Ich hatte ja bereits vor einigen Wochen im Artikel Frühling! DSL-Drossel im Anflug? auf den Sachverhalt hingewiesen: Es ging das Gerücht um, dass die Telekom bei DSL-Nutzern eine Drosselung der Übertragungsgeschwindigkeit vornimmt, sobald ein bestimmtes, monatliches Datenkontingent überschritten wird. Nun gibt es Details.
Zum 2. Mai 2013 werden die Leistungsbeschreibungen der Call&Surf- und Entertain-Verträge umgestellt. Diese sehen dann Highspeed-Volumengrenzen vor. Bei überschreiten der monatlichen Volumengrenze sieht die neue Leistungsbeschreibung eine einheitliche Reduzierung der Internetbandbreite auf 384 Kbit/s vor. Also: Wer DSL 16.000 bucht und mehr als 75 GByte monatlichen Datentransfer hat, fällt beim Überschreiten auf 385 KBit/s bis zum Ende des Tarifmonats zurück – die DSL-Drossel schlägt zu.
Technisch will die Telekom diese Drosselung nicht vor dem Jahr 2016 umsetzen. Blogger Caschy hat hier den Sachverhalt und die Datengrenzen aufgelistet. Auch bei Spiegel Online findet sich die Information.
Geschwindigkeit | Datenvolumen |
< 16.000 KBit/s | 75 GByte |
< 50.000 KBit/s | 200 GByte |
< 100.000 KBit/s | 300 GByte |
< 200.00 KBit/s | 400 GByte |
Selbst für die private Nutzung im Bereich bis DSL 16.000 stellen die 75 GByte keine “unerreichbare Grenze” dar, sondern sind bei zügiger Nutzung durchaus zu erreichen. Kritischer wird es bei Firmen, wo dann ganz fix die Datenvolumina gerissen werden. Passt irgendwie nicht so richtig zu den Plänen vom “schnellen Internet für jeden 2. Haushalt”, den Neelie Groess. Wie ich kürzlich hier und hier lesen konnte, will Kroes erreichen, dass spätestens ab 2020 jeder 2. EU-Haushalt Zugang zum schnellen Internet mit mindestens 100 MBit/s erhält.
Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Ankündigung der Telekom, letztendlich die Internet-Flatrate abzuschaffen, nicht auf Friede, Freude, Eierkuchen stößt. Martin Geuß von Dr. Windows macht sich in diesem Artikel so einige lesenswerte Gedanken. Mal abgesehen davon, dass DSL-Drosselung und Digital Entertainment per Breitband schlecht zusammen gehen und rückwärts gewandt zu sehen sind, wäre es ein dicker Hund, wenn Traffic nicht gleich Traffic ist. Also: Daten, die von Telekom-Servern abgerufen werden, zählen nicht, während Datenabrufe außerhalb der Telekom-Netze gemonitored werden. Wie Caschy schreibt, werden auch Sprachdienste (IP-Telefonie) nicht in das Datenvolumen einbezogen. Das Handelsblatt ist da konsequent und ruft nach dem Kartellamt – aber, ob die was machen können oder wollen? Ist alles jedenfalls nicht gut …
Auch ein netter Kommentar dazu:
http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/sascha-lobo-ueber-dsl-flatrates-die-telekom-erdrosselt-das-internet-a-895975.html
@HPM: Danke für den Kommentarnachtrag. Hatte ihn schon kurz gesehen – aber eine Frühjahrsgrippe zwingt mich momentan vom Rechner und vom Bloggen weg.
Ach ja, bevor ich es vergesse – laut heise.de plant Vodafone keine DSL-Drossel. Wenigstens eine positive Nachricht heute.
Kleiner Nachtrag: Hier hat Spiegel Online einen Beitrag zum Thema veröffentlich. Tenor: Der liebe Phillip (Rösler) „zeigt sich besorgt“ – und ganz fett: die wilde Ilse (Aigner) „verlangt eine Prüfung“.
Zeigt mir, wie rückwärtsgewandt der ganze Politikbetrieb in Berlin ist. Momentan werden wir von einer Horde alter Männen (und Frauen) um die Zukunft unserer Kinder und Enkel gebracht. Während zum Jahresanfang die GEZ-Haushaltsabgabe für den suventionierten Staatsfunk geräuschlos durchflutschte, ein Euro-Rettungspaket nach dem anderen durchgewunken wird – und momentan in jeder Talkshow der Uli (Hoeneß) rauf und runter diskutiert wird, schiebt die Telekom einfach mal die Netzneutralität beiseite. Sturm der Entrüstung in den öffentlich Rechtlichen? Plasberg „Warum die Telekom Deutschland die Zukunft stiehlt?“ – Jauch „Die Telekom kann ‚Internet auch langsam‘?“ etc. – mitnichten, da herrscht Schweigen im Äther – ist ja nicht deren Medium.
Und die Politik drängt sich vor die Mikros und Kameras und gibt die neueste Stammtischparole zu Hoeneß zum besten (wobei das, bei Licht betrachtet, Sache den bayrischen Finanzbehörden und des bayrischen Finanzgerichts sein wird, da drüber zu urteilen). Nur in Punkte „Netzneutralität“ kommt da nix – dabei wäre es ganz einfach: Ein kleiner Passus in der Telekommunikationsverordnung „die Anbieter stellen Netzneutralität sicher“ – und schon wäre dem Ganzen ein Riegel vorgeschoben. Will man nicht, kann man nicht, oder was auch immer ….
… armes Deutschland. Da fällt mit dieser (mich persönlich verstörende) Kommentar ein, den ich vor ein paar Tagen gelesen habe. Bin zwar selbst „Baby Boomer“ – hatte mir aber eingebildet, in bestimmten Sachen doch ziemlich progressiv zu denken. Da kommt mir das Interview von unserem lieben Norbert (Röttgen), hier vor einem Jahr gegeben ziemlich visionär vor. Nach dem Motto „Packen wir’s an“, empfehle ich die Lektüre dieses heise.de-Artikels. Und anschließend reicht ihr bei der EU-Kommission eure Forderung auf Netzneutralität ein. Wäre schon mal ein Anfang…