Es war ein großes Rätsel: In Solnhofen werden in den Plattenkalken immer wieder versteinerte Saurierfossilien entdeckt. Aber es gibt vorwiegend Fossilien von Jungtieren, so dass die Frage entstand, warum dort kaum ältere Flugsaurier gefunden wurden. Nun hat man das Rätsel gelöst.
Fossilienfunde in Solnhofen
Solnhofen ist eine Gemeinde an der Altmühl im Südosten des mittelfränkischen Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen. Vor 150 Millionen Jahren befand sich dort aber eine Lagune, am Rande eines tropischen Meeres. In der Lagune verendeten immer wieder Lebewesen, die von Land eingespült wurden (beispielsweise kleiner Dinosauriers Compsognathus, im Wasser umkamen, sechs Gattungen von Flugsauriern, verschiedenen Schildkröten und über 180 Insektenarten). Die toten Tiere versanken und wurden für die Ewigkeit in versteinerten Fossilien konserviert.
Heute findet man in Kalkplatten deren Überreste, wie den oben erwähnten kleinen Dinosauriers Compsognathus, oder Flugsaurier und Schildkröten. Die bekanntesten und auch für die Evolutionsbiologie bedeutsamen Funde sind aber die bislang zehn Exemplare des „Urvogels" Archaeopteryx aus Solnhofen und Umgebung. Das besterhaltene dieser Exemplare ist im Museum für Naturkunde (Berlin) zu bestaunen.
Aus Solnhofen kommen auch bis zu 30 cm große Fossilien von Ur-Garnelen. Der besonders feine Kalkstein („Lithografischer Schiefer") aus den Steinbrüchen wurde vom Erfinder der Lithografie, Alois Senefelder, als Druckmaterial verwendet; heute noch gilt der Solnhofener Plattenkalk als das weltweit beste Material für lithografische Druckplatten. Viele Funde sind im Museum Solnhofen ausgestellt.
Das Rätsel der Jung-Flugsaurier
Für Forscher stellte es ein großes Rätsel dar, warum man in den Solnhofener Kalkplatten fast ausschließlich Flugsaurier-Fossilien von Jungtieren gefunden hat. Warum finden sich keine oder kaum Fossilien mit Resten von Alt-Flugsauriern in den Kalkplatten? Zumindest aus anderen Fundstätten ist bekannt, dass vor allem alte Tiere als Fossilien erhalten blieben. Jungtiere haben so feine Knochen, dass nach deren Tod kaum etwas übrig bleibt.
Die Funde zweier "Baby-Flugsaurier" scheinen jetzt das Rätsel gelöst zu haben, wie scinexx.de in diesem Artikel berichtet. Robert Smyth von der University of Leicester und seine Kollegen glauben eine Erklärung gefunden zu haben. Diese geht auf die Fossilien zweier Baby-Pterosauriern (Flugsaurier) zurück. Die Tiere lebten von rund 150 Millionen Jahre und die Fossilien erhielten die Spitznamen „Lucky" und „Lucky II" (wobei Lucky, d.h. Glück, eher nicht stimmt, beide Tiere starben ja).

Baby-Flugsaurier-Fossilien aus Solnhofen, Quelle: Scinexx.de
Die Tiere hatten gerade einmal einen Flügelspannweite von 20 cm, und bei der mikroskopischen Untersuchung stellte man fest, dass beide Baby-Flugsaurier kurz vor ihrem Tod den Oberarmknochen am Flügel gebrochen hatten (in obigem Bild rot markiert).
Die Erklärung der Forscher: Die Baby-Flugsaurier hatte gerade mit Flugübungen über der Lagune begonnen. Von Vögeln ist bekannt, dass Flügelbrüche passieren, wenn diese in Luftturbulenzen geraten, wo große Kräfte die Knochen brechen lassen. Bei den Flugsauriern scheint es so gewesen zu sein, dass in der Lagune große Luftturbulenzen von tropischen Stürmen herrschten, die bei den Jungtieren mit den weichen Flügelknochen zum Bruch führten. Die Tiere stürzten ab, fielen in die Lagune, ertranken und versanken im Schlamm. Die Knochen wurden dann zu Fossilien.
Alt-Tiere hatten dagegen stabile Knochen und konnten den Turbulenzen besser trotzen. So kommt es, dass im Solnhofener Plattenkalk verstärkt Jungtiere unter den Flugsaurieren gefunden wurden. "Dieser katastrophische, durch Sturmereignisse ausgelöste Hergang war wahrscheinlich der Hauptmechanismus, durch den kleine und mittelgroße Flugsaurier in die Solnhofener Formation gelangten", schreiben die Paläontologen. Der verlinkte scinexx.de-Artikel enthält noch einige weitere Erklärung. Ist eine spannende Erkenntnis, die die Wissenschaftler gewonnen haben.



