Halb Australien ohne Telefon und Internet

Stop - PixabayIn Australien ist es zu einem Großausfall kritischer Infrastruktur beim zweitgrößten Telekomanbieter Australiens gekommen. Durch den Ausfall sind 10 Millionen Kunden (wohl halb Australien) von Internet und Telefon abgeschnitten. Kein Problem? Nun ja, die ganzen Handys bleiben stumm, bei Zahlungssystemen geht auch nichts mehr und sogar Züge fallen aus. Das zeigt, wie abhängig die moderne Gesellschaft von Telefon und Internet ist. Ergänzung: Eine Erklärung für den Ausfall liegt nun vor.

Blog-Leser Will hat mich bereits heute Früh über den Vorfall informiert, der den australischen Provider Optus getroffen hat. Danke dafür – konnte aber nicht reagieren, da Mittwoch Physiotherapie-Tag ist.

Ausfall bei Optus

SingTel Optus ist das zweitgrößte Telekommunikationsunternehmen in Australien und eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von Singapore Telecommunications. Die haben 8,05 Milliarden Australische Dollar (4,82 Milliarden Euro) Umsatz und so 10 Millionen Kunden in Australien, die Telefon, Mobilfunk und Internet über den Provider beziehen.

Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet hier über den Großausfall bei Optus, der Australien hart getroffen hat (ein deutschsprachiger Beitrag findet sich bei Golem). Die Störung wurde erstmals gestern (7. November 2023) gegen 4 Uhr morgens Ortszeit (1700 GMT am Dienstag) gemeldet, und erst gegen 17.30 Uhr teilte Optus mit, dass die Dienste wiederhergestellt worden seien.

Dieser Ausfall beim zweitgrößten australischen Telekommunikationsunternehmen Optus ließ am nicht nur fast die Hälfte der Bevölkerung ohne Internet und Telefon dastehen. Die Großstörung stürzte auch die Zahlungsverkehrs-, Verkehrs- und Gesundheitssysteme ins Chaos. Durch den Ausfall konnten Krankenhäuser keine Telefonanrufe entgegennehmen. Bei kleinen Unternehmen seien diese nicht in der Lage gewesen, elektronische Zahlungen abzuwickeln, schreibt Reuters. Warum nicht alle Unternehmen betroffen sind, entzieht sich meiner Kenntnis. In einigen Städten seien gleichzeitig Zugnetze und Mitfahrdienste ausgefallen, heißt es.

Inzwischen wird betont, dass man glaubt, dass der Ausfall nicht mit einem Cyberangriff in Verbindung steht. Optus hatte vor 14 Monaten einen der größten Cyberverstöße des Landes zu vermelden. Aber der Vorfall wirft nun Fragen über die Anfälligkeit der zentralen Infrastruktur des Landes auf, zumal der Besitzer aus Singapur ist.

„Die Kunden sind eindeutig frustriert darüber, und Optus sollte darauf entsprechend reagieren“, wird Kommunikationsministerin Michelle Rowland zitiert. „Ich meine, das ist höchst unwahrscheinlich. Unsere Systeme sind eigentlich sehr stabil“, sagte die Vorstandsvorsitzende von Optus und ergänzt „Dies ist ein sehr, sehr seltenes Vorkommnis“.

Nach dem Optus-Cyberangriff von 2022 wurde in Australien ein Gesetz eingeführt, nach dem australische Unternehmen der Regierung innerhalb von 72 Stunden Bericht erstatten müssen, wenn sie glauben, dass sie von einem Cyberangriff betroffen sind. Branchenanalyst Paul Budde wird so zitiert, dass der Vorfall zeige, dass Telekommunikationsunternehmen verpflichtet werden sollten, in Notfällen Kunden von konkurrierenden Anbietern in ihren Netzen zu akzeptieren – eine Reform, der sich die Branche lange widersetzt habe. Hintergrund ist, dass Telefon- und Internet-Netze eine lebenswichtige Infrastruktur moderner Gesellschaften und der Wirtschaft sind.

Fehlkonfiguration als Grund

Ergänzung: Eine Erklärung für den Ausfall liegt nun vor, wie die Kollegen von heise in diesem Beitrag berichten. Laut den Angaben in der Optus-FAQ erhielt das Optus-Netz am Tag des Ausfalls gegen 4.05 Uhr Ortszeit, nach einem Software-Upgrade, Änderungen an den Routing-Informationen von einem internationalen Peering-Netz übermittelt. Diese Änderungen der Routing-Informationen wurden über mehrere Schichten im Optus-Netz verteilt. Die Änderungen führten dazu, dass die voreingestellten Sicherheitsstufen auf wichtigen Routern überschritten wurden. In Folge unterbrachen diese Router die Verbindung zum Optus IP Core Network zum eigenen Schutz.

Damit war der Ausfall vorprogrammiert. Problem war dann wohl, dass nach der Identifizierung der Ursache Techniker in ganz Australien vor Ort fahren mussten, um die Router wieder arbeitsfähig zu machen. Das trug dazu bei, dass die Störung über Stunden andauerte.

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24 Antworten zu Halb Australien ohne Telefon und Internet

  1. Matze sagt:

    Viel Spass, wenn hier der digitale Euro (https://www.bundesbank.de/de/aufgaben/themen/digitaler-euro-eurosystem-startet-die-naechste-phase-856158) eingeführt wird und Barzahlung nicht mehr möglich (erlaubt?).

  2. 1ST1 sagt:

    Laut Golem.de soll ein Softwareupdate schuld sein. Jetzt kommen natürlich böse Zungen und werfen Windows-Update in den Ring… Patchday ist erst nächste Woche.

    https://www.golem.de/news/optus-update-war-wohl-schuld-an-schwerem-netzausfall-in-australien-2311-179238.html

    • Anonymous sagt:

      Sie sagen also, das Desaster wird sich nächste Woche wiederholen?

    • Joerg sagt:

      In dem Umfeld setzt man kein Windows ein, so fahrlässig und dumm ist keiner.

      In dem Segment ist M$ nicht vertreten, hier geht um Routing (aka OSPF & BGP), dass ist jenseits der M$ welt :-). Evtl. haben die das Update für Juniper Geräte (https://www.cvedetails.com/vulnerability-list/vendor_id-874/Juniper.html) eingespielt was denen das Routing zerlegt hat.

      BGP ist ab und an sehr zicking und verzeiht eher selten Fehler in der Config, was dann „mal eben“ zu einem Totalausfall eines gesamten Netzes führen kann und bis sich das wieder gefangen hat, vergeht ein wenig Zeit. Gilt auch für fehlerhafte STP Configs, die kann auch nicht „instant“ ausgleichen.

      • Fritz sagt:

        Der VW-Ausfall neulich hatte ähnliche Ursachen. Wenn man remote nicht mehr draufkomt (auch nicht out-of-band) muß man eben mit Laptop und seriellem Kabel zu jedem Core-Router hinfahren.

        • Joerg sagt:

          jap, reicht ein Einzeiler und schwups ist MGMT Interface weg :-), passiert mal schnell. Alternativ ein Release-Wechsel der Firmware, da kann man noch so soft testen, 90% der Geräte rattern so durch und 10% verschlucken sich an einer Einstellung.

          Ist auch einer der Gründe, warum ich FW Updates an Netzwerkendgeräten wie Router, Switche usw. nur vor Ort mache, das erspart einen die Hetzerei um dann doch mal schnell vor Ort zu sein.

          Firewall sind da komischerweise nicht so empfindlich, obwohl deutlich komplexer.

  3. Pau1 sagt:

    Und darum baut die Postbank alle Filialen und Geldautomaten ab.
    Wir brauchen doch kein Bargeld mehr!

    (Achso: Wem das nicht aufgefallen ist:
    Die Postbank zählt jetzt alle Buchungs-Posten auf der Abrechnung und schreibt „kostenlos“ dran.
    Ein Schelm der sagt, dass der nächste Schritt eine „Gebühr pro Buchungsosten“ ist, wie ihn manche Volksbank schon jetzt nimmt. Das kommt garantiert.)

  4. Pau1 sagt:

    Was passiert, wenn ein Staat existentielle Dienste wie Gas,Strom,Wasser,Eisen, Telefon, Vernetzung,Bildung, Gesundheit privatisiert möge nach Neoliberalismus, Neuseeland 1990 suchen bei der Fritz Reuter Stiftung gibt es ein sehr schönesEssay..

    (Es war gründlichst in die Hose gegangen,
    hat nur ein paar Reiche noch reicher gemacht und das neuseeländische Sozial System kaputt.)

  5. Alexander sagt:

    Tja, wenn es nach den „jungen“ Menschen (oder junggebliebene technikaffine Menschen) geht, die sich rein auf die digitale Welt verlassen darf man sich eben nicht beschweren! ich finds ganz lustig, da man daran schön sehen kann, dass dann alles mal eben wegbricht…
    !Schade und natürlich ein NoGo ist natürlich die Notruf-Versorgung bei Lebensgefahr etc., aber vielleicht macht man sich bei sowas mal Gedanken um einen Plan B.

    Ich hab es auch in D für ein Unding gehalten, als man bei der Telekom die alten Analog/ISDN-Leitungen immer weiter zurückgefahren hat. Immer unter Strom und unabhängig vom Internet/DSL… und solange diese Stromversorgung lief selbst bei Stromausfall z.B. in der Wohnung, war das noch ne Absicherung.

    Aber hey, die digitalen Generationen möchten das so, also nicht rumheulen!

    P.S. Ich bin auch für „modernes“ und technische Entwicklungen, aber bitte ohne „blindes Vertrauen“ auf die unendliche Funktion ohne Plan B ;)

    • 1ST1 sagt:

      Laut Statistik von gestern sollen die Einwohner Deutschlands über das vergangene Jahr gesehen im Durchschnitt 12 Minuten ohne Stromversorgung gewesen sein. Es gibt schlimmeres.

      • Tom sagt:

        12 Minuten ohne „borncity“ wären viel schlimmer :-)
        Ach nein, geht ja auch nicht ohne Strom – Notstromgeräte abgesehen ;-)

        • Fritz sagt:

          Ich hatte gestern schon Angst, daß Günni wieder was schlimmes passiert wäre, weil 36 Stunden keine Updates (noch nicht mal Kommentare) kamen.

          • Günter Born sagt:

            Ich war u.a. mit der Aufarbeitung meiner Gewinnspiele, der Optimierung der WP-Datenbanken etc., geschäftigt. Alles, was der Hausmeister so ganz nebenbei erledigen muss …

            • noreply sagt:

              Die Kommentarzahl ist ja irgendwann massiv eingebrochen. Wäre nett wenn du mal in einem Artiekl aufarbeitest wie viel Prozent gefühlt geschummelt haben :)

              • Günter Born sagt:

                Grob über den Daumen waren es 49%, die da mal schnell was abgreifen wollten, weil der Link auf irgend einer Plattform für so was als Tipp geteilt wurde. Ist aber jetzt in der Datenbank des Blogs wieder bereinigt worden (zum Glück habe ich Möglichkeiten, so was festzustellen).

                • noreply sagt:

                  Oh weh, jetzt wird einiges klar wenn ich höre der Link wurde irgendwo veröffentlicht. War dann natürlich wirklich ein „Hausmeister“-Job das wieder zu säubern. Ich wünsche dir dennoch eine gute Woche! Jetzt ist ja erstmal Zeit zum Luft holen ;)

      • Andy sagt:

        Mit Durchschnittwerten kannste bei mir den Blutdruck sprengen.

        Während ich mich an keinen Stromausfall zuhause im letzten Jahr erinnern kann, waren andere tagelang ohne Strom, Telefon und Hilfe. Die fanden das schon irgendwie schlimm.

        Oder die neuliche Antwort zum Rückbau der städtischen Hauptverkehrsachse, daß die aufgrund der durchschnittlichen Fahrzeugzahlen garnicht in der Form gebraucht würde. Den täglichen stinkenden Berufsverkehrsstau haben die glatt mit der sonntäglichen Nachtruhe verrechnet und draus den Bedarf beschlossen und umgesetzt.
        Auf der gleichen Rechenbasis wurde auch der Nahverkehr ausgedünnt.
        Ich wusste garnicht, worüber ich mich mehr aufregen sollte: Über den Stau oder darüber, daß man mir jegliche Bildung abspricht.

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