Die Sprache der Ingenieure ist international

Wie ist es eigentlich, wenn man Verhandlungen über technische Lösungen mit Auftragnehmern führen soll, die nur japanisch sprechen, man selbst aber nicht mal japanisch lesen kann? Auch da habe ich eine Überraschung erlebt.

Bei meinem ersten Arbeitsaufenthalt in Japan hatte ich die Aufgabe, eine Biotechnik-Anlage mit zu konzeptionieren. Dazu gehörte auch, vorgeschlagene technische Lösungen für Unterkomponenten mit potentiellen Unterauftragnehmern zu begutachten und da ggf. mein OK zu geben oder den Vorschlag zu verwerfen. Also galt es, verschiedene Firmenbesuche zu absolvieren.

Bei den möglichen Auftragnehmer handelte es sich alles um kleinere Firmen in der japanische Provinz. Und die Ingenieure sprachen kein Englisch. Meine japanischen Sprachkenntnisse waren gleich Null, auch konnte ich keine japanische Schrift lesen. Die Verhandlungen stellte ich mir erst recht kompliziert vor. Natürlich war immer ein japanischer Kollege, meist der Chefingenieur, aus der Ingenieursabteilung meines Arbeitgebers, mit anwesend. Die japanischen Kollegen sprachen leidlich bis gut englisch, so dass es eigentlich mit der Verständigung klappen sollte.

Allerdings ergab sich die kuriose Situation, dass wir vor einer technische Zeichnung saßen und der potentielle Auftragnehmer meinem Kollegen (in diesem Fall dem Chefingenieur) etwas langwierig auf japanisch erklärte. Worauf der Kollege und Chefingenieur mit einer kurzen Erläuterung in englisch den Sachverhalt erklärte. Rückfragen meinerseits führten dann immer zu einem Schwall japanischer Sätze zwischen dem Kollegen und dem Auftragnehmer. Das habe ich mir zehn Minuten angehört, mich dann aber auf die technische Zeichnung konzentriert und die Zeigebewegungen des jeweiligen Planers verfolgt. Die japanischen Angaben in der Zeichnung konnte ich zwar nicht lesen. Aber an Hand der technischen Zeichnung war immer relativ klar, was gemeint war.

Als der japanische Kollege nach einer längeren Konservation wieder zu einer langwierigen Erklärung ansetzen wollte, unterbrach ich ihn und meinte „der Planer hat dies und jenes gesagt, frag mal das und das, ob das bedacht wurde“. Der Kollege schaute mich staunend an, fragte aber nach. Das ging noch mehrfach so – und plötzlich drehte sich der Kollege um und meinte “sprichst Du doch japanisch?”. Ich klärte ihn auf, dass ich kein Wort der Konservation verstanden hatte. Aber die technische Dokumentation in Form der Zeichnung war für mich immer eindeutig. Die Sprache der Ingenieure ist die technische Zeichnung – und deren Symbolik ist ziemlich international verständlich.

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