Russland will aus ISS aussteigen, Privatbetrieb bei Raumstationen nicht möglich

Zwischen den USA und Russland gibt es Zoff um den Betrieb der Internationalen Raumstation (ISS). Der geplante Betrieb bis 2024 wurde von der NASA inzwischen auf 2030 verlängert. Nun sieht es so aus, als ob Russland aus der Kooperation aussteigt, und es ist unklar, wie der Betrieb weiter gehen soll. Die NASA schielt darauf, dass Privatfirmen künftig Raumstationen betreiben – was aber wohl schwierig werden könnte.

Der Bau der internationalen Raumstation (ISS) begann am 20. November 1998 mit dem Start des russischen 'Zara'-Moduls, welches in die Erdumlaufbahn in ca. 400 km Höhe gebracht wurde. Dieses von Russland gebaute und von den USA finanzierte Modul liefert mit seinen Sonnenzellen Energie. Zudem enthält es die Antriebe für die Lageregelung der Station. Ich hatte dies im Beitrag Jubiläum: 20 Jahre internationale Raumstation ISS kurz erwähnt.

ISS
(Internationale Raumstation ISS, Quelle: NASA, gemeinfrei)

Ursprünglich sollte die Station bis 2024 betrieben werden, aber die Lebensdauer wurde Anfang 2022 auf das Jahr 2030 verlängert (siehe NASA will internationale Raumstation (ISS) bis 2030 betreiben). Die NASA will den Betrieb mit den internationalen Partnern in Europa (ESA, Europäische Weltraumorganisation), Japan (JAXA, Japan Aerospace Exploration Agency), Kanada (CSA, Kanadische Weltraumorganisation) und Russland (Staatliches Raumfahrtunternehmen Roscosmos) weiterführen, um die Fortsetzung der bahnbrechenden Forschungsarbeiten in diesem einzigartigen Weltraumlabor für den Rest dieses Jahrzehnts zu ermöglichen. Teile der Station kommen aber in die Jahre und bereiten Probleme (siehe Der ISS geht die Luft aus).

Roskosmos steigt vermutlich aus

Seit Beginn des Ukraine-Kriegs hakt es zwischen den USA und Russland, der gerade abgelöste Chef von Roskosmos, Rossigin, schoss immer wieder gegen die USA und drohte sogar, die Raumstation abstürzen zu lassen. Hintergrund ist, dass Bahnkorrekturen durch russische Versorgungstransporter vorgenommen wurden. Aber die USA sind inzwischen aber mit eigenen Cygnus-Raumtransportern dazu ebenfalls in der Lage.

Auch wurde bereits über die Abkopplung des fehleranfälligen russischen Teils der ISS spekuliert – Russland wollte das Modul auf eine andere Umlaufbahn bringen und dort betreiben. Wie realistisch das ist, mag dahin gestellt sein. Auf den Transport von Astronauten durch russischen Sojus-Raketen als einzige Möglichkeit sind die USA nicht mehr angewiesen. Die US-Firma SpaceX hat verschiedene erfolgreiche Missionen zur ISS geflogen – auch wenn weiterhin zusätzlich Sojus-Raketen/Raumschiffe für Flüge zur Station benötigt werden.

Nun ging die Tage die Meldung durch die Medien, dass der neue Chef der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos, Juri Borissow, am 26. Juli 2022 gegenüber dem russischen Präsidenten Putin ausgeführt habe, dass die Entscheidung über den Ausstieg aus dieser Station nach 2024 gefallen sei. Russland will zwar die alle Verpflichtungen gegenüber seinen Partnern im Projekt erfüllen, plant laut Borissow aber eine eigene Raumstation. Das Datum zur kryptischen Bekanntgabe des Ausstiegs war nicht von ungefähr gewählt, denn zum 26. Juli 2022 fand die 11.  ISS Research and Development-Konferenz der NASA statt.

Die Kollegen von heise haben das beispielsweise in diesem Artikel näher ausgeführt. Das Spannende an dieser Geschichte ist aber, dass die NASA als Hauptträger bisher keine offizielle Information über den Ausstieg durch Russland erhalten hat (siehe auch). Bill Nelson, der Chef der NASA, sagte gegenüber US-Medien, dass man sich verpflichtet habe, den sicheren Betrieb der ISS bis 2030 zu gewährleisten – und dabei bleibe es. Man wird abwarten müssen, wie es da weiter geht.

Rückzieher vom Rückzieher

Nun hat Roskosmos erklärt, dass der Rückzug von der ISS erst möglich sei, wenn eine eigene Raumstation in der Umlaufbahn vorhanden ist. Das ist aber nicht vor 2028 der Fall. Details finden sich in diesem Beitrag.

Private Raumstationen kaum möglich?

Interessant ist ein weiterer Aspekt, der mit im Rahmen der Konferenz unterkam. Die NASA will ja nach dem Ende der ISS 2030 vor allem privaten Firmen den Bau und den Betrieb von Raumstationen überlassen. In diesem Beitrag vom 31. Januar 2022 beschreibt die NASA diese Pläne. Der private Sektor soll die Forschung im erdnahen Orbit (LEO) übernehmen, so dass die NASA sich zurückziehen kann. Im Einklang mit dieser Vision hat die NASA Aufträge im Wert von Milliarden von Dollar an private Unternehmen vergeben, um Raumstationen der nächsten Generation zu bauen. Die NASA will sich auf einen Raumstation in der Mondumlaufbahn (das Luna Gateway) konzentieren.

Aber erst einmal eine kalte Dusche: Keines dieser privaten Projekte wird  in absehbarer Zeit starten. Mitglieder des NASA-Beratungsgremiums für Luft- und Raumfahrtsicherheit machen sich Gedanken um die Zukunft solcher Projekte. Es solle beispielsweise ein Modul für die ISS gebaut werden, welches dort ankoppelt und später für eine andere Verwendung abgetrennt werden kann. Dieses Modul kann aber frühestens 2024 fertig sein – sofern es keine Verzögerung gibt.

Amy Donahue, Professorin für öffentliche Ordnung an der Universität von Connecticut und Mitglied des Gremiums, warnte: "Es gibt nur sehr wenig Spielraum, um eine kontinuierliche US-Präsenz im LEO aufrechtzuerhalten, wenn die ISS im Jahr 2030 außer Dienst gestellt wird". Das berichtete die Zeitschrift SpaceNews berichtet. Die NASA muss sich also vorerst weiter auf die ISS zu verlassen, und hoffen, dass die Station weiter betrieben werden kann, sofern sie eine kontinuierliche menschliche Präsenz in der erdnahen Umlaufbahn sicherstellen will. Und was nach 2030 passiert, ist wohl auch noch offen. The Register hat hier einige Zeilen dazu veröffentlicht – ich sage: Das wird noch spannend.

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Eine Antwort zu Russland will aus ISS aussteigen, Privatbetrieb bei Raumstationen nicht möglich

  1. Andreas B. SH sagt:

    Ach ja, …? Da hätten wir nun also den wahren Grund, warum die russischen Kosmonauten (entgegen dem internationalen Ehrenkodex der Weltraumfahrer) so flegelhaft Putins „Siege" abfeiern und mit dem Separatisten-Lappen herumwedeln mussten: Sie wollten gerne rausgeschmissen werden und dann wie zankende Sandkastenkinder mit ihren Schäufelchen herumplärren. – Das war würdelos und läppisch …

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