Und Tschüss: Die Telekom schaltet Telefonzellen ab und stellt Münzahlungen ein

Es ist das Ende einer Ära: Die deutsche Telekom wird bis Februar 2023 alle Telefonzellen im öffentlichen Bereich abschalten – momentan gibt es noch 12.000 Stück. Gleichzeitig wurde bekannt, dass das Bezahlen mit Münzen und mittels Telefonkarten an "Münzfernsprechern" eingestellt wurde. Damit endet eine "Institution" – die allererste Telefonzelle, der sogenannte Fernsprechkiosk, wurde 1881 in Berlin aufgestellt. Heute hat man Handy und viele Mitmenschen müssen damit immer und überall ausgiebig telefonieren.

Telefonzelle gefunden, nimmt keine Münzen

Das Medium Golem berichtet in diesem Artikel von den Plänen der Telekom bezüglich der Deaktivierung öffentlicher Telefonzellen. Dazu werde am 21. November 2022 zunächst die Münzzahlung an den Münzfernsprechern bundesweit deaktiviert. Ab Ende Januar werde dann auch die Zahlungsfunktion mittels Telefonkarten und somit der gesamte Telekommunikationsdienst an den öffentlichen Telefonen eingestellt.

Telefonzellen werden abgebaut

Der Bedarf an öffentlichen Telefonen ist seit Einführung des Mobilfunks stark rückläufig, schreibt die Telekom hier. Öffentliche Telefonstellen werden daher seit Jahren einvernehmlich mit den Kommunen und Gemeinden zurückgebaut. Mehr als 90 Prozent der ehemals über 160.000 öffentlichen Telefone sind bereits aus dem Stadtbild verschwunden, weil sie niemand mehr genutzt hat. Verblieben sind noch rund 12.000 öffentliche Telefone, die nun ebenfalls abgeschaltet werden. 

Bis Anfang 2023 wird die Telekom den Dienst nun schrittweise einstellen. Dazu wird nach der Deaktivierung der Münzzahlung am 21. November 2022 und dem Abschalten der Zahlungsfunktion mittels Telefonkarten gesamte Telekommunikationsdienst an den Telefonsäulen bzw. -häuschen eingestellt. Im Anschluss beginnt dann der Abbau der Stelen, der voraussichtlich bis Anfang 2025 abgeschlossen ist.

In Absprache mit den Gemeinden nutzt die Telekom rund ein Viertel der Standorte für die Verbesserung des örtlichen Mobilfunks ohne öffentliche Telefoniefunktion weiter. Sie baut die Standorte mit so genannten Small Cells um. Das sind kleine Antennen, die Mobilfunksignale verstärken und damit den Mobilfunk weiter verbessern. 

Eine Verpflichtung zum Betrieb öffentlicher Telefone besteht seit der Änderung des Telekommunikationsgesetzes Ende 2021 nicht mehr. Durch die geringe Nutzung tragen die öffentlichen Telefone nicht mehr zu einer Grundversorgung der Bevölkerung bei. Selbst für Notrufe sind die öffentlichen Telefone nicht mehr relevant. Auch hier übernimmt der Mobilfunk und unterstützt beispielsweise mit der Übermittlung der genauen Ortsangaben. 

Unwirtschaftliche Energiefresser

Grund für den Abbau: Die Grenze der Wirtschaftlichkeit wird längst nicht mehr erreicht. Fast jedes dritte öffentliche Telefon hat im letzten Jahr keinen einzigen Euro Umsatz gemacht. Im Durchschnitt macht ein Standort der Telekom nur noch wenige Euro Umsatz im Monat. Und das steht in keinem Verhältnis zu den Unterhaltskosten, die den Umsatz um ein Vielfaches übersteigen. Konkret sind das Betriebskosten, Standmiete und Reinigung. Und leider auch immer wieder Kosten für die Beseitigung von Schäden durch Vandalismus und Diebstahl.

Oft stehen die Stelen oder so genannten Basistelefone an Bahnhöfen, Flughäfen oder auf Messegeländen. Wirtschaftlich sind sie nicht, dazu sind sie sind veraltet und verbrauchen große Mengen an Energie. Im Schnitt sind es zwischen 500 und 1.250 Kilowattstunden im Jahr – je nach Ausstattung des Standorts. Mit der Abschaltung der ungenutzten Technik-Dinosaurier lassen sich so zwischen sechs und 15 Millionen Kilowattstunden jährlich einsparen. Das entspricht dem Stromverbrauch von mehreren Tausend Wohnungen.

Nostalgische Erinnerungen?

Bei mir kommt sofort die Erinnerung an meine Studentenzeit, da hatten wir kein Geld für ein eigenes Telefon. Also haben meine Frau und meine Wenigkeit Sonntags vier Markstücke gegriffen und sind um die Ecke zur nächsten Telefonzelle gepilgert. Dort wurden dann Eltern und Schwiegereltern angerufen, um mitzuteilen, dass man noch lebt und zu hören, wie es zuhause ging. Und wenn vom Münzfernsprecher angerufen wurde, wussten die "Daheimgebliebenen", der Studioso samt Frau hat wohl noch Geld, sonst hätte er nicht anrufen können.

Nach dem Motto "geteiltes Geld, ist halbes Geld" war vereinbart, dass die Eltern alle 14 Tage bei unserer Vermieterin auf dem Festnetztelefon anriefen, so dass wir uns das Münztelefonat an diesem Wochenende sparen konnten. Reicht u.U. für ein Samstagsessen. 

Und dann waren da noch die Situationen, wo sich Schlangen vor der Telefonzelle bildeten und die damals noch "Deutsche Post" mit Slogans "Fasse dich kurz" werben musste, um den Krawall um die Telefonzelle zu minimieren. Ich erinnere mich schon, geflucht zu haben, wenn da ein Dauerquasseler die Zelle über lange Zeit blockierte. Oder man geriet in Stress, wenn noch einige Groschen Guthaben angezeigt wurden, aber vor der Glasscheibe der Zelle bereits Leute ungeduldig darauf warteten, um "auch mal dran zu sein".

Die bekannten "gelben Telefonzellen" sind schon seit 2018 gar nicht mehr da. Diese wurden durch die Magenta-farbenen Telefonzellen ersetzt. Später wurden die abmontierten gelben Telefonzellen dann in Partyräume oder als "Bücherdepot" mit einem Buchbestand zum Mitnehmen umfunktioniert. Die Telekom schreibt, dass Menschen erstaunlich kreative Alternativen für Nutzung der alten Telefonzellen gefunden haben: Ein Fan habe sich einen Duschkopf in das Telefonhäuschen montiert und sie zur Gartendusche umfunktioniert. Musiker berichten, dass die Häuschen dank Schallschutz ein ideales Mini-Tonstudio hergeben. Manche verwenden ein Telefonhäuschen als Bücherschrank im Freien, der 24 Stunden geöffnet hat. Gäste eines Hotels können in einer Telefonhäuschen-Bücherei ausgiebig schmökern. Und sogar Künstler haben die Häuschen für ihre Aktionen vereinnahmt.

Kurzum – die Erinnerungen an die guten, alten Telefonhäuschen bleiben. Und wer noch mal in Nostalgie schwelgen möchte, kann sich im Museum für Post und Telekommunikation in Frankfurt umsehen. Im Museum sind weit über 50 Objekte rund um die öffentliche Telefonie ausgestellt.

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