraft’ kaum laufen. Ich war seinerzeit über das Thema Umweltschutz und Ausbau des Flughafens Frankfurt involviert. Dort wiesen wir so um das Jahr 2001 bereits darauf hin, dass die Prämissen der Luftverkehrsmanager auf ziemlich heißer Luft basierten und die A380 ein Flop werden dürfte. Hat nicht interessiert und in Frankfurt wurde Bannwald für eine A380-Halle der Lufthansa gefällt, um heute in großen Teilen als Parkplatz genutzt zu werden. Erst zum Jahreswechsel 2017/2018 kommt der A380-Katzenjammer auf – konnte ja keine ahnen, wie schlimm das mit den ausbleibenden Bestellungen werden würde. Aber das ist eine andere Baustelle Zwinkerndes Smiley.

Luc Hennekens von Airbus Industries sagte, dass das Unternehmen alle Optionen, einschließlich der Office 365 Suite von Microsoft, evaluiert habe. Interessanterweise war Hennekens zuvor CIO bei Qantas und kam erst Monate nachdem Airbus Office 365 ausgerollt hatte, in das Unternehmen.

Hennekens sagte im Interview, dass die Entscheidung, zu Google zu wechseln, in keinem Zusammenhang mit seiner bisherigen Erfahrung stand – „Es gibt keinen Link“. Der CIO behauptete, dass Googles G-Suite für die Zusammenarbeit „von Grund auf neu entwickelt“ wurde und dass die traditionellen (bisher benutzten) Tools von Airbus auf Microsoft-Lösungen und E-Mail basierten.

„Wir wollen, dass die Menschen ihre Arbeitsweise grundlegend überdenken und sich von alten Arbeitsweisen, wie dem Versenden von Millionen von E-Mails, lösen“, sagt Hennekens. „Es ist viel einfacher, das mit einem Werkzeug zu erreichen, das von seiner Konzeption her radikal mit den bisherigen Arbeitsweisen und Konzepten bricht, anstatt mit einem Werkzeug (Office 365) zu arbeiten. Das ist ein Schritt nach vorne, aber dennoch in vielerlei Hinsicht ähnlich dem ist, was wir in der Vergangenheit benutzt haben. Wir möchten die Organisation dazu zwingen, den Wandel zu vollziehen und eine echte Transformation voranzutreiben und nicht nur ein Tool-Upgrade durchzuführen.“

Airbus wird Informationen rund um „Teams, Themen und Programme“ organisieren und „die Menschen zu den Informationen führen, die sie für ihre Arbeit benötigen… fast das Gegenteil von einer Umgebung, die auf E-Mails basiert, in der man alles erhält, was andere für möglich halten“.

Die Migration wird 18 Monate dauern, aber Airbus hat die Details des Zeitplans nicht veröffentlicht. Alle Mitarbeiter werden auf die G Suite umgestellt, darunter 40.000 Arbeiter, die noch nie „digital aktiviert“ wurden, sagte der CIO. „Wir werden eine beträchtliche Anzahl von Menschen im Unternehmen engagieren, um aktiv an diesem Wandel teilzuhaben und uns dabei zu helfen, ihn so zu gestalten, dass er für den jeweiligen Zweck geeignet ist, denn ein Konstrukteur, ein Werkstattmitarbeiter oder ein Buchhalter haben ganz andere Bedürfnisse.”

Google im Aufwind?

Das ist natürlich eine total spannende Geschichte und für Microsoft eher ein Schlag ins Wasser. Für Google machen die Geschäfte mit der G Suite inzwischen finanziell durchaus Sinn. In einer Telefonkonferenz anlässlich Alphabets letztem Finanzergebnis (Q4 2018) sagte Google CEO Sundar Pichai, dass die G Suite ein Geschäft mit einem Umsatz von 1 Mrd. Dollar pro Quartal sei. Gleichzeitig wies er auf „größere Deals“ mit „strategischeren Kunden“ hin, die das Unternehmen eingegangen ist.

PS: An einer Diskussion ‘Open Source wäre besser gewesen’ und ein US-Unternehmen wird gegen das nächste ausgetauscht, will ich mich hier nicht beteiligen. Für mich ist das Erstaunliche an der ganzen Geschichte: Ich höre immer ‘es gibt keine Alternative zu Microsoft Office 365’ – und dann stellt ein Unternehmen der europäischen Luftfahrt einfach mal so auf die Google G Suite um, und kann auch noch begründen, warum das geschieht. Eine irre Welt, diese IT Zwinkerndes Smiley.

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10 Antworten zu Airbus kickt Microsoft Office raus, wechselt zu Google G Suite

  1. Bei einem großen Unternehmen macht das ja auch durchaus Sinn von Altbewerten zu etwas neuerem Cloud basiertem zu wechseln, nachteilig finde ich nur Google als Datenkrake, wobei Microsoft da ja versucht Nach zu Eifern.

    Man muss sich halt überlegen welchem dienst man seine Daten anvertraut, wir testen gerade auch OwnCloud auf einem Eigenen Server was durchaus Sinn mach und vieles vereinfacht.

  2. Dekre sagt:

    Die Strukturen um und in Airbus sind nicht einfach zu durchschauen. Jedenfalls ist dort schon seit Jahrzehnten der Wirtschafts-Krieg zwischen den USA und Europa aktiv. Das ganze Ende ist noch nicht auszumachen. Fest steht – der Wirtschaftskrieg mit allen Drum und Dran besteht schon längt. Man muss sich das abschminken, dass es besser wird. Was macht Boeing? Den Rest zum Militär erspare ich mir, kann jeder nachlesen. Airbus ist nicht mehr Airbus. Es lebt nur marginal noch. Mit Austritt von GB ist es schon dramatisch genug geworden.

  3. Andreas K. sagt:

    Ob die Daten jetzt via Microsoft oder Google in die „falschen Hände“ gerät, ist sicher zweitrangig.
    Mich würden mal die Prozesse interessieren, wird ab dann per Chat kommuniziert, oder einem Mischmasch?

  4. Andreas sagt:

    Mich würde ja mal interessieren, wie glücklich sie jetzt mit der Lösung sind. Ist ja nun schon eine Weile her.

    • Insider sagt:

      Das ist durchaus zweischneidig. Die Airbus Führung und die IT-abteilung scheint zumidest sehr zufrieden zu sein. Jeden falls wird das intern so kommuniziert. Bei den Mitarbeitern ist das zum grossen Teil ganz anders. Alles ist anders. Alles dauert länger. Was früher mit mit einem, vielleich mit zwei Mausklicks zu erledigen war, braucht heute zwischen 4 und 10 davon. Fast alles läuft nur noch auf Chromebrowser, natürlich über Internet, und verschlingt Unmengen an Arbeitsspeicher. Demnächst werden Excel, Word und Powerpoint vom PC entfernt. Dann muss man alles erst in die Cloud laden, um es öffnen zu können. Über Jahre hinweg gesammelte E-Mails, mit wertvollen Information, sind nahezu unbrauchbar, können nur noch als Anhang versendet werden.

  5. Max sagt:

    Ich gehe davon aus, dass sich für Airbus der Wechsel ausgezahlt hat, ansonsten hätte man schon etwas anderes gehört. Google Workspace (zuvor G Suite) wächst auch stätig und neue Features kommen am laufenden Band.

  6. Anonymous sagt:

    Bin seit nem Jahr jetzt auch dabei. Es regt sich wirklich jeder darüber auf, Mails sind tatsächlich weniger geworden aber nicht weil die Nutzer jetzt Google Chat nutzen, sondern Cisco Jabber, was immer noch parallel läuft…

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