Windows 10: CB, CBB, SAC-T – Babylon im Microsoft-Kosmos

Heute noch eine Quiz-Frage an die Leute im Firmenumfeld, die Windows 10-Systeme administrieren. Blickt ihr noch bei den Bezeichnungen, die Microsoft für die Windows 10 for Business-Zweige verwendet durch? Ist klar, was unter SAC-T zu verstehen ist?

Ich gestehe, das Geschwurbel von Microsoft geht mir in dieser Richtung ziemlich am Allerwertesten vorbei. Nur wenn mir in einem Blog-Beitrag mal was unsauber durcheinander gerät, gibt’s von wissenden Blog-Leser/innen eins kommentarmäßig auf die Mütze. Vor ein paar Tagen bin ich durch Woody Leonhard erneut auf das Thema aufmerksam geworden. Und habe versucht, mich mal wieder durchzuwühlen.

Worum geht es?

Microsoft hat in Firmenumgebungen ja für Windows 10 for Buiness ein besonderes Servicing Modell kreiert. Das Ganze wurde 2015 als Current Branch (CB) und Current Branch for Business (CBB) ins Leben gerufen.

  • Current Branch (CB) bedeutet, dass die Leute die Funktionsupdates (früher Feature-Updates genannt) sofort nach Freigabe durch Microsoft auf die Maschinen gespült bekommen. Verzögert wird dies nur von Microsoft, wenn bestimmte Maschinen als nicht kompatibel angesehen werden.
  • Current Branch for Business (CBB) gibt den Administratoren in Firmenumgebungen die Möglichkeit, die Funktionsupdates zu verzögern. Erst wenn Microsoft erklärte, dass eine Windows 10 Build reif für den CBB war, wurde diese an die betreffenden Maschinen per Windows Update ausgerollt.

Lässt sich noch alles halbwegs verstehen, auch wenn es Privatanwender nicht tangiert (die sind immer so was wie CB). Irgendwann ist Microsoft aufgefallen, dass man die Update-Zyklen für Windows 10 und Office 365 koordinieren müsste. Ende März 2018 hat John Wilcox von Microsoft den Artikel Moving from project to process: digital transformation with Windows as a service veröffentlicht. Dieser Artikel versucht die Basis für einige Änderungen im Prozess, wie Microsoft Windows 10 Funktionsupdates in Unternehmen ausrollen möchte, aufzubereiten. Microsoft versucht den Wechsel von einer projektbasierenden zu einer prozessbasierenden Vorgehensweise bei Funktionsupdates.

Es wird der Fall eines Kunden geschildert, der den alten projektbasierten Ansatz verwendete. Dieser Kunde setzte noch immer Windows 10, Version 1511 (Build 10586) ein, obwohl er sich dem Ende des Supports im vergangenen Oktober näherte. Das lag nicht daran, dass sie irgendwelche bekannten Gründe oder Blocker hatten, die sie daran hinderten, auf Windows 10, Version 1703 oder 1709 umzusteigen; tatsächlich hatten sie noch nicht einmal mit ihrer Evaluierung oder Planung begonnen. Vielmehr stützten sie sich auf einen traditionellen Ansatz für projektbasierte Softwareimplementierungen, wobei sie ein Team bildeten, das Projekt definierten (Einsatz von Windows 10, Version 1511) und einen Zeitplan und Abschlusskriterien aufbauten. Wenn ein Projekt abgeschlossen ist, wird ein neues Projekt für das nächste Update gestartet.

Windows as a service: Servicing Framework
(Quelle: Microsoft)

Um die Wartung von Windows und Office gemeinsam zu vereinfachen, hat Microsoft ein gemeinsames Service-Framework auf der Basis von Daten und Diagnose geschaffen. Dieses Framework gibt Unternehmenskunden die Prozesse und Tools an die Hand, die benötigt werden, um die Firmenumgebung mit Windows 10 flexibler zu verwalten.

Kernkomponente dieses Frameworks ist Windows Analytics. Dieses nutzt Diagnosedaten, um ein detailliertes Bild über die Geräte in der Umgebung des Unternehmens zu liefern. Durch die Anzeige der Upgrade-Bereitschaft erhalten Unternehmenskunden Einblicke und Empfehlungen für Qualitäts- und Feature-Updates von Windows 10. Die Update-Compliance bietet einen Überblick über die Konformität von Windows Update und Windows Defender Antivirus für Windows 10-Geräte. Device Health bietet proaktive Einblicke, um Probleme zu erkennen und zu beheben, die sich auf den Endbenutzer auswirken. Also eine schöne, neue Unternehmenswelt für Windows 10.

Und Tschüss SAC-T

Ende Mai 2018 hat Wilcox dann den Blog-Beitrag Windows 10 and the “disappearing” SAC-T bei Microsoft nachgeschoben. Dort gab es zuerst einmal einen Offenbarungseid des Microsoft Mannes – hier die Übersetzung:

Als Microsoft Windows 10 im Juli 2015 zum ersten Mal veröffentlichtet, versuchten wir, mit Current Branch/Current Branch for Business den Prozess zu erklären, mit dem die Funktionsupdates von Windows 19 ausgerollt werden. Als Teil eines funktionsübergreifenden Teams von Autoren, die viele, viele Stunden der Erstellung der ersten Dokumentation gewidmet haben, waren wir mit dem fertigen Produkt sehr zufrieden und stolz. Aus softwaretechnischer Sicht wurde genau erklärt, wie wir unsere Filialstruktur verwalten, um die verschiedenen Windows 10-SKUs und Service-Kadenz-Optionen effektiv zu aktivieren und zu unterstützen. Aber das war ein völliger Fehlschlag.

Sprich: Alles, was in CB/CBB von Microsoft erzählt wurde, hat nicht wirklich funktioniert. Office 365 ProPlus und der blöde Kunde wurden dann als Problembär dargestellt.

Unsere Kunden und das Windows-Ökosystem interpretierten CBB zu Recht als ein einzigartiges „Release“ getrennt von CB und nicht als unsere Absicht, rechtzeitig eine Aussage über das bestehende Release zu treffen. Das Ergebnis waren verständlicherweise Verhaltensweisen wie: „Wir warten darauf, dass die CBB-Version getestet wird“, und für ISVs: „Wir werden sie unterstützen, sobald die CBB veröffentlicht wird“.

Mit anderen Worten: Bevor eine Windows 10 Build von Microsoft nicht als CBB deklariert wurde, haben sich Softwareanbieter und Kunden nicht bewegt, was verständlich ist. Mit Windows 10, Version 1709, wurde dann der Begriff Semi-Annual Channel (SAC) für die jeweiligen Windows 10 und Office 365-Versionen eingeführt. Im SAC-Kanal sollen Windows 10-Nutzer sofort das Funktionsupdate erhalten, wenn die Maschine als kompatibel gemeldet wird.

Unternehmen haben zwar die Möglichkeit, Funktionsupdates zu verzögern. Aber die Meinung von Microsoft lautet: Unternehmen sollten den gleichen Ansatz wie Endanwender verfolgen, beginnend mit gezielten Implementierungen zur Validierung von Anwendungen, Geräten und Infrastrukturen innerhalb des Unternehmens. Ziel war es, dass die Unternehmen nach Abschluss der Validierung mit dem breiten Einsatz der neuen Windows 10-Build beginnen. Das hat natürlich auch auf die nachfolgende Tabelle durchgeschlagen.

Windows 10 Servicing Option
(Quelle: Microsoft; zum Vergrößern klicken)

Microsoft gibt darin für die Windows 10 V1803 (Semi-Annual Channel Targeted, SAC-T) das Verfügbarkeitsdatum 30. April 2018 an, während das späteste Revisionsdatum der 23. Mai 2018 ist. Admininstratoren im Business-Umfeld haben also nur noch zwei Daten im Auge zu behalten: Das Verfügbarkeitsdatum für die neue Build und das Datum, bis zu dem die Evalutation abgeschlossen sein soll. Ist doch einfach oder? Wird zwar noch komprimierter für Admins, die binnen weniger Wochen die IT-Landschaft auf Kompatibilität mit dem neuesten Funktionsupdate abklopfen müssen. Aber so kommt wenigsten keine Langeweile auf.

Die Nutzer sind angepisst

Ich drücke es mal so aus: Da blasen sich die Leute bei Microsoft einen schönen langen Text in Sachen Windows 10 Update as a service zusammen. Aber diese schnöden Nutzer wissen das gar nicht zu würdigen. Entnehme ich wenigstens den Kommentaren unter dem Beitrag. Dann da geht die Post ab. Einmal dürften viele Administratoren nichts von diesen Winkelzügen mitbekommen. Zum anderen sind die ständigen Namensänderungen ziemlich kontraproduktiv. CB und CBB ziehen sich durch Millionen Blog-Beiträge im Web, während SAC-T unbekannt bleiben.

Und die Nutzer stellen berechtigt die Frage: Was nutzt mir das, wenn die neuen Builds von Windows 10 in so schlechter Qualität auf den Anwender losgelassen werden, dass es hinten und vorne nicht hin haut. Wenn ich sehe, dass für Windows 10 V1803 der 23.5.2018 als spätester Revisions-Termin genannt wird (dann soll ausgerollt werden), wird mir beim Blick auf die Liste der bekannten Bugs ganz anders. Microsoft schaufelt sich selbst das Grab, oder wie seht ihr das so? Ist die neue Normenklatur bereits in Fleisch und Blut übergegangen? Macht das alles von Microsoft Sinn und klappt der Wechsel bei euch im Unternehmen reibungslos? Eure Meinung ist gefragt.

Ergänzung: Wolfang Sommergut hat bei Windows Pro den Beitrag Semi-annual Channel Targeted verschwindet: Wann ist Windows 10 bereit für Unternehmen? veröffentlicht, der noch einige zusätzliche Informationen enthält.

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3 Antworten zu Windows 10: CB, CBB, SAC-T – Babylon im Microsoft-Kosmos

  1. Dietmar sagt:

    Wenn man im Unternehmen Windows 10 einsetzt, muss man sich damit beschäftigen und dann weiß man das auch. Ich denke, dass das schon zum Beruf des (erfolgreichen) EDV-Technikers gehört.

  2. Torsten sagt:

    Windows 10 im Unternehmen wird noch vielen Kopfzerbrechen bereiten:
    – Windows 10 Pro: fehlende GPOs, nur 18 Monate Support
    – Windows 10 Ent: immerhin 24 Monate Support
    – Windows 10 LTSC: 10 Jahre hören sich gut an, aber wer weiß was Microsoft noch alles in dieser Version einschränkt: Office, CPUs ( https://docs.microsoft.com/en-us/windows-hardware/design/minimum/windows-processor-requirements ), …

    wenn man dann ca einmal im Jahr eine neue Version ausrollen muss, wird es ein großer Aufwand alle Rechner in der Firma damit zu bestücken:
    – Desktop PC: kein Problem, nach den Feierabend Update starten und am nächsten Morgen geht es (hoffentlich) weiter
    – Notebooks: viele im Außendienst, Rufbereitschaft, … Die müssten sich dann ein, zwei Stunden in die Firma setzen, das Update einspielen und warten.

    Wir fangen auch grad an Office 2016 (MSI-Version) auszurollen. Das braucht eine Stunde mit allen Updates. Mal schauen wie das unsere Anwender hinnehmen.

  3. Markus K. sagt:

    Man kann jeden neu erschienen feature Zustand recht nett beschrieben:

    rien ne va plus …. nix geht mehr

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