Heute mal Teil 1 einer kleinen Artikelreihe, in der ich meine letzten Abenteuer eines Ausflugs in Linux Mint 22 (ist eine LTSC-Version) beschreibe. Keine Abrechnung mit Linux, aber ein Fingerzeig, dass es mitunter nicht ganz so einfach ist. In diesem Blog-Beitrag geht es auch um die Frage, warum ich mich beim installieren von Anwendungen etwas ins Boxhorn jagen ließ.
Kleine Erläuterungen zum Hintergrund
Wir erleben (zumindest ist es mein Eindruck) ja täglich, wie Microsoft seine Anwender mit neuen Schlenkern in Windows 11 traktiert. Ich kann hier zwar mit Windows 10 2019 IoT Enterprise LTSC bis 2029 leben. Aber im Sinne „über den Zaun schauen“, will ich doch mal wieder genauer auf Linux schauen.
Das mache ich zwar seit 1993, als ich erstmal eine Diskette mit Linux 0.x in die Finger bekam. Aber als Produktivsystem werkelt über die Jahrzehnte halt Windows – da ist einfach die Leserschaft unterwegs. Und im Hinterkopf war die Erfahrung, dass ich bei allen Linux-Experimenten seit dieser Zeit immer einiges an Zeit verbraten musste, um gewünschte Funktionen zum Laufen zu bringen. Speziell die von den Maintainern der Distributionen vorgenommenen Änderungen, die an mir als Gelegenheits-Linux-Nutzer vorbei gingen, haben mir immer in die Suppe gespuckt. Nach Stunden der Recherche war oft klar „ok, das wurde geändert, musst Du nun so oder so machen“ – und meine Aufzeichnungen in einer dicken Kladde durften aktualisiert werden.
In den letzten Monaten habe ich mir immer mal wieder virtuelle Maschinen mit Linux Mint aufgesetzt, um zu experimentieren – was aber nie in längere Exkursionen ausartete. Irgend etwas klemmte immer in der VM. Und es gab auch nicht „Leidensdruck, zu Linux als Produktivplattform zu wechseln“, da ich zum Bloggen den Windows Life Writer benutzte. Das Teil ist – soweit ich das recherchiert habe – nicht auf Linux zum Laufen zu bringen – Wine hin, Wine her.
Aber das Thema habe ich im September 2024 im Rahmen meines Blog-Umzugs zu all-incl.com abgefrühstückt. Beim Umzug habe ich alle Blogs so konfiguriert, dass diese nur noch über https und abgesichert durch SSL erreichbar sind. Damit fiel der Windows Live Writer als Frontend aus und ich habe meinen Workflow so umgestellt, dass ich direkt im Browser die Blog-Beiträge im klassischen Editor des WordPress Frontends erstellen kann.
Mach mal wieder mehr mit Linux …
Vor gut einem Monat fiel dann der Entschluss, einen Rechner mit Linux zu bestücken und etwas mehr mit zu experimentieren. Wenn es „liefe“, könnte ich ja gelegentlich direkt per Linux am Notebook bloggen. Dummerweise musste ich feststellen, das die als Testsysteme vorgesehene Akoya 1210 Netbook sowie ein altes Sony Notebook durch einen Displaybruch ausfielen.
Unter diesen Geräten hatte ich die Jahre immer mal wieder diverse Linux-Derivate wie Mint, Ubuntu, Knoppix, Q4OS und meine Allzweck-Waffen Puppy Linux sowie Damn Small Linux (DSL) getestet. Der Versuch, den Display-Bruch Ganze durch Verwendung eines externen Monitors zu umschiffen, und die Hardware für Experimente zu verwenden, scheiterte, da ich über den VGA-Ausgang kein Bild des X window-Desktop der Linux-Systeme bekam (Streifen oder unifarbener leerer Desktop). Die im Büro herum stehenden Desktops, die ich dann testete, sind alle so in die Jahre gekommen, dass kein vernünftiger Betrieb unter Linux mehr möglich ist – oder sie leiden unter Hardware-Problemen, die Ausfälle im Betrieb bedingen.
Die Altrechner gebe ich demnächst, bereinigt von Speichermedien, zum Elektro-Schrott. Ich war schon dran, ein günstiges Refurbished Notebook rauszusuchen, als sich eine andere Option ergab.
Es gibt ein Notbook mit Linux
Als ich das Malheur im Blog erwähnte, gab es ein Angebot aus der Leserschaft, mir ein auszumusterndes und zur Entsorgung vorgesehenes Notebook zur Verfügung zu stellen. Habe ich gerne angenommen, und so steht seit einigen Tagen ein Dell Notebook, auf dem ein Linux Mint 22 vorinstalliert war, bei mir für Experimente herum (an dieser Stelle mein Dank an den Leser).
Linux ich komme …
So viel an Vorbemerkungen, warum gerade Mint 22 auf dem Testrechner werkelt, warum ich nicht auf openSUSE hocke oder dieses und jenes probiert habe. Alle Tests finden momentan auch unter der Prämisse „mal eine halbe Stunde Zeit und Lust, um im Wohnzimmer was mit Linux zu frickeln“ statt.
Es klemmt bei Windows NTFS
Die Standard-Geschichten, wie schnell mit im Firefox eine Webseite abrufen, waren aus dem Stand möglich. Um auf meine Mails zuzugreifen, sollte der Thunderbird eingerichtet werden. Also am Desktop den Export angestoßen die 5 GByte große Datei auf eine Festplatte kopiert und versucht, in Mint 22 zu mounten. Hatte ich in Erinnerung, dass dies kein Problem war, da Mint mit NTFS-Treibern geliefert wird. Alleine, ich hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Mint 22 schleuderte mir beim Mounten die Fehlermeldung:
Failed to mount „DISK“.
Error mounting /dev/sda2 at /media/user/DISK: wrong fs type, bad option, bad superblock on /dev/sda2, missing codepage or helper program, or other error.
entgegen. Scheibenkleister. Ich wollte doch nur mal schnell ein Thunderbird-Profil im Thunderbird importieren. Stimme aus dem Off: „Schnell ist schon mal gar nicht, gut Linux-Ding will Weile haben“.
Nach einer kurzen Suche wurde ich hier fündig. Die Erklärung zu Mint 22: The 6.8 kernel is using ntfs3 for mounting and it’s buggy. Die Lösung für Mint 22 wird in diesem Forenthread genannt. Man muss den alten ntfs3-Treiber in der Konsole abschalten. Das ist mir diesem Befehl möglich.
echo 'blacklist ntfs3' | sudo tee /etc/modprobe.d/disable-ntfs3.conf
Im Anschluss ist dann ein Neustart auszuführen. Danach funktionierte der Zugriff auf den NTFS-Datenträger und ich konnte den Import im Thunderbird vornehmen. Die Ausführungen von Bolko in diesem Kommentar habe ich zwar im Nachgang zur Kenntnis genommen (weiß ich zu schätzen) – nur nützte mir das im obigen Kontext nichts – ich mounte nicht händisch die Partitionen und stand ja erst einmal vor dem Problem „da geht nix“. Ergo habe ich mich zur Lösung durchgekämpft.
Gut, vermutlich habe ich mich doof angestellt, so was weiß man doch. Aber ich bin nun schon mal was älter, leide unter Vergesslichkeit, und habe ein „schnell geschwollener Kamm-Syndrom“ dritten Grades. Meine Frau schaute ganz erschrocken ob der Flüche, grinste plötzlich und meinte „Er macht mal wieder in Linux. Du erinnerst dich doch, dass dir unser Nachbar Dirk Hohndel am Gartenzaun ‚Linux ist nix für clickie-buntie-Mausschubser‘ erklärte“. Na ja, ist 24 Jahre her, und das Zeugs sollte irgendwie weiter sein, schließlich „erklären wir seit 30 Jahren den Linux-Durchbruch am Desktop“.
Ok, die NTFS-Geschichte funktioniert, die Revolution am Desktop kann beginnen. Ach so, was ich noch erwähnen sollte: Ich hatte das sofortige Ziel, die Virtualisierung unter Linux auszuprobieren. Also KVM installieren und dann los legen.
Die Sache mit dem Anwendungsmanager
Hier auf meinem Rechner fliegen noch Linux-Installationen in virtuellen Maschinen run. Nachfolgend ist das Startmenü aus Linux Mint 18 zu sehen.
Ich hatte mir gemerkt, die Anwendungsverwaltung aufzurufen, um dort Anwendungen auszuwählen und dann installieren zu lassen.
Die Anwendungen lassen sich in der Anwendungsverwaltung auswählen – alles schön komfortabel. Als ich dann unter Linux Mint 22 die Anwendungsverwaltung aufrief und schnell mal nach KVM oder Virtualbox schauen wollte, fand ich nichts.
So ganz kann ich es nicht mehr nachvollziehen – ich glaube mich zu erinnern, dass ich über die letzten Monate immer mal wieder in Linux-VMs im Anwendungsmanager ergebnislos nach KVM geschaut habe. Beim Schreiben des Blog-Beitrags habe ich in einer VM nachgeschaut. Virtualbox wird mir nun in der Anwendungsverwaltung von Mint 22 als Anwendung angezeigt.
Inzwischen weiß ich durch diesen Kommentar, dass die Anwendungsverwaltung (Version 8.3.3) in Mint 22 in der Werkseinstellung keine ungeprüften Flatpaks anzeigt. Die Option kann über das Burger-Menü, Einstellungen umgestellt werden (siehe obiger Screenshot). Und damit werden mir jetzt auch Einträge wie QUEMU oder Virtualbox im Anwendungsmanager angezeigt.
Parallel dazu habe ich mir Linux Mint Debian Edition (LMDE) in in einer VM installiert. Dort ist die Anwendungsverwaltung in der Version 8.2.8 enthalten. Es gibt keine Option, um ungeprüfte Flatpacks ein- oder auszublenden. Zeigt mir, dass Du unter Linux die Feinheiten der jeweiligen Distributionen und Versionen kennen musst, um nicht vollständig zu versumpfen.
Im nächsten Schritt bin ich dann in der Synaptik-Paketverwaltung gelandet. Dort wurden mir dann zwar bei der Suche nach KVM sehr viele Treffer angezeigt (auch die benötigte GUI aqemu). An der Stelle war ich dann doch etwas überfordert, ad-hoc auszuwählen, was ich gebraucht hätte.
Was machst Du an der Stelle? Was Du immer machst: Du befragst das Internet, wie Du KVM unter Mint 22 einrichtest. Habe ich gemacht, ein gutes Dutzend Anleitungen gefunden, die diese Einrichtung auf Konsoleebene beschrieben und eine davon befolgt. Nach ca. 10 Minuten war KVM eingerichtet und ich konnte unter einer KVM-Oberfläche die erste virtuelle Maschine mit Windows 10 einrichten.
Aber das ist Stoff für Teil 2, wo ich dann auch auf die Frage eingehe, wo mich dort dann plötzlich der Schuh drückte (Windows 10 hatte kein Netzwerk), wie ich es gelöst habe, woran es lag, und wieso ich Virtualbox, welches ich mal schnell testen wollte, um zu sehen, ob der Windows 10-Gast dort auch kein Netzwerk bekommt, einfach nicht eingerichtet bekam. Auch das habe ich gelöst – vielleicht ist das sogar Stoff für Teil 3 der Serie „Lost in Linux-Land“.
Ich weiß, mit den richtigen Vorwissen hätte ich mir einige Schlenker sparen können. Wusste ich aber nicht! Zudem ist das Ganze auch ein netter Test der Art „wir wechseln von Windows zu Linux, da sind die Töchter doch schöner“, das was man ja schon mal landläufig Otto-Normalanwender empfiehlt.
Die Artikelreihe ist auch ein bisschen ein Spiegel, was ggf. schief läuft. Ich denke dabei an die Kommentare hier. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen – die begrüße ich ausdrücklich – haben sie mich Stückchen für Stückchen zur Lösung der diversen Problemchen geführt. Aber im Sinne „er ist a bisserl Borniert“ – es nutzt mir nix, wenn ich lese „mit openSUSE wäre das nicht passiert, da gibt es Yast“, oder „man mountet …“, oder „bei mir läuft Virtualbox ohne Probleme“. Alles richtig – nutzt mir aber nichts, wenn ich a) an einer Maschine mit Mint 22 sitze und dort eine Lösung brauche. Und wenn Virtualbox beim Einrichten streikt, muss ich mich durchkämpfen, um die Ursache zu finden und zu beseitigen (habe ich inzwischen).
Aktueller „Glaubensstand bzw. Mindset“: Ich denke, ein Linux Mint out of the box, um ein wenig zu surfen und zu mailen, lässt sich für normale Anwender gut verantworten. Sobald aber mehr gemacht werden soll, braucht es Nerv, um die Klippen, die sich auftun, durch Recherche und Tests zu umschiffen. Ist alles machbar, braucht aber Geduld und Pertinenz und die Bereitschaft, sich einiges an Wissen (was bei Windows entweder nicht erforderlich ist, oder intuitiv durch jahrzehntelanger Umgang vorliegt) anzueignen.
An manchen Stellen hätte ich mir dann „weniger kreative Maintainer“ gewünscht. Denn auch das ist eine Erfahrung die ich in den letzten 15 Jahren in zahlreichen Linux-VMs, zur gelegentlichen Benutzung aufgesetzt, machen durfte. Etwas, was problemlos in irgend einer Ubuntu- oder Mint-Version ging (z.B. Zugriff auf das Windows-Netzwerk des Hosts), ging plötzlich in der nächsten Version ums verrecken nicht mehr. Damit ist erst mal Schluss mit Teil 1 – muss mal schnaufen. Irgendwann kommt Teil 2, wie ich Windows 10 in KVM das Netzwerk beigebogen habe und so weiter.
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Nur eine Gegenfrage aus dem Off:
Wie sähe Dein Abend und Frusthorizont aus, wenn Du gleiche Aufgabenstellung umgekehrt versucht hättest?
In einem Win10 eine ext4 oder ZFS-Partition aus Linux zu mounten?
Frage für einen Freund…
Immerhin hast Du geschafft, Windows dort laufen zu lassen, wo es dem Namen nach hin gehört: in einem Fenster :-)