Weiteres Anerkennungsurteil gegen die 1N Telecom GmbH

ParagraphKurze Aufbereitung des Sachstands „Opfer gegen die 1N Telecom GmbH“, die ja mit in meinen Augen „windigen Methoden“ versucht, Schadensersatz von vermeintlichen Kunden einzutreiben. Mir liegt ein zweites Anerkennungsurteil des Amtsgericht Ansbach gegen die 1N Telecom GmbH vor, wo das Gericht urteilt, dass kein Vertrag zustande gekommen sei. Hält die 1N Telecom GmbH nicht davon ab, die Forderungen über den BID Bayerischer Inkasso Dienst einzutreiben.

Rückblick: Um was es geht

Die 1N Telecom GmbH versucht seit Jahren „Opfer“ mit windigen Geschäftsmethoden zum Vertragswechsel von der Deutsche Telekom AG zu verleiten. Bei manchen Opfern wurde ein Vertragswechsel unter Vorspiegelung bestimmter Tatsachen von der Deutsche Telekom hin zur 1N Telecom GmbH initiiert. Bei den letzten Opfern wird ein Vertragsverhältnis mutmaßlich nur vorgetäuscht – die Adressen der Opfer stammen (mutmaßlich) aus Gewinnspielen.

  • In allen Fällen sie es so aus, dass die Opfer nach dem Wechsel oft mit nicht funktionierenden Internet- und Telefonanschlüssen dastanden.
  • Opfer, die den Wechsel verweigerten, sehen sich mit einer Forderung in Höhe von ca. 420 Euro konfrontiert, weil der Vertrag nicht erfüllt wurde.

Letzteres droht auch Opfern, deren Adressen mutmaßlich aus einem Gewinnspiel übernommen wurden.

Juristische Scharmützel und Inkassofirmen

Die Deutsche Telekom ging juristisch wegen der Werbebriefe gegen die 1N Telecom GmbH vor, und die Verbraucherzentralen warnen seit 2023 vor dieser Masche. Ich hatte diesen Sachverhalt erstmals im Blog im Beitrag Verbraucherzentrale Niedersachsen: Warnung vor Vertragswechsel zu 1N Telecom aufgegriffen und dann in weiteren Artikeln (siehe Links am Beitragsende) fortgeschrieben.

Inzwischen liegen Anzeigen gegen den Geschäftsführer der 1N Telecom GmbH wegen Betrug vor (werden bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf gesammelt, ein Aktenzeichen kenne ich nicht), und die Verbraucherzentralen haben diverse Gerichtsverfahren gegen das Unternehmen angestrengt.

Inzwischen ist es so, dass der Inkassodienstleister Riverty aus Baden-Baden ausgestiegen ist (siehe Neues von 1N Telecom: Firmensitz verlagert? Inkasso-Firma ausgestiegen?). Inzwischen werden die Forderungen über den BID Bayerischer Inkasso Dienst eingetrieben (siehe 1N Telecom: Forderungen kommen über BID Bayerischer Inkasso Dienst (Dez. 2024)).

Urteil des Amtsgerichts Leipzig

Anfang Dezember 2024 ist vom Amtsgerichts Leipzig (Aktenzeichen 109 C 1409/24) ein Urteil in einem speziellen Fall gegen das Unternehmen ergangen. Das Gericht sieht es, nach einer Klage der Verbraucherzentrale Sachsen, als erwiesen an, dass durch die Postwurfsendungen der 1N Telecom GmbH im April 2023 eine Vertragsbeziehung zur Deutschen Telekom vorgetäuscht wurde.

Die 1N Telecom GmbH hat wohl gegen eine „betagte“ Verbraucherin, unter anderem auf Vertragserfüllung und Tarifzahlung, geklagt. Doch der Betroffenen sei „offenbar unter Vortäuschung einer Vertragsbeziehung der Klägerin“ zur Deutschen Telekom ein „unbrauchbarer und überflüssiger zweiter Festnetzvertrag untergeschoben“ worden, geht wohl aus dem ergangenen Urteil hervor (siehe Verbraucherzentrale erringt Urteil gegen 1N Telecom GmbH).

Die Zivilabteilung I des Amtsgerichts Leipzig hat mit dem oben erwähnten Beschluss einen Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hagen vom Februar  2024 aufgehoben und die Klage von 1N Telecom abgewiesen. Die Kosten muss das Unternehmen tragen.

Zweites Urteil des Amtsgerichts Ansbach

Blog-Leser Michael Feldner hatte sich zum 28. Dezember 2024 in diesem Kommentar zu Wort gemeldet. Der Leser ist wohl auch Opfer der 1N Telecom GmbH, hat aber Klage vor dem Amtsgericht Ansbach gegen den Anbieter erhoben. Mit Datum vom 13.12.2024 erging ein „Teil-Anerkenntnis- und Endurteil“ (AZ: 4 C 653/24) des Amtsgericht Ansbach, welches mir vorliegt).

Urteil (AZ: 4 C 653/24) des Amtsgerichts Ansbach gegen die 1N Telecom GmbH

Vom Gericht wurde in diesem Urteil festgestellt, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten kein Vertragsverhältnis über Telekommunikationsleistungen besteht. In Folge wird festgestellt, dass der Beklagten keine Ansprüche aus dem vermeintlichen Vertragsverhältnis, insbesondere:

  • keine Ansprüche auf Zahlung einer monatlichen Vertragsgebühr in Höhe von 34,99 € für den Zeitraum von April bis September 2024
  • kein Anspruch auf Verzugsschäden
  • sowie kein Anspruch auf Schadensersatz wegen vorzeitiger Vertragsbeendigung gegen den Kläger zusteht.

Im Urteil werden der Beklagten (1N Telecom GmbH) die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Und das Urteil ist für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Interessant ist die Urteilsbegründung des Gerichts, aus der ich auszugsweise zitiere.

Laut Gericht kann „im wesentlichen dahinstehen, ob zwischen den Parteien (zunächst) ein Vertrag durch die Rücksendung der vom Kläger unterzeichneten 4. Seite des Werbeschreibens der Beklagten zustande kam“. Das Amtsgericht Leipzig, 109 C 1409/24 geht schon davon aus, dass kein wirksamer Vertragsschluss vorliegt. Denn dieser Vertrag wurde vom Kläger wirksam angefochten wegen arglistiger Täuschung, §§ 123 Abs. 1, 124 Abs. 1, 142 BGB.

Das Gericht in Ansbach hat ebenfalls keine Zweifel daran, dass die Beklagte den Kläger (und eine Vielzahl weiterer Kunden der Deutschen Telekom) durch die Gerichts-bekannt massenweise versandten personalisierten Werbeschreiben zum Vertragswechsel bringen wollte.

Das von der Beklagten verwendete personalisierte Werbeschreiben an den Kläger ist laut Urteil irreführend im Sinne des § 5a UWG und hat beim Kläger einen Irrtum betreffend seiner Willenserklärung im Rückantwortschreiben auf einen Vertragsschluss mit der Beklagten hervorgerufen. Das Gericht geht im Urteil auf einige Punkte ein, warum es das Werbeschreiben für irreführend hält (z.B. Angabe von Telefonnummern bei der Deutsche Telekom“.

Dass der eigentliche Zweck des Schreibens ein Vertragswechsel von der Telekom zu der Beklagten ist, werde, so das Gericht, lediglich verklausuliert an letzter Stelle, kurz vor der Unterschrift des Klägers angesprochen. Das Gericht in Ansbach zitiert das LG Düsseldorf, Urteil vom 18.08.2023, 38 O 88/23 Rn. 24ff, in dem es um irreführende Werbeschreiben  geht.

Das Urteil lässt sich so zusammenfassen: Der Kläger hat auf voller Linie Recht bekommen und ein vollstreckbares Urteil erhalten. Spannend wird es nun, weil dem Kläger am 28.12. 2024 ein Schreiben des BID Inkassodienst vom 19.12.2024 zuging. Im Inkassoschreiben wurde Fristsetzung zum 28.12.2024 die Zahlung der ausstehenden Forderung angemahnt  – da soll wohl Druck gemacht werden. Der Kläger hat dieses Inkassoschreiben inzwischen an seinen Rechtsanwalt weiter geleitet.

Es sieht mir so aus, als ob die Mühlen der Justiz langsam mahlen, aber sie mahlen. Opfern wird empfohlen, Strafanzeige wegen Betrug bei der Polizei zu stellen und die Verbraucherzentralen oder Rechtsanwälte zu kontaktieren. Bei der Südwest Presse gibt es übrigens diesen Artikel mit einer weiteren Zusammenfassung.

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8 Antworten zu Weiteres Anerkennungsurteil gegen die 1N Telecom GmbH

  1. Stephan sagt:

    Anerkenntnis-Urteile gelten NUR für diesen einen Fall und sind daher für andere Geschädigte wertlos

  2. Luzifer sagt:

    Warum existiert diese Firma überhaupt noch? Da versagt doch unser Rechtssystem auf gesamter Linie!
    Sorry, aber das sollte doch mittlerweilen auch den dümmsten Richtern der Welt, klar sein das es da um Betrug im großen Stil geht. Die Firma gehört liquidiert.

    Naja mir kann es ja egal sein, ich kann Telekom von 1N Telecom auch im Schlaf unterscheiden… aber die Pressemitteilungen zeigen da ja ein anderes Bild.
    Ich hab da auch nicht unbedingt Mitleid, aber das geht ja jetzt schon eine ganze Weile so und unser Staat schaut nur zu… das geht gar nicht!

    Wahrscheinlich noch kein Politiker oder VIP betroffen, sonst wäre das SEK bestimmt schon ausgerückt… die Rücken ja gerne mal aus wenn ein Poltiker involviert ist. Sogar mit ner Manschaftsstärke die nach Antiterroreinsatz aussieht auch wenn es nur um nen „so ein Pimmel“ geht. DA sieht man halt mal wo die Prioritäten liegen.

    • Noize sagt:

      Das Problem ist mittlerweile nicht mehr, dass jemand „1N Telecom“ nicht von „Telekom“ unterscheiden kann. Das war in der ersten Welle so, wo gezielt betagte Tekekom-Kunden angeschrieben wurden. Inzwischen (seit August) läuft es größtenteils über gefälschte Gewinnspiele der im Ausland sitzenden Firmen Cosinova Ltd, Parkside Marketing Ltd, Bluereen Media Ltd, CheetahHills Ltd und ZooLoo LLC. Es wurde aber auch Leuten eine Kündigung samt Rechnung geschickt, die nie an solchen Gewinnspielen teilgenommen haben. Woher die Daten in diesen Fällen stammt ist unklar. bei einigen Betroffenen gab es im Vorfeld Vertragsverlängerungen bei ihrem Anbieter (selbst initiiert und beim selben Anbieter geblieben). Ob es hier einen Zusammenhang gibt, kann aber bestenfalls vermutet werden.

      • Günter Born sagt:

        Selbst die ersten Fälle mit „Unterschrift“ wurden inzwischen von Leipzig und Ansbach für nichtig und Täuschung der Verbraucher erklärt – geht aus dem mir vorliegenden Urteilstext aus Ansbach hervor.

        • Noize sagt:

          Ich weiss, und darüber bin ich auch sehr gkücklich für die Betroffenen. Ich wollte nur klarstellen, dass es nicht unbedingt an der Namensverwechslung liegt, dass man in die Fänge von 1N gerät

  3. User007 sagt:

    Hi…

    Ach man, das mit weiteren Anerkennungsurteilen usw. ist doch auch nur „Augenwischerei„. Schaden ist doch dann schon immer (reichlich) eingetreten – hier wäre systemisch unabdingbar zwingend Präventivschutz zu priorisieren!

    Sorry, aber das „Versagen“ des Rechtssystems wird hier leider wieder mehr als offensichtlich, weil einfach so einem mit Betrugsvorsatz intendiert agierendem Menschen mal nicht stumpf und zeitnah vom System die Grundlage für solcherlei Machenschaften/Möglichkeiten entzogen wird.
    Da gehört ein rigoros konsequent an die Person bezogenes Strafverfahren mit Antrag auf Strafzumessung NICHT unter fünf Jahren dran – alles andere ist Kasperkram und hätte auch keinerlei Präventivwirkung für „Nachahmer“! 🤷‍♂️

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