Auch die Alt-Bayern praktizierten Multi-Kulti

Es gab mal eine Zeit, das muss Bayern bzw. seine Bevölkerung weltoffener als heute gewesen sein. Da hatten wohl einige Bayern nix mit den heutigen politischen Thesen aus diesem Bundesland zu tun. Im Gegenteil: Die alten Bayern müssen wohl ziemlich viel von Multi-Kulti gehalten haben.

Es gibt gleich zwei Archäologische Fundsplitter, die ein Licht auf die frühen Vorfahren der Bayern oder der Bewohner in dieser Großregion werfen.

Bronzezeit: Bräute über weite Entfernungen

Vor 4000 Jahre nahmen manche Frauen weite Wege über teilweise hunderte Kilometer Entfernung auf sich, um dort bei ihren künftigen Ehemännern zu leben. Dies haben Wissenschaftler an 84 weiblichen Skeletten herausgefunden. Diese stammten aus dem bayerischen Lechtal und die betreffenden Frauen waren zwischen 2500 und 1700 vor Christus – also während des Übergangs von der Steinzeit zur Bronzezeit – beerdigt worden.

„Individuelle Mobilität hat das Leben der Menschen in Mitteleuropa bereits im 3. und frühen 2. Jahrtausend stark geprägt", sagt Philipp Stockhammer vom Institut für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie der Ludwig Maximilian Universität München (LMU). Die Forscher vermuten, dass Frauen eine wesentliche Rolle für den Austausch von Kulturgütern und Ideen spielten, der in der Bronzezeit deutlich zunahm, was wiederum die Entwicklung neuer Technologien förderte.

Am Ende der Steinzeit und in der frühen Bronzezeit wurden Familien im Lechtal, südlich von Augsburg, auf überraschende Weise gegründet: Die Mehrheit der Frauen kam aus der Fremde, wohl aus Böhmen oder Mitteldeutschland, während die Männer zumeist aus der Region stammten. Diese individuelle weiblicher Mobilität war dabei kein vorübergehendes Phänomen: Es lässt sich am Übergang von der Kupfersteinzeit zur Frühen Bronzezeit über einen Zeitraum von 800 Jahren nachweisen.

(Quelle: YouTube)

Nachzulesen ist dies in einem Beitrag der im September 2017 in diesem Fachblatt publiziert wurde. Ein deutschsprachiger Bericht der LMU lässt sich hier nachlesen. Ein Artikel findet sich auch hier. Das nachfolgende Video zeigt einen Beitrag von Philipp Stockhammer erforscht die interkulturellen Verflechtungen in der Bronzezeit. Die FAZ titelte 'Willkommenskultur für die Ostfrauen' – wobei das kulturelle Zentrum in der Steinzeit im Bereich Halle/Leipzig lag.

Multi-Kulti in der Spätantike

Und im 5. bis 6. Jahrhundert heirateten bayrische Männer Frauen, die über besonders große Köpfe verfügten und aus dem ferneren Südeuropa abstammen mussten. Dies hat ein Team von Paläogenetikern um Joachim Burger von der Universität Mainz herausgefunden.

Die Schädel der um 500 nach Christus in Gräbern einiger bayerischer Siedlungen wie Altenerding, Alteglofsheim oder Straubing bestatteter Frauen hatten teilweise eine besondere Form. Turmartige hohe Köpfe, die in manchen Kulturen durch Binden des Kopfes bei Kleinkindern geformt werden. Diesen Kult kannte man von den Hunnen, aber waren die Hunnen in Bayern eingefallen?

Ein Team von Populationsgenetikern und Anthropologen konnte nun nachweisen, dass die Frauen ausnahmslos zugewandert sind. Und die Herkunft konnte auch geklärt werden: "Die genomische Herkunftsanalyse verweist darauf, dass die Frauen mit deformiertem Schädel genetisch heutigen Bulgaren und Rumänen am ähnlichsten sind", so der Mainzer Populationsgenetiker und Anthropologe Joachim Burger. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin PNAS publiziert. Deutschsprachige Artikel finden sich bei Spektrum.de, oder in der Süddeutsche Zeitung. Tscha, wer hätte das gedacht, entgegen den heutigen Verlautbarungen waren die Bayern in früheren Zeiten Multikulti – in manchen Landstrichen jedenfalls.

Dieser Beitrag wurde unter Natur abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert