[English]Bricht die Kundenbasis von VMware by Broadcom „bald“ kräftig ein? Seit der Übernahme von VMware durch Broadcom wird ja viel darüber spekuliert. Die Tage ist mir ein Artikel mit einer Analyse untergekommen, die besagt, dass über die Hälfte der VMware-Kunden mittelfristig den Wechsel zu einem anderen Virtualisierungsanbieter anstreben.
Broadcom feiert sich noch
Ich habe ja in zahlreichen Artikels hier im Blog das Drama der VMware-Übernahme durch Broadcom nachgezeichnet (siehe die Artikellinks am Beitragsende). Erklärtes Ziel von Broadcom ist es, nach der Übernahme richtig Geld zu scheffeln – ich hatte im Blog-Beitrag Broadcom erwartet 2024 bei VMware quartalsweises Umsatzwachstum im zweistelligen Prozentbereich darauf hingewiesen.
Im Hinterkopf schlummert seitdem bei mir der Gedanke „das kann nicht gut gehen“ – und ich hatte dies im Beitrag VMware-Übernahme durch Broadcom, geht die Wette auf? aufgeworfen. Umso erstaunter war ich, als sich Broadcom-CEO Hock Tan Ende August 2024 noch auf der Hausmesse VMware Explore vor Kunden wegen Umsatzsteigerungen im 3. Quartal 2024 feierte und nach vorne, auf glänzende Geschäftsaussichten blickte (ich hatte im Blog-Beitrag Broadcoms VMware-Umsatz Q3 2024 schießt nach oben und Eindrücke von der VMware Explore darüber berichtet).
Analyse sieht Kundenabwanderung
Im Hinterkopf war bei mir beim Schreiben des obigen Beitrags der Gedanke „ist vielleicht nur ein Strohfeuer“ und ich stellte mir die Frage, wie es in einem oder zwei Jahren wohl ausschaut. Die Tage bin ich bei The Register auf den Beitrag Research suggests more than half of VMware customers are looking to move gestoßen.
Eine von Civo veröffentlichte Studie VMware Customers Seek Simplicity and Predictability when choosing their next cloud provider zeigte, dass mehr als die Hälfte der VMware-Kunden darüber nachdenken, die Virtualisierungs-Plattform zu verlassen, weil sie mit der Entwicklung unter Broadcom unzufrieden sind und keine Zukunft sehen. Dazu muss man wissen, dass es einerseits erklärtes Ziel von VMware by Broadcom ist, die kleinen Kunden von der Plattform zu vertreiben und nur die großen Hyperscaler-Kunden (Cloud-Anbieter) zu behalten. Dazu hat VMware die Preise entsprechend gestaltet und presst Kunden quasi aus der Geschäftsbeziehung heraus.
Und man sollte wissen, dass Civo ein VMware-Konkurrent ist, der genau diese Kunden für seine Virtualisierungslösung werben möchte. Civo CEO Mark Boost sagte Anfang des Jahres gegenüber The Register, dass die Strategie von Broadcom darin zu bestehen scheint, kleinere Kunden durch Preiserhöhungen loszuwerden (ich hatte im Beitrag Analysen: VMware agiert bei Lizenzen geplant; Wechsel zu Alternativen ein Problem berichtet).
Die happigen Preiserhöhungen bei VMware bringen kleinere Unternehmen, die ihr Geschäftsmodell auf VMware aufgebaut haben, in finanziellen Schwierigkeiten. Bei einer Civo-Umfrage ergab sich, dass 48,7 Prozent der Kunden einen Wechsel des Cloud-Anbieters in Betracht ziehen, und 44,9 Prozent eine Migration zu Open-Source-Lösungen erwägen. Allerdings sind 28,6 Prozent der befragten VMware-Kunden besorgt über die Sicherheit von Open-Source-Lösungen, und 23,2 Prozent äußerten sich besorgt über Sicherheit und Service Level Agreements (SLA).
Simon Hansford, ehemaliger CEO von UKCloud und jetzt bei Civo tätig, erklärte gegenüber The Register, dass sich der Kundenstamm von VMware grob in drei Teile aufteilen lässt:
- diejenigen, von denen Broadcom hofft, dass sie die Preiserhöhungen einfach als Geschäftskosten betrachten,
- ein Drittel, das hofft, dass sie klein genug sind, um von der neuen VMware-Führung nicht verfolgt zu werden,
- und ein Drittel, das laut „einfach das Schiff“ bzw. die VMware-Virtualisierungsplattform verlässt.
Die neue Studie deutet darauf hin, dass deutlich mehr als ein Drittel der bisherigen VMware-Kunden „in Kürze“ von der VMware-Plattform abspringen könnte. Das sind keine guten Nachrichten für die langfristige Geschäftsentwicklung von Broadcom in diesem Bereich, egal wie rosig die Umsatzzahlen im Moment aussehen mögen.
Viele konkurrierende Cloud-Provider und -Anbieter würden sich freuen, Kunden zu übernehmen, und VMware-Kunden sind es leid, ständig in einer Situation zu leben, in der die Preise in die Höhe schießen, ohne dass sich gleichzeitig der Service verbessert. Es dürften als gute Zeiten für Proxmox, Nutanix & Co. anbrechen, zu denen die ehemaligen VMware-Kunden abwandern.
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Für Broadcom(s Profite) ist mMn nur wichtig, dass wenige key accounts unter den 50% sind. Das Kleinvieh wollten sie doch eh loswerden, wenn ich recht erinnere.
Es gab letzten Dezember mal eine Aussage von Broadcom in der Art „Maximal 1000 Kunden“. Im Moment habe sie wohl 200.000, die eine Kundenaccount angelegt haben.
Von Anfang an standen immer nur die großen Datacenter im Fokus, daß man eine ganze Menge „Kleinvieh“ als Beifang mit bekommt hat man erst später gemerkt. Soweit es technisch abtrennbar war hat man die Desktop-Kunden ja auch schon weitergereicht. Nur ist es halt mit ESXi nicht so einfach – es ist die selbe technische Basis wenn man entweder zwei Server in der Besenkammer stehen hat oder tausende im Datacenter. Hier sortiert man jetzt über die Preisgestaltung und den Zwang, auch für die Besenkammer mindestens eine „Cloud foundation“ mit zu kaufen.
Bemerkenswert und neu fand ich auf der letzten Konferenz noch die Aussage, daß man sein Geschäftsfeld in den „Private“ und nicht „Public clouds“ sieht. Damit sind Hoster wie Amazon, die Dir nur einzelne Workloads vermieten auch nicht mehr im Fokus.
Was bleibt sind die, die trotz Krise genug Geld, dafür aber aus regulatorischen Gründen wenig Flexibilität haben: Banken, Versicherungen, Großkonzerne, Militär und der ganze Goverment-Sektor (hatte die SIT nicht auch eine große VMware-Installation?).
Parallel dazu, wenig beachtet, hat in den letzten Jahren die indische HCL-Software den amerikanischen Datenbankanbieter Actian (Btrieve -> Pervasive/PSQL -> Zen) sukzessive übernommen. Die Workgroup-Datenbank ist bei den einschlägigen Rankings um den Platz 400 zu finden, die Enterprise-Varianten sind in ihren Märkten wohl etwas besser vertreten.
Seit letztem Herbst machen die den Broadcom-Move in Zeitlupe, weil sie aber bisher keine Mietverträge gemacht haben, zieht sich das ein bisschen. Die kleinen Lizenzen sind ungefähr um den Faktor 2,5 teurer geworden, bei den großen sind durch Straffung des Line-Ups Preissteigerungen um den Faktor 10 entstanden.
Um die alten Kaufkunden zu Neukäufen zu drängen, werden Keys von Produkten, die nicht mehr im Support sind, nicht mehr resettet. Die laufen, solange sie laufen, aber wenn sich nur ein Parameter der Indentifikation (MAC, Hostname, Speicher, CPU etc..) ändert, wird der Key deregistriert. Also der Kauf wurde nachträglich mit einem Ablaufdatum versehen.
Das ist absolut gewagt, weil so toll ist das Produkt nicht: Btrieve war mal von Cobol-Logik getrieben und Pervasive hat sich dadurch „ertüchtigt“, dass man eine SQL-Übersetzungsschicht eingebaut hat. Es wird von keiner externen Managementsoftware unterstützt und die eigene ist mit „gruselig“ noch sehr freundlich bewertet. Das Hauptargument war immer neben historischen Gründen der Preis.
Der Unterschied zu VMWare: Eigentlich haben die kein Produkt mehr – und schlachten ihre Kunden, solange die nicht einfach weg können, dann schlachten sie die Company. Da ergibt das aus einer betriebswirtschaftlichen Perspektive durchaus Sinn; wahrscheinlich liegt der Fehler der Strategen bei Broadcom darin, dass sie die Produkte nicht verstehen können.
Im Prinzip ist jede Lösung, die nicht mit minimalem Aufwand durch ein Konkurrenzprodukt ersetzt werden kann, mittlerweile ein potenziell existenzielles Risiko.
Das lässt die Risiken, die man hinter Open Source vermutet (sicher real ist das permanente Risiko des Ressourcenmangels durch Unterfinanzierung, aber das muss ja nicht so bleiben), deutlich in den Hintergrund treten – und zeigt, dass es eine quelloffene und gemeinschaftlich finanzierte Infrastruktur für Unternehmen im 21. Jahrhundert überlebensnotwendig ist.
Finaler Satz: Wir werden das nur überstehen, wenn wir anerkennen, dass wir auf den Schultern von Riesen stehen – und danach handeln.
HCL hat nach der Übernahme von Notes „damals“ schon eine krasse Preissteigerung eingeführt. Da war dann definitiv der Move nach M365 günstiger :-D
Die Hälfte steigt aus, die Verbliebenen zahlen den fünffachen Preis. Rechnung aufgegangen.