Der Würzburger Rechtsanwalt Chan-jo Jun hat ein wegweisendes Urteil für seinen Mandanten, den Antisemitismusbeauftragten des Landes Baden-Württemberg, Michael Blume, erstritten. In einem Eilverfahren hat das Landgericht Frankfurt heute die Plattform Twitter dazu verpflichtet, rechtswidrige Beiträge zu entfernen – und zwar auch alle „kerngleichen Aussagen“ nach dem NetzDG. Das Ganze ist nach ersten Meldungen im Radio mit einem Ordnungsgeld von 250.000 Euro/Fall bewehrt.
Worum geht es?
Der Würzburger Rechtsanwalt Chan-jo Jun hatte im Auftrag seines Mandanten, Antisemitismusbeauftragte des Landes Baden-Württemberg, Michael Blume, Klage gegen Twitter vor dem Landgericht Frankfurt eingereicht. Hintergrund war, dass Twitter sich weigerte, auf der Plattform verbreitete falsche Tatsachenbehauptungen über den Kläger zu löschen. Jun wollte für seinen Mandanten erreichen, dass Twitter alle „kerngleichen Aussagen“ nach dem NetzDG löschen muss.
Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) sieht vor, dass eine Plattform binnen 24 Stunden rechtswidrige Inhalte entfernen müsse. Twitter weigert sich, dieser Aufforderung nachzukommen, weil das unverhältnismäßig sei. Darauf erhob Anwalt Jun Klage vor dem Landgericht Frankfurt. Ich hatte über diesen Sachverhalt im Blog-Beitrag Anwalt Jun zerrt Twitter Donnerstag, den 24. Nov. 2022, vor deutsches Gericht berichtet.
Im Artikel Hat das Bundesjustizministerium einen Deal mit Twitter zum NetzDG gemacht? kam dann kurz noch die Frage auf, ob Twitter einen Deal mit dem Justizministerium habe, nach dem das NetzDG und das dort geforderte Gegenstellungsverfahren gegenüber der Plattform nicht angewandt werde. Das ging aus Schriftsätzen der Twitter-Anwälte, die dem Gericht zugingen, hervor. Das Gegenvorstellungsverfahren soll es ermöglichen, Entscheidungen über eine Löschung oder Nicht-Löschung von Inhalten zu überprüfen und gegen den Nutzern zu begründen.
Brisanz bekam diese Frage, weil Twitter Neubesitzer Elon Musk nicht nur kein Gegenvorstellungsverfahren bei Twitter einrichten ließ, sondern auch seine Moderationstems weltweit bei Twitter entlassen oder auf einen Rumpf von wenigen Mitarbeitern begrenzt hat. Twitter fehlen eigentlich die personellen Ressourcen, um eine Moderation von Inhalten, die vom Gesetzgeber gefordert wird, umzusetzen.
Ich hatte bereits in diesem Kommentar erste Eindrücke von Anwalt Jun aus der mündlichen Verhandlung vor dem LG Frankfurt aufgegriffen. Bereits in den Vorträgen deutete sich an, dass die Richterin zugunsten des Klägern entscheiden werde. Die Urteilsverkündung war für den heutigen 14. Dezember 2022 angesetzt (siehe obiger Tweet).
Urteil des LG Frankfurt
Ich habe es eben in den Nachrichten vernommen – das Landgericht Frankfurt hat sei Urteil verkündet und eine Verfügung gegen Twitter erlassen. Im Urteil (mündliche Urteilsbegründung des Gerichts, schriftlich liegt mir noch nichts vor) kam das Frankfurter Landgericht zum Entschluss, dass Twitter zukünftig Kommentare und Tweets, die für Betroffene verletzend oder diskriminierend sein können, löschen muss. Das gilt auch für alle „kerngleichen Aussagen“, und nicht nur im verhandelten Fall Blume gegen Twitter, dem in Tweets eine Verstrickung in antisemitische Skandale sowie eine Nähe zur Pädophilie unterstellt wurden.
Vielmehr gilt die Löschpflicht allgemein und für zukünftige Fälle. Twitter muss aktiv werden, sobald die Plattform auf beleidigende Kommentare aufmerksam gemacht wird. Das Soziale Medium ist dann dazu verpflichtet, diese zu löschen, wie TV Mainfranken hier zitiert. Im Nachrichtenbeitrag (Radio) des Hessischen Rundfunk hieß es zudem, dass das LG Frankfurt ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro pro Fall gegen Twitter verhängt hat – vollstreckbar, wenn die Plattform den Löschanforderungen nicht fristgerecht nachkommt.
Beim HR heißt es: Werde ein Tweet mit zu löschendem Inhalt binnen 24 Stunden mehr als zehnmal weiterverbreitet, müsse Twitter von sich aus eingreifen – andernfalls drohe dem Unternehmen ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro pro Fall. Der HR zitiert die Vorsitzende Richterin Ina Frost bei der Urteilsverkündung mit „Die Entscheidung zeigt, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist.“
Laut Gerichtsentscheidung sind „diese ehrenrührigen Behauptungen [auf Twitter gegen Dr. Blume] unwahr“. Die Bezeichnung als Antisemit sei zwar zunächst eine Meinungsäußerung. Sie sei aber in dem gewählten Kontext rechtswidrig, denn sie trage nicht zur öffentlichen Meinungsbildung bei und ziele erkennbar darauf ab, Stimmung gegen Blume zu machen. Allerdings legte das LG Frankfurt Twitter keine allgemeine Monitoring-Pflicht mit Blick auf seine rund 237 Millionen Nutzer auf. Es geht immer um konkret beanstandete Tweets mit Persönlichkeitsrechtsverletzungen.
Die Kammer erachtete auch die Äußerung eines Nutzers, wonach der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte in die jährlich vom Simon-Wiesenthal-Zentrum in Los Angeles veröffentlichte Liste der größten Antisemiten weltweit aufgenommen worden ist, als zulässig. Unabhängig davon, ob dies gerechtfertigt sei, dürfe darüber informiert werden, hieß es in der Entscheidung. Blume müsse sich dagegen im öffentlichen Meinungskampf zur Wehr setzen.
Die Initiative HateAid, die die Klage unterstützte, hat die Kernaussagen des Urteils in Tweets sowie in dieser Stellungnahme samt Kommentaren der Betroffenen veröffentlicht. Auch bei Zeit Online gibt es einen kurzen Abriss. Dr. Michael Blume wird von HateAid so zitiert: „Diesen juristischen Erfolg widme ich meinem US-Kollegen Dr. Anthony Fauci, der in diesen Tagen von Elon Musk direkt auf Twitter angegangen wurde. Aber die Verleugnung von Wissenschaft, die Verbreitung von Hassrede und Verschwörungsmythen ist keine Meinungsfreiheit, sondern ein Angriff auf Menschenleben und jede Demokratie. Mein Dank gilt Chan-jo Jun und HateAid, mit denen ich den rechtsstaatlichen Kampf für ein Miteinander auf Basis der Menschenwürde fortsetzen will.“ Die Entscheidung (Az. 2-03 O 325/22) ist noch nicht rechtskräftig.
Ergänzung: Die Pressemitteilung des Landgerichts Frankfurt ist inzwischen hier abrufbar.
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Und wenn Inhalte dann in Deutschland „rechtswidrig“ sind, aber nicht in einem anderen Land ausserhalb des Einflussbereichs des Landgerichts Frankfurt, was soll dann passieren? Entfernen in Deutschland, weiter online in anderem Land?
Und wer stellt wann und auf welchem Weg verbindlich fest, dass etwas „rechtswidrig“ oder „kerngleich“ ist? Eine Wischiwaschi Aussage wie „sobald die Plattform auf beleidigende Kommentare aufmerksam gemacht wird“ ohne zu bezeichnen, wer da entscheidet, ob etwas „beleidigend“ ist oder nicht, lässt Tür und Tor für wilde Trollerei offen.
Das Netzdurchsetzungsgesetz NetzDG hat dafür das Gegenvorstellungsverfahren vorgesehen, wo eine Löschaufforderung vorgesehen war. Wollte Twitter nicht umsetzen. Wenn Twitter sich weigert, etwas zu löschen, und der Beschwerdeführer klagt und Recht bekommt, muss die Plattform zahlen. Die Löschverfügung gilt m.E. weitweit. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig, Twitter kann es noch anfechten – und auch der Kläger.
Aber das Thema ist inzwischen ja auch EU-weit durch den Digital Service Act (DSA) geregelt, die entsprechende Verpflichtungen für Plattformen, gegen Hate Speech vorzugehen, vorschreiben.
Warum sollte eine Löschverfügung eines Landgerichts Frankfurt weltweit gelten? Deutsches Recht interessiert im Ausland niemanden.
„…Die Löschverfügung gilt m.E. weitweit…“
Das ist ganz sicher nicht so, denn das deutsche Recht gilt nur für Deutschland, und z.B. nicht für die USA, wo Twitter den Sitz hat.
Genau genommen kann die deutsche Justiz zwar entscheiden, dass Twitter gewisse Sachen zu löschen hat, kann es aber nicht durchsetzen, da Twitter den Sitz in den USA hat, und dafür die US-Justiz zuständig ist.
Das da niemand vorher drauf gekommen ist! Das heißt ja, dass sich auch kein US amerikanisches Unternehmen an die DSGVO halten muss. Man man. Da hätte die Politiker vor der Gesetzgebung nur mal Dich fragen müssen….
Im Ernst: Natürlich gibt es da Hebel, die man ansetzen kann. Einfach ist es nicht, aber es wurden schon kräftige Bußgelder verhängt, die Apple, Facebook, Twitter, Google und Co auch bezahlt haben. Das hätten sie sicher nicht, wenn sie sich davor problemlos hätten drücken können.
Die Firmen zahlen das Ordnungsgeld doch nur, weil sie weiterhin ihre Dienste in der EU anbieten wollen.
Wenn die sich nicht an EU- oder deutsches Recht halten wollen, so gibt es neben dem Ordnungsgeld auch noch weitere Maßnahmen, wie z.B. die Sperre eines Dienstes in der EU.
Und die knapp 500 Mio potentiellen Kunden wollen die Dienste sicher nicht verlieren, ergo werden die die Urteile, sobald die rechtskräftig sind, akzeptieren
@ R.S.
Genau.
Zahlen sie nicht, wird ihnen einfach der Zugang gestoppt.
Aber ein rechtsstaatlich sauberes Einfordern der Busse geht tatsächlich nicht.
Die Sache mit dem Ordnungsgeld regelt die Sache dann schon. Wenn ein Anwalt eine Möglichkeit findet, dieses Ordnungsgeld durchzudrücken, wird sich jedes Unternehmen überlegen, wie es verfährt. Und für Twitter bedeutet es, dass der Rechtsraum EU dann für die Geschäftstätigkeit entfallen könnte.
Ansonsten ist es für mich zur Aussage „gilt nur für Deutschland“ schon auffällig, dass ich hier im Blog für Google beispielsweise Regularien des Gesetzgebers in Kalifornien und in anderen Regionen dieser Erde beachten muss (ist dann immer einen kurze Mitteilung von Google „beachte dies, beachte jenes, wenn Du weiter Google Werbung geschaltet haben möchtest), mich nicht der DSGVO/GDPR durch Verlagerung des Sitzes dieses Blogs nach Tovalu oder einen ähnlichen Ort entziehen kann und selbst die US-Medienseiten Cookie-Consent-Banner schalten oder ein Geo-Fencing versuchen. Zum Thema Geo-Fencing auf Twitter im Hinblick auf das Verfahren Blume gegen Twitter hatte ich in einem der verlinkten Beiträge was geschrieben. Der Anwalt hält dies für den Antisemetismus-Beauftragten von BW für nicht gangbar, da dessen Wirken über Deutschland und wohl auch die EU hinaus reicht – jedenfalls sinngemäß formuliert.
Du vermischst Gesetze und vertragliche Vereinbarungen zwischen Vertrags-Partnern.
Deutschland hat in den USA und auch in keinem anderen Land rechtsstaatliche Befugnisse, also z.B. eigenständig und ohne Rechtshilfe Verhaftungen vornehmen zu können.
Ist schon spannend, wieder mal eine einseitig ideologische Richtungsentscheidung. Den Blume darf man folglich nicht als Antisemiten bezeichnen, Maaßen jedoch schon. Und den Höcke darf man als Faschisten bezeichnen. Meinungsfreiheit kommt halt immer drauf an, ob man auf der guten oder schlechten Seite steht, gell?
Aber davon ganz abgesehen: Wird das hier jetzt tatsächlich ein Politikblog, oder geht es auch noch irgendwo um Technik? Ich frage für einen Freund.
Soweit ich weiß, ist das hier ein IT- und Windows-Blog. Dass hier über Twitter berichtet wird, ist somit nichts ungewöhliches. Da fasst alle Dinge auch politische Hintergründe haben, dürfte man hier kaum noch über etwas schreiben. Ich vermute aber, dass Dir das völlig egal ist und Du damit überhaupt kein Problem hast, solange es in Dein Welt- und Meinungsbild passt.
Es geht eher darum, dass in den letzten Wochen hier eine gradezu groteske Häme und Effekthascherei bei allem stattfindet, was Elon Musk und Twitter blöd dastehen lässt. Das kann man kaum noch als „berichten“ oder „über etwas schreiben“ rechtfertigen. Von Neutralität ganz zu schweigen, denn umgekehrt berichtet Günter nämlich nicht darüber, wie sich die feinen Twitter-Spießgesellen von der Biden-Wahlkampfkampagne einspannen lassen haben, um für diese durch Löschungen und Sperrungen höchst einseitige Meinungsbilder zu generieren. Ganz offensichtlich ist Günters persönliche Abneigung dagegen, dass nun endlich mal einer was gegen die unerträglich einseitige linksgrünwoke Blase auf Twitter tut, ausschlaggebend für die Auswahl der Berichterstattung.
Dass Musk dies tut und sich eine riesige Stange Geld kosten lassen hat, ist mehr als notwendig und das würde ich genauso sagen, wenn es auf Twitter eine einseitige rechtsbraune Blase gäbe. Zum Pluralismus und zur Meinungsfreiheit gehört nämlich … nun ja, Pluralismus. Löschorgien und Account-Sperrungen gehören definitiv nicht dazu.
Und das NetzDG ist weder eine Rechtfertigung, noch eine Entschuldigung für diese Vorgänge, sondern nichts anderes als das Scheunentor zur Zensur und Propaganda. Es wird nämlich mitnichten nur gelöscht, was strafrechtlich relevant ist, sondern was nicht ins eigene Weltbild passt. Hätte das doch bloß schon vor der Verabschiedung dieses unsäglichen Gesetzes jemand gesagt. Ach, Moment: Die Verschwörungstheoretiker und Schwurbler haben es ja gesagt. Und Recht behalten.
Höcke darf man als Faschisten bezeichnen, weil dieses Werturteil auf einer überprüfbaren Tatsachengrundlage fußt. Bei Blume hingegen hat sich irgendwer einfach etwas ausgedacht um Stimmung gegen ihn zu machen. Dass man Maaßen als Antisemiten bezeichnen „darf“, ist mir nicht bekannt. Diese Aussage wird man doch sicher durch eine Quelle belegen können? Ungeachtet dessen bedient Maaßen klassische antisemitische Stereotype.
Man sollte sich also durchaus mal mit den Hintergründen solcher Entscheidungen beschäftigen, bevor man diese pauschal als ideologisch motiviert bezeichnet, nur weil sie einem nicht gefallen und nicht dem eigenen Meinungsbild entsprechen. Die Meinungsfreiheit hat ihreGrenzen. Insbesondere, wenn die Grenze der Beleidigung oder Verleumdung überschritten wird.
Das ist die klassische Opferrolle, die tagtäglich auf der Speisekarte bestimmter Leute steht.
Bei Maassen ist es vielfältig begründbar, weiss aber von keinem Urteil.
Bei Bernd Höcke wurde vor Gericht im Sachvortrag anhand vielfältiger Fakten der Faschist begründet.
Bei Michael Blume haben der Fox News und Achgut Autor Ben Weinthal, der Betreiber Henryk Broder und deren Anwalt Joachim Steinhoefel Verleumdungen schlicht erfunden.
Auf die geht das Urteil heute ein.
Steinhoefel und Broder wurden im letzten Sommer von Spiegel und FAZ als „in der neurechten Szene verortbare Maulhelden“ bezeichnet. Das kann man gerne als euphemistisch ansehen.
Broder ist gegen die Aussage er betreibe ein „Geschäftsmodell Hetze und Falschbehauptung“ schon vor 2 Jahren in 2 Instanzen unterlegen. Der Richter begründete das Urteil explizit mit Aussagen von Broder.
Eben nicht, es gab bei Höcke auch kein Urteil auch wenn es viele gern gesehen hätten.
Es gab nur einen Beschluss, selbst das so oft genannte RND ist unfähig dies zu erkennen – Beschluss ist ungleich Urteil. Artikel
„Tatsächlich habe damals das Verwaltungsgericht Meiningen nur über die Zulässigkeit einer konkreten Meinungsäußerung in einem konkreten Kontext entschieden.“
Artikel
Zumal der User mvo hier Dinge durcheinanderbringt…
Habe den Kommentar jetzt zugelassen – sollte nun aber gut sein.
richtig, es geht um Deutungshoheit, nicht Inhalte. Wer Deutungshoheit erlangt, macht Meinung.
Im empfehle Hintergrundrecherche zu den selbstlosen NGOs wie correctiv, Faktencheckern & Co. Das sind natürlich die Guten und wollen nur unser Bestes: Uniformität, damit lassen sich am Besten die Narrative, die in die Irre führen, aufrecht erhalten.
Richterin Frost sorgt dafür, dass für Twitter und Musk „der Winter kommt“. SCNR
Twitters Argumentation ist also, dass die Einhaltung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) unverhältnismäßig sei? Kann man sich nicht ausdenken. Das ist so, als wenn man auf dem Behindertenparkplatz parkt, weil die Suche nach einem Parkplatz unverhältnismäßig ist.
Na ja. Passt zu Elon Musk, der ja allgemein der Auffassung ist, dass Gesetze immer nur für andere gelten.
Das NetzDG gilt in Deutschland. Auf dem Rest der Welt nicht. In Deutschland als „rechtswidrig“ bezeichnete Inhalte je nach Land des Seitenbesuchers zu sperren, erscheint technisch schwer handhabbar. Evtl. liegt das Problem eher hier.
Wenn sich Jun im November 2022 bereits „seit Monaten“ wundert, dass Twitter seinen Pflichten nicht nachkommt, kann das kaum unter der Ägide von Musk geschehen sein – denn der hat erst am 27. Oktober gekauft.
Wenn du also jemanden suchst, den du anpöbeln kannst, dann geh zum Justizminister Buschmann und zum alten Twitter-Management, denn die haben die Sache ausgeklungelt. Das kommt seltsamerweise recht kurz in der Berichterstattung (und in der Kommentierung hier, Herr Born hat es aber gebracht). Seltsam, seltsam.
Es zieht sich mit Twitter schon seit Jahresanfang 2022 – mit der Übernahme durch Herrn Musk hat sich das Problem halt verschärft – selbst wenn man bei Twitter wollte, man könnte imho nicht mehr moderieren.
Ergänzung: Zumindest liegt mir jetzt der Link zur Pressemitteilung des LG Frankfurt vor – die grenzt den Zeitpunkt ein. Zitat:
Die zuständige Pressekammer des Landgerichts Frankfurt am Main stellte in einem Eilverfahren fest, dass diese ehrenrührigen Behauptungen unwahr sind.
Ansonsten: Kein Grund sich gegenseitig „anzupöbeln“ – es ist ein legitimes juristisches Verfahren, dass Jun für den Kläger und Twitter vor deutschen Gerichten führen. Noch ist das Urteil (Az. 2-03 O 325/22) nicht rechtskräftig, könnte also in höhere Instanzen (Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main) angefochten werden. Die Entscheidung wird in Kürze unter http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de abrufbar sein.
Interessant fand ich allerdings die berichteten Vorträge der Twitter-Anwälte, die einen Hängebeschluss des VG Köln zum Gegenstellungsverfahren in einer Sache gegen Meta ziemlich „weit“ interpretierten. Nach dem, was man so hört, kamen die Vorträge der Anwälte in der mündlichen Verhandlung diesbezüglich nicht so gut an.
Das ist halt das Problem mit der „Verrechtlichung“. Es ist im Grunde egal, was du sagst, sobald es den kleinen Bereich der völligen Belanglosigkeit verlässt, fühlt sich schon der erste „diskriminiert“, „verletzt“, „verunglimpft“, „gehasst“, „verfolgt“….
Und anschließend nehmen sich dröge Rechtsanwälte und Richter der Sache an und das Ergebnis: Urteile, die im Prinzip nur dem Zufall und dem jeweiligen Zeitgeist entsprechen.
Meinungsfreiheit ist aber letztlich genau das Gegenteil: Gerade die verletzenden Meinungen müssen geschützt werden, Lobhudeleien werden eh nicht zur Anzeige gebracht.
Die Justiz und die Regierungen führen einen verzweifelten aber hoffnungslosen Kampf um eine „Mindestqualität“ der Meinungen im Netz. Das endet entweder in einer kompletten Niederlage oder totaler orwellistischer Kontrolle und letztlich „Gleichschaltung“ der geduldeten Meinungen.
In einer echten Meinungsfreiheit ist das Mindestniveau für Verbotswidriges extrem niedrig: (Ernsthafte) Bedrohung, Aufruf zur Begehung von Kapitalverbrechen oder Verleumdung/Rufmord, etwa. Selbst Beleidigung sollte man dem „Hausrecht“ des jeweiligen Forums unterstellen aber grundsätzlich sollte auch das erlaubt sein. Gerade beim Vorliegen von „Pseudoanonymität“ (wie z.B. hier) müsste ein Forumbetreiber grundsätzlich auch Beleidigungen zulassen (können).
DANN ergäbe sich für die Gesamtheit der geäußerten Meinungen nämlich ein ganz anderes Bild: Die Menschen würden allmählich begreifen, dass Einzelmeinungen grundsätzlich wenig wert sind und grundsätzlich wenig glaubhaft sind.
„Mächtige“ und „vorherrschende“ Meinungen werden dann nur öfter berichtet aber deren Glaubwürdigkeit wäre auch kaum höher.
Das ist dann das, was wir im Alltag schon immer erlebt haben: Viel Geschwätz, wenig Substanz. Manche können besser schwätzen als andere, manche habe mehr Fans für ihr Geschwätz als andere aber all das macht es nicht glaubwürdiger.
Stattdessen entwickelt man (wieder) ein gesundes Misstrauen für geäußerte Meinungen: Wem nützen sie ? Was bringen sie an Kosten ? Bringt die Meinung bei Befolgung unangemessen Vorteile für den einen und Nachteile für andere (oder mich) ? Ist es Staatspropaganda, die ich in meinem Alltag nicht verifizieren kann ? Ertappe ich mich immer öfter, dass ich etwas schreiben oder sagen will aber feststellen muss: Das zu sagen, ist nicht nur verpönt sondern verboten und strafbewehrt ?
Dann erleben wir das langsame Sterben der Meinungsfreiheit. Checkt das mal für euch selbst…
Gratulation!
Sehr gute Darstellung und Beschreibung der „Meinungsfreiheits-Misere“, in der wir uns immer mehr befinden.
Der Beitrag bringt es auf den Punkt und stellt vor allem die Probleme der Rechtsstaatlichkeit versus Meinungsfreiheit sehr gut dar; vor allem die daraus resultierende, permanente Gratwanderung und deren Folgen für alle Beteiligten.
„Aber die Verleugnung von Wissenschaft, die Verbreitung von Hassrede und Verschwörungsmythen ist keine Meinungsfreiheit, sondern ein Angriff auf Menschenleben und jede Demokratie.“
👍
Deinen „Daumen hoch“ in Ehren für das Zitat, aber das ist doch nur wieder mal typisch pauschales Politiker-Geschwätz!
Wer bitte, zieht wo die Grenze(n)??
– Ab WANN bitte, wird „die“ Wissenschaft verleugnet (die es als solches – homogenes – „Gebilde“ mal gleich gar nicht gibt, da sie ein Netzwerk aus zigtausenden Menschen darstellt, die durchaus konträre Meinungen haben. Und die auch oft genug daneben gelegen haben – früher und auch aktuell immer wieder mal …)
– WAS GENAU ist eigentlich Hassrede?? Wer definiert das bitte mal vollumfänglich und allgemeinverbindlich? Die „Mimose“ wird die Grenze früher ziehen als der „Psychopath“ (der übrigens auch ein Recht auf seine Meinung hat, so lange er nicht seine volle Zurechnungsfähigkeit juristisch entzogen bekommen hat.)
– Was bitte ist, wenn sich angebliche „Verschwörungsmythen“ (wie gerade bei Corona viele Tatsachen z. B., die sehr oft als solche bezeichnet wurden) sich dann plötzlich als doch richtig herausstellen? Also ich meine natürlich nicht die „flache Erde“ oder die Mondlandung.
Das ist mir einfach alles immer wieder viel zu einfach dargestellt. Tut mir leid. Dass ein Politiker, der natürlich auch noch vor Gericht erfolgreich war, so redet, ist klar, bringt uns aber in der Sache nicht weiter. Der „Kern“ des Problems steckt tiefer – viel tiefer …
„WAS GENAU ist eigentlich Hassrede?“
Mit der Abgrenzung von Meinungsfreiheit zu Hassrede beschäftigt sich Rechtsanwalt Jun schon längere Zeit. Er hat einen Youtube-Kanal, in dem er sich vor allem mit dem Thema ausführlich auseinandersetzt. Es gibt dort eine Playlist namens „Hass und Hetze“.
Dann ist ja gut, dass der Herr Jun also (scheinbar?) weltweit festlegt, was Hassrede ist. War mir bisher allerdings nicht bekannt, dass dem so ist … In diesem Fall, des Politikers Blume, mag das ja so sein, dass er recht bekommen hat, aber er ist eben NICHT die wandelnde, alleinmaßgebliche Judikative …
Somit stehen wir immer noch am gleichen Punkt, dass die Grenzen eben – wie in fast allen Bereichen des zwischenmenschlichen Miteinanders – fließend, und somit sehr weit (persönlich) auslegbar und auch ausreizbar sind. Der Herr Jun ist ein einzelner Jurist und somit auch nur eine einzelne Stimme – nicht mehr und nicht weniger. Ich hätte aber gerne mal eine ordentliche Definition, nach der sich ALLE zu richten haben! Und DAS ist eben genau das Problem, dass es die nicht gibt und niemals geben wird, da solche Dinge eben (natürlich die absoluten Extreme ausgenommen) fast immer sehr weit auslegbar sind. Siehe dazu auch den Kommentar von „OpenYourMind“. Er hat diese Misere – die sie ja auch ist – wirklich sehr gut zusammengefasst auf den Punkt gebracht.
Du hast anscheinend deine festgefügte Meinung und bist überhaupt nicht bereit, dich mit dem Thema zu beschäftigen.
Was soll der dumme Spruch, dass Herr Jun weltweit festlegt, was Hassrede ist? Hier geht es um deutsches Recht. Das Thema weiter zu vertiefen ist offensichtlich zwecklos.
@ Nobody
(Verspätete Antwort, da der Thread leider mal wieder mitten in der Diskussion dicht gemacht wurde – und nun wieder offen ist.)
Also, für das, dass ich angeblich nicht bereit bin mich mit den Thema zu beschäftigen, habe ich – denke ich zumindest – sehr viel dazu geschrieben … Im Übrigen ging es in meiner ersten Antwort nicht nur um das Thema „Hass & Hetze“, sondern ich hatte noch weitere Punkte angesprochen, die ich für diskussionswürdig halte.
Und nochmals: Mir ging und geht es bei dem Thema „Hass & Hetze“ um eine möglichst weltweite Definition, an die sich ALLE dann zu halten haben. Dass Herr Jun sich mit dem Thema ausgiebig beschäftigt, ist ja vollkommen in Ordnung, aber auch er kann halt nun mal keine allgemeingültigen Regeln festlegen. Und genau DA liegt halt der Hase im Pfeffer. „Hass & Hetze“ ist eben ein extrem dehnbarer und sehr weit auslegbarer Begriff, der u. U. auch nach Region, Land und Kontinent komplett unterschiedlich ausgelegt wird. Aber das Internet ist halt nun mal weltumspannend und somit wird eine allgemeingültige, abschließende Definition nicht möglich sein … Das hat mit „festgefügter Meinung“ und „deutsches Recht“ zunächst mal nichts zu tun.
Weiße Männer unterhalten sich über das langsame sterben der Meinungsfreiheit.
Ich verdrücke eine Träne für euch.
Teilweise interessante Beiträge, bedauerlicherweise ist immer mal wieder von dem sogenannten „Meinungsfreiheitsgefasel“ die Rede. Früher war eben doch vieles besser, da konnte nicht jeder Hanswurst seine Meinung ins Fratzenbuch schreien, da musste er noch in die nächste Kneipe gehen und mehr als max. 8 Personen haben niemals den ganzen Müll hören bzw. lesen müssen.
Oh, man darf wieder antworten hier, na Wahnsinn…
Ja Mike, aber auch Müll gehört zur Meinungsfreiheit und auch Blödheit ist nicht verboten. Das muss eine Gesellschaft aushalten, ohne zu zensieren und vor sich selbst zu „schützen“.
Kontensperren für Links auf Mastodon; und ist Elon Musk bald Geschichte?
Zum Wochenende gab es bei Twitter erneut einige Volden von Noch-Chef Elon Musk. Ich hatte ja bereits in Kommentaren hier darauf hingewiesen, dass Mister Meinungsfreiheitsverfechter, Elon Musk, Twitter-Konten nicht genehmer Nutzer durch das Unternehmen deaktivieren oder lebenslang sperren lässt. Manches wurde dann binnen Stunden zurückgenommen.
Keine Links zu Mastodon, Facebook & Co.
Zum Wochenende gab es dann von Twitter eine Änderung an den Regeln für Posts. Twitter verbietet nun das Verlinken auf Mastodon, Facebook oder konkurrierende Netzwerke. Ich hatte im Kommentar hier einen Auszug der betreffenden Regeln veröffentlicht.
Als ich gerade nachgeschaut habe, ist die Twitter-Seite mit diesem Regeln verschwunden – der Post existiert nicht mehr. Twitter lässt nun darüber abstimmen, ob solche Fremdverlinkungen zulässig sein sollen oder nicht. Wobei die Formulierung auf „Konten, deren Hauptzweck die Bewerbung anderer Plattformen ist“ liegt – lässt sich dehnen.
Hand auf’s Herz: Ich habe das Gefühl, Musk lässt da einen Hamster oder eine Katze über die Tastatur eines Rechners in der Twitter-Zentrale laufen. Wenn dann irgend etwas passiert, schaut man nach, und korrigiert den größten Unsinn, der bei der letzten Aktion rausgekommen ist.
Musk-Umfrage: Ist die Musk-Ära bei Twitter bald vorbei
Ich gehe davon aus, dass der Druck von Investoren auf Elon Musk wegen seines Twitter Abenteuers inzwischen riesig ist. Das Manager Magazin thematisiert in diesem Artikel den Absturz der Tesla-Akte, die 2/3 ihres Werts binnen 2 Jahren verloren hat. Aktien laufen zwar zur Zeit nicht rund, aber seit der Twitter-Übernahme durch Mussk leidet der Tesla Aktienkurs weiter. Die Aktionen von Musk wirken sich auf den Autobauer aus.
In obigem Tweet lässt Elon Musk die Twitter Nutzerschaft darüber abstimmen, ob er Chef von Twitter bleiben soll oder nicht. Er wolle sich an dieses Abstimmungsergebnis halten, lässt er verlauten.
Beim Schreiben dieser Zeilen verblieben noch 34 Minuten Abstimmzeit. 57,5 % der Nutzerschaft sind für den Rücktritt, nur 42,5 % wollen, das Musk als Twitter CEO bleibt. Abgestimmt haben angeblich 17 Millionen Twitter Konten (wie viele Bots dabei waren, ist unbekannt).
Ist das die letzte erratische Entscheidung von Herrn Musk? Hält er sich an das Ergebnis? Und was kommt danach? Ein neuer CEO, dem Musk die Vorgaben gibt?
Die Frage ist jetzt wer die Rolle einnimmt und ob diese Person nicht genauso hörig gegenüber Musk ist.
Ich stelle mir das wie einen Pappkameraden vor, siehe der Medwedew-Witz in der FAZ:
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/gespraech-mit-elena-tregubowa-ich-weiss-wie-rachsuechtig-der-kreml-ist-1545098.html
Ich verlinke den mal so, dann kann keiner jammern ;)
Ging mir auch durch den Kopf, bzw. der neue CEO wird auch gehörig unter Druck stehen. Im besten Fall verlaufen die Entscheidungen aber nicht mehr so erratisch wie bisher und es kehrt Ruhe samt großer Linie ein. Warten wir es ab. Sehr viele „Schüsse“ haben die imho bei Twitter nicht mehr.