In Kanada wurde ein junger Mann wegen ‘Computermissbrauch’ angeklagt, weil er von einem Server einer Behörde 7.000 öffentlich zugängliche Dokumente heruntergeladen hat. Und in den USA muss ein e-Waste-Aktivist in Haft, weil er versucht, Recovery-Datenträger für Windows einzuführen. Dieser Fall ist aber etwas obskur.
Computermissbrauch a la Kanada
Der erste Fall spielt in Kanada. Ein 19-jährigen Kanadier hat vom Informationsfreiheitsportal der Provinz Neuschottland insgesamt 7.000 öffentlich zugängliche Dokumente heruntergeladen. Sein ‘Verbrechen’: Er benutzte ein Script, welches die Dokumente herunterlädt und dazu in der URL einen laufenden Index der Art url/document0001.pdf verwendet. Unter dem 7.000 Dokumenten waren offenbar auch einige Dokumente, die auf diesem Server nichts zu suchen hatten.
Es handelt sich um gut 250 Dokumente von Bürgern, die nach dem Informationsfreiheitsgesetz von Kanada Informationen über sich selbst angefordert hatten. Ein klare Fail der handelnden Behörde. Die Dokumente waren auch nicht durch ein Kennwort verschlüsselt.
Was folgte, waren eine Hausdurchsuchung samt Beschlagnahme der elektronischen Geräte der Familie – das volle Programm der (kanadischen) Sherifs. Jetzt muss sich der junge Mann wegen nicht autorisierter Nutzung eines Computersystems verantworten. Es drohen bis zu 10 Jahre Haft. Die kanadische Site CBC hat hier die Geschichte thematisiert – bei heise.de ist eine deutschsprachige Fassung nachlesbar.
US-Urteil: 15 Monate Knast für Windows Recovery-Disks
Und es gibt noch ein Urteil eines Richters in Florida, gehen de e-waste-Aktivisten Eric Lundgren, der diesem 15 Monate Haft wegen “Fälschungen” (counterfeights) aufbrummte. Das Vergehen: Lundgren hatte in China DVDs mit Windows Recovery-Datenträgern erstanden und wollte die in den USA für 25 Cents an Computer-Shops abgeben. Damit sollte das Zurücksetzen eines lizenzierten Windows-Systems ermöglicht – und den Leuten der Kauf einer neuen Betriebssystemlizenz erspart werden.
2012 beschlagnahmte der Zoll aber eine Ladung dieser DVDs, angeblich als gefälschte Kopien von Windows, bei der Einfuhr in die USA. Lundgreen wollte die DVDs ja an Einzelhändler verkaufen. In einer unheiligen Allianz setzten US-Staatsanwälte, unterstützt von Microsoft-Experten, eine Schadenssumme von etwa $ 8,3 Millionen US $ fest. Der ‘Schaden’ berechnete sich aus dem Einzelhandelspreis von Windows multipliziert mit der Anzahl der beschlagnahmten Discs.
Im Grunde hat Lundgren aber nur folgendes gemacht: Er verwendete eine ISO-Abbilddatei von Windows 7, die man sich immer noch von Microsoft gratis und ganz legal herunterladen kann. Diese ließ er in China als DVD pressen und wollte die in die USA einführen. Das wurde ihm aber zum Verhängnis, weil das US-Recht solche Kapriolen zulässt. Man darf sich selbst eine ISO-Installationsdatei herunterladen, auf DVD brennen und zur Neuinstallation von Windows 7 verwenden. Diese Kopie lässt sich nur aktivieren, wenn der Nutzer einen gültigen Schlüssel besitzt.
Zahlreiche US-Seiten wie Techcrunch berichteten über diesen Fall, der wohl einige Wellen geschlagen hat. Dies speziell auch, weil Microsoft wohl ‘Amtshilfe’ leistete. Lundgrens eigentliches Verbrechen, zu dem er sich schuldig bekennt, ist die Fälschung der Verpackung, damit die Discs für Dell-Markenprodukte geeignet erscheinen.
Inzwischen hat Microsoft einen eigenen Blog-Post zu diesem Fall veröffentlicht. Demnach schreibt man, dass Microsoft den Fall nicht vor Gericht gebracht habe, das sei durch den Zoll passiert. Im Blog-Beitrag erfährt man dann aber, dass Lundgren darauf aus war, Geld mit den eingeführten DVDs zu verdienen und er habe auch geplant, die DVDs als ‘offizielle Windows 7 Kopien’ in den USA zu verkaufen. Ist alles etwas nebulös und ein Geschmäckle haftet dem Ganzen an. Ich weiß nicht, ob ein solches Urteil in der EU Bestand haben könnte.
Wäre nun natürlich interessant, das rechtlich zu spiegeln, falls es TTIP als Handelsvertrag geschafft hätte. Momentan denken EU-Politiker ja schon mal wieder über TTIP-light nach.
Die Kritik an Microsoft wegen der Recovery-Datenträger und der Argumentation in obigem Urteil mit Gefängnisstrafe reißt wohl nicht ab, sondern verstärkt sich. Microsoft hat sich da wohl wieder einen Bärendienst erwiesen. Details bei heise.de