Ab 28. Juni 2025 müssen Webseitenauftritte und Webshops gemäß Gesetz zur Barrierefreiheit (BFSG, kurz Barrierefreiheitsstärkungsgesetz) die Vorgaben zur Barrierefreiheit erfüllen. Viele Webseiten bzw. Online-Shops erfüllen diese Anforderungen bisher aber nicht. Hier ein kurzer Überblick des Sachstands.
Barrierefreiheitsstärkungsgesetz wirkt ab Juni 2025
Das BFSG wurde am 15.06.2022 verabschiedet und definiert für Produkte und Dienstleistungen, die nach dem 28.06.2025 in den Verkehr gebracht bzw. erbracht werden, bestimmte Barrierefreiheitsanforderungen. Darunter fallen u.a. der gesamte Online-Handel, Hardware, Software, aber auch Personenverkehr oder Bankdienstleistungen. Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) wurde im Juli 2021 der European Accessibility Act (EAA) ins nationale Recht überführt. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz betrifft Hersteller, Händler und Importeure von bestimmen Produkten sowie Dienstleistungserbringer.
Kleinstunternehmen (Unternehmen, die weniger als zehn Personen beschäftigen und entweder einen Jahresumsatz von höchstens 2 Millionen Euro erzielen oder dessen Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 2 Millionen Euro beläuft) sind vom Gesetz teilweise ausgenommen.
Bei Nichteinhaltung können Marktüberwachungsbehörden die Bereitstellung des Produkts oder der Dienstleistung einschränken oder untersagen oder dafür sorgen, dass Produkte zurückgenommen oder zurückgerufen werden. Dies betrifft nicht nur Hersteller, sondern auch Händler und Importeure.
Die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen werden durch die Verordnung zum BFSG geregelt. Bei der Erfüllung der Anforderungen ist der Stand der Technik zu beachten. Konkrete Anforderungen ergeben sich aus verschiedenen Normen und Standards, die über die Bundesfachstelle Barrierefreiheit veröffentlicht werden. Es gilt Konformitätsvermutung auf Grundlage harmonisierter Normen und technischer Spezifikationen.
Das BFSG gilt für folgende Produkte, die nach dem 28.06.2025 in den Verkehr gebracht werden:
- Hardwaresysteme einschließlich Betriebssysteme
- Selbstbedienungsterminals: Zahlungsterminals, Geldautomaten, Fahrausweisautomaten, Check-in-Automaten, Selbstbedienungsterminals zur Bereitstellung von Informationen
- Verbraucherendgeräte mit interaktivem Leistungsumfang, die für Telekommunikationsdienste oder für den Zugang zu audiovisuellen Mediendiensten verwendet werden
- E-Book-Lesegeräte
Das BFSG gilt für folgende Dienstleistungen, die für Verbraucherinnen und Verbraucher nach dem 28.06.2025 erbracht werden:
- Telekommunikationsdienste
- Elemente von Personenbeförderungsdiensten: Webseiten, Apps, elektronische Tickets und Ticketdienste, Bereitstellung von Verkehrsinformationen, interaktive Selbstbedienungsterminals
- Bankdienstleistungen für Verbraucher
- E-Books und hierfür bestimmte Software
- Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr
Die IHK-München hat einen Leitfaden rund um dieses Thema veröffentlicht. Bei heise ist man kürzlich im Artikel 99 Prozent der deutschen Onlineshops erfüllen BFSG noch nicht auf das Thema im Rahmen einer Bestandsaufnahme eingegangen. Bei Onlineshops sieht der Erfüllungsgrad noch mau aus. Auch Golem hatte sich im Herbst 2024 in diesem Beitrag mit dem Thema befasst.
Der eine oder andere Kommentar in den verlinkten Artikeln ist erschreckend. Es scheint so, dass manche Zeitgenossen nichts aus dem Nationalsozialismus gelernt haben, indem sie von „Minderheiten“ sprechen, die man durch „Überregulierung“ mitnehmen müsse. Spätestens dann, wenn das eigene Kind mit körperlichen und / oder seelischen Einschränkungen oder Behinderungen geboren wird, stellt sich die Frage, wie es an der Gesellschaft teilhaben kann. Gehört es dann auch zu einer Minderheit oder zur Gesellschaft?
Die WCAG-Richtlinie gibt es seit Mai 1999. Die USA haben ihren „Americans with Disabilities Act“ (ADA) bereits 1990 in Kraft gesetzt.
Viele Websites entstammen Baukästen oder Templates. Selbiges gibt es auch in puncto Zugänglichkeit (engl. Accessibility). Es gibt unzählige, teils kostenlose Tools, Sammlungen, Vorlagen und weiß der Geier, um Websites, Portale, Shops und Co. zugänglich zu machen. Man muss sie nur halt nutzen.
Die Themen Usability (dt. Benutzerfreundlichkeit) und Accessibility (dt. Zugänglichkeit) sind für mich unzertrennbar.
verständlich bei öffentlichen Seiten usw. die müssen alle bedienen… ich muss das jedoch nicht! Noch kann ich mir aussuchen für wenn ich etwas mache und mit wem ich Geschäfte mache oder nicht.
Sorry ich hab nix gegen Behinderungen, Schwule, Lesben, andere Glaubensrichtungen usw. Ich lasse die in Ruhe, die lassen mich in Ruhe, nur bedeutet das nicht das ich mich mit diesen auch umgeben muss. Die müssen sich ja auch nicht mit mir abgeben…
Es ist meine Entscheidung für wenn ich meine Seiten betreibe und wenn mein Angebot eben nicht für diese Gruppen optimiert ist dann ist das so, ich schließe die nicht grundsätztlich aus, aber wenn sie mein Angebot nutzen wollen müsen sie sich eben selbst drum kümmern, das auch zu können.
Es ist schon aufwendig genug eine Seite sicher und safe zu betreiben, da hab ich nicht auch noch die Zeit und Resourcen es für jeden erdenklichen Fall zugänglich zu machen.
Man muss eben auch mal akzeptieren, das ich mit Einschränkungen eben auch nicht alles machen kann. Ist hart ist aber eben so.
Natürlich darfst du selbst entscheiden, mit wem du Geschäfte eingehst und mit wem nicht. Du hast nur einen Punkt vergessen, nämlich, ob dein Angebot öffentlich ist oder nicht. Demzufolge kannst du eine Website auch für die Öffentlichkeit „sperren“, indem du entsprechende Maßnahmen (Anmeldung für einen bestimmten Personenkreis oder Registrierung für die Allgemeinheit) anwendest.
Ein einfaches Beispiel: Ich bin funktionell einäugig, nicht sehbehindert, sondern seheingeschränkt. Ich darf das Auto im Straßenverkehr bewegen. Einzige Einschränkung: Ich muss eine Brille tragen, aber sie trage ich ohnehin den ganzen Tag (außer beim Schlafen). Ich möchte mich also bei den Autoherstellern und Autohäusern vernünftig informieren und durch deren digitale Angebote navigieren können. Warum also sollte ich vom Angebot ausgeschlossen werden? Weil ich seheingeschränkt bin?
Du pauschalisierst Einschränkungen und Behinderungen und das für alle Arten. Gesellschaftliche Teilhabe kann nur funktionieren, wenn man seine Mitmenschen nicht vom Angebot ausschließt, nur weil sie etwaige Einschränkungen oder Behinderungen haben. Warum du jetzt auch noch Sexualität und Religion einbringst, ist mir schleierhaft.
Dass Websites heute „aufwendig genug“ sind, um sie „sicher und safe zu betreiben“, hat damit etwas zu tun, dass sie nur noch zusammengeschustert sind, weshalb sich Sicherheitslücken schneller und besser verteilen.
Die WCAG-Richtlinie ist gar nicht so kompliziert, wie viele das gerne darstellen. Es mangelt vielen Entwicklern, aber auch Seitenbetreibern schlicht an Disziplin. Es gibt wie gesamt unzählige, teils kostenlose Tools, Sammlungen, Vorlagen und weiß der Geier, um Websites, Portale, Shops und Co. zugänglich zu machen. Man muss sie nur halt nutzen.
Nein, es ist eben nicht deine Entscheidung. Willkommen in einer sogenannten Gesellschaft.
Wer > 2 Mio Jahresumsatz macht kann sich locker eine Website erstellen bzw. anpassen lassen um diese Vorgaben einzuhalten.
Oder anders: Du kannst überhaupt nicht wissen wie viel Umsatz/Gewinn dir entgeht, weil Menschen mit Einschränkungen auf deiner lumpigen Seite nicht einkaufen können.
Frei nach dir: Ich habe nichts gegen Ewiggestrige, aber sobald sie in der Öffentlichkeit agieren müssen sie sich halt anpassen.
Moin,
weil man Barrierefreiheit hat hinbekommt, da es sehr viele Einschränkungen gibt, spricht man schon von barrierearm.
Bei uns weiteren für Daten, Bilder etc. keine guten Alternativtexte geschrieben. Hier interessiert es einige nicht und es wird eh schnell vergessen.
Das Barrierefreiheitstärkungsgesetz (BFSG) ändert daran auch wenig.
MfG,
Blackii
Ich kann nur empfehlen, einmal einer geübten blinden Person bei der Arbeit an einem ganz gewöhnlichen PC zuzuschauen. Da kommt so mancher sehende Zwei-Finger-Tipper nicht mit.
Zumal es schon seit Ewigkeiten Softwareprodukte gibt, die blinden Menschen sehr helfen.
Ich habe mal vor über 20 Jahren einen blinden Menschen kennengelernt, der mir dann seinen PC gezeigt hat.
Daran angeschlossen war ein Scanner und Lautsprecher.
Er hat mit dem PC normale Zeitungen und Bücher gelesen:
Zeitung auf den Scanner gelegt, Seite eingescannt und der PC hat ihm den Text vorgelesen.
Und selbst das Vorhandensein von Bildern hat der PC sprachlich mitgeteilt.
Die Erkennungsrate des Systems war bei über 99%
Und wie geschrieben: Das ist über 20 Jahre her, damals gabs so etwas wie KI o.Ä. noch gar nicht.
Und ähnliche Software gibt es auch schon seit vielen vielen Jahren, die einem Webseiten etc. vorlesen und es ermöglichen, die Sachen per Sprachbefehlen zu bedienen.
Alternativ gibts Braille-Touchpads, die das in Brailleschrift darstellen, die ein Blinder dann mit den Fingern lesen und bedienen kann.
Geht auch ganz ohne KI.
Gibts bloß nicht für ein paar Euro, sondern solche Systeme sind richtig teuer.
Meist werden die Sachen aber von der Krankenkasse o.Ä. bezahlt.
Wobei mit dem Verschwinden von Flash und generell ActiveX sich die Lage leicht verbessert har. Früher(tm), also Anfang 2000er Jahre wurden teilweise Navigationsleisten und Menüs mit dem Schmus gemacht und es lachten überall einem Buttons am Ende einer Seite an: „Best viewed with Internet Explorer 4“.
Heute besteht die Gefahr, dass depperte Devs und kaputte Unternehmen meinen, dass deren Seiten nur im Chrome nutzbar sei.
Ich habe schon seit Jahren keine Internetseite mehr gesehen, die nur mit dem einen oder anderen Browser funktionieren soll. Hast du da ein aktuelles Beispiel?
Mit der Unterstützung für die Chrome Engine macht man aber auch nichts falsch. Wenn man sich die Zahlen zur Browsernutzung ansieht, dann ist Chrome seit Jahren an der Spitze und andere Big Player nutzen inzwischen die Chrome Engine (wie Edge, Opera). Da gibt es nur noch Safari mit der eigenen Engine als ernstzunehmende Alternative (wobei hier die meisten User von mobilen Geräten kommen dürften). Der Firefox ist über die letzten Jahre zu einer Randerscheinung geworden (Marktanteil unter 3%) und da bin ich echt mal gespannt wie lange der sich noch halten kann oder ob er auch nachgibt und auf die Chrome Engine wechselt.
Ich als Nicht-Entwickler verstehe ohnehin nicht, warum die Browser Engine so ein Unterschied machen kann. Wenn der HTML5-Standard von der Engine sauber umgesetzt wird, dann darf es in der Ausgabe kein Unterschied geben. Also entweder nutzen die Entwickler irgendwelche Sonderlocken von den Browsern oder die Browser-Hersteller implementieren den Standard nicht sauber, so oder so, irgendwer hat ein Bock geschossen.
Das mit der Barrierefreiheit kann noch lustig werden. Am ehesten sehe ich da noch Internetseiten von Behörden, die das zum größten Teil umsetzen. In Behörden gibt es oft aber auch Personen die extra für solche Tätigkeiten abgestellt werden und darauf achten, dass z.B. Barrierefreiheit umgesetzt wird. Das beginnt mein Zugang zum Gebäude und endet irgendwann auf der Internetseite. Als Nicht-Betroffener hat man für so manche Dinge auch überhaupt gar kein Blick, da finde ich es schon gut, dass da jemand ein Auge darauf hat.
Chrome-only-Internetseiten: Doch, gibt es, durchaus auch von namhaften Unternehmen. Beispiele der letzten Zeit, die mir konkret einfallen, sind UPS und Easyjet. Wie „Heiko A.“ bereits schrieb, muss das nicht heißen, dass gar nichts funktioniert; bei UPS beispielsweise konnte ich ein bestimmtes Zollformular im Firefox nicht herunterladen.
Barrierefreiheit: Nicht nur Behörden kennen „Barrierefreiheit-Beauftragte“. Auch bei meinem Arbeitgeber (größeres Unternehmen) wird jede App und jede Webseite von einer solchen Person geprüft, und ich hoffe und gehe davon aus, dass wir da kein Einzelfall sind.
Behinderten-Verbände sind da übrigens auch recht aktiv; kaum kann man in der Presse von einen neuen Vorhaben lesen, schon melden die sich und wollen wissen, was wir denn zu tun gedenken, um die Barrierefreiheit sicherzustellen. Kann etwas nerven, finde ich aber eigentlich gut.
Ich habe beobachtet, dass einzelne Website sogar nur in Microsoft Edge („Ätsch“) funktionieren, weil teilweise im Browser integrierte Blocker (z. B. bei Firefox, Chrome oder auch im Brave) oder ähnliche Funktionalitäten irgendwelche Sachen blockieren, die im Ätsch tadellos funktionieren.
Ich mache mir noch keinen Reim daraus, woran es genau liegt, selbst wenn einzelne Websites in meiner weißen Liste (Whitelabel) stehen. Da funktioniert mal ein Button nicht, dort eine Verlinkung, hier die Weiterleitung (z. B. zu PayPal), mal werden Image-Slider falsch dargestellt usw.
Unter den am 12. Dezember 2024 veröffentlichten ‚Ethical Web Principles‘ (https://www.w3.org/TR/ethical-web-principles/) schreibt das W3C
„The web can be consumed in any way that people choose“ (Punkt 2.12).
Wer in der heutigen Zeit darauf baut, dass Websites immer noch nur mit HTML (funktioniert auch auf Textsystemen ohne grafische Oberfläche) lesbar sind (das ist technischer Standard, der von CSS und aktiven Elementen ergänzt werden kann) und beim Datenaustausch das einfache Textformat Internet-Grundlage ist (wird auch aus Sicherheitsgründen empfohlen), bekommt überall den Zugang verwehrt.
Wenn auch öffentliche Stellen sich nicht an die Grundregeln des Internets halten, wie wollen wir dies von kommerziellen Angeboten einfordern?
Ich habe den Artikel bei Heise gesehen und war nach einiger Recherche in mehrfacher Hinsicht enttäuscht. Journalistisch eine Katastrophe, denn das Gesetz verpflichtet einen verschwindend geringen Anteil der Webseiten überhaupt (es sind nur wenige spezielle Leistungen erfasst) und 99,5% aller Betreiber müssen nichts leisten. Da wurde ein komplett anderer Eindruck vermittelt. Und viele Sekundärquellen verweisen dann auf Standards (Gebärdensprache, …), die ebenfalls nicht verpflichtend sind. Auch werden Ausbildungsbetriebe und Hochschulen nicht verpflichtet, Webentwickler zu Schulen und Baukastenentwickler werden auch nicht in die Pflicht genommen. Ebenso nicht die Wirtschaftsprüfer, ein Testat zu verweigern. Ein typischer Sturm im Wasserglas.
Eine barrierefreie Webseite ist eigentlich recht einfach:
Plain HTML. Keine Javascript-Menüs, kein unnötiges Rumgeblinke etc.
Einfach alles zeug weglassen, das für den Betrieb der Seite nicht notwenig ist. KISS > Keep it simple stupid, dann hat man da gar nicht mehr soviel Extraarbeit.
Heutige Webseiten sind üblicherweise total überfrachtet und haben einen grauenhaften Code, der von irgendwelchen Hilfsprogrammen generiert wurde weil 80% der Leute gar kein HTML können bzw. sich nicht damit beschäftigen wollen.