Raketenflugzeug: Von Deutschland in den Weltraum

Im nächsten Jahr, soll es soweit sein, für 2026 ist der erste Testflug eines deutschen Raketenflugzeugs geplant. Von Peenemünde an der Ostsee, wo einst die deutsche V2-Rakete abhob, soll das von einem Start-up in Bremen entwickelte Raketenflugzeug starten.

Ein deutsches Start-up aus Bremen

Polaris Raumflugzeuge ist ein deutsches, in Bremen basiertes Luft-und-Raumfahrttechnik-Start-up. Die Polaris Raumflugzeuge GmbH wurde 2019 als Ausgründung des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) registriert. Kopf des Unternehmens ist Alexander Kopp, der zuvor bei der DLR System-Ingenieur war. Stand September 2025 waren in dem Unternehmen 60 Mitarbeiter beschäftigt.

Die Firma will die Raumfahrt mit horizontal startenden und landenden Raumflugzeugen, die von Flughäfen aus operieren und keine komplexen Startinfrastrukturen mehr benötigen revolutionieren. Dank ihrer flugzeugähnlichen Funktionsweise und ihrer Wiederverwendbarkeit für Hunderte von Missionen sollen diese Raumflugzeuge die Wirtschaftlichkeit der Raumfahrt in Bezug auf Kosteneffizienz, Flexibilität und Sicherheit grundlegend verändern. Durch die Beseitigung von Weltraummüll und die Verwendung der umweltfreundlichen Treibstoffkombination aus synthetischem Kerosin (SAF) und flüssigem Sauerstoff (LOX) werden wir ein neues Maß an Nachhaltigkeit in der Raumfahrt einführen.

Polaris RaketenflugzeugPolaris Raumflugzeuge (Webseite)

2021 bekam Polaris einen Wehrwissenschaftlichen Forschungsauftrag von der Bundeswehr zur Untersuchung von Raumflugzeugen für Weltraumbasierte- und Hyperschall-Aufklärung sowie die Untersuchung zur Verwendung eines Aerospike-Triebwerks. Aktuell entwickelt und forscht Polaris daher in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr an einem 28 Meter langem unbemannten Raumflugzeug Aurora und an sogenannten Aerospike-Antrieben.

Zum Hintergrund: Aerospike (englisch „Luftstachel") ist ein Raketentriebwerk, das nicht auf dem Prinzip der glockenförmigen (Laval-)Raketendüse basiert. Die Änderung des Düsenprinzips ermöglicht eine Anpassung an den atmosphärischen Luftdruck in unterschiedlichen Flughöhen. Durch diese Anpassungsfähigkeit kann das Triebwerk unter optimalen Bedingungen betrieben werden. Aerospike-Triebwerke werden bereits seit Mitte der 1950er Jahre erforscht. Aufgrund der Komplexität dieses Triebwerktyps konnte ein Prototyp jedoch erst in den 1990er Jahren mit dem X-33-Programm entwickelt werden. Derzeit gibt es kein einsatzfähiges Triebwerk.

Bereits verschiedene Demonstratorflüge

Anfang April 2020 absolvierte der 2,5 m lange Demonstrator und Technologie-Teststand STELLA seinen ersten Flug, wie man auf der News-Seite nachlesen kann. STELLA reproduziert die Form der späteren Aurora-Trägerrakete und wird von kerosinbetriebenen Turbostrahltriebwerken angetrieben. Hauptzweck war die Bewertung der Start- und Landeeigenschaften sowie der Unterschallfliegeneigenschaften der Aurora-Konfiguration.

Am 26. Oktober 2023 hat der Demonstrator MIRA seinen ersten Flug am Flughafen Peenemünde erfolgreich absolviert. MIRA ist das fünftes Fluggerät des Startups und mit einer Länge von 4,3 m und einer Startmasse von 210 kg auch das bislang größte. Der Erstflug wurde mit Turbinenantrieb durchgeführt. Der Hauptzweck von MIRA besteht jedoch darin, einen neuartigen linearen Aerospike-Raketentriebwerk im Flug zu testen.

Im Dezember 2024 gab es dann die Meldung, dass das Startup bereits über hundert Testflüge mit seinen Demonstratoren vorgenommen habe. Es waren alles kleiner Modelle, um die Flugeigenschaften zu prüfen. Der Flugplatz in Peenemünde auf der Insel Usedom war dabei die Basis für die Testflüge, die dann über der Ostsee stattfinden konnten.

Jungfernflug des Raketenflugzeugs NOVA

Nun las ich in ingenieur.de, dass der Prototyp des Raketenflugzeugs NOVA vor seinem ersten Jungfernflug stehen soll. "NOVA ist ein Demonstrator für ein Überschall-Raketenflugzeug", erklärt Minal Jain, die Leiterin des Projekts, gegenüber ingenieur.de. Dieser Demonstrator soll eine Geschwindigkeit von Mach 2 erreichen. Das entspricht der doppelten Schallgeschwindigkeit, also fast 2500 Kilometern pro Stunde.

"NOVA verfügt über zwei Antriebssysteme", sagt Jain. Zunächst sprängen vier Triebwerke einer herkömmlichen Flugzeugturbine an. Um Mach 2 zu erreichen, werde im Laufe des Fluges ein Raketenantrieb am Heck des Raketenflugzeugs eingeschaltet. Dieser Antrieb soll im Endstadium des Projekts ausreichend Schub erzeugen, um den Weltraum zu erreichen. Ein vergleichbares Projekt existiert aktuell weltweit nicht.

Beim Jungfernflug des Demonstrator NOVA ist das aber noch nicht der Fall. Das Raketenflugzeug mit einer Länge von 8,50 Meter soll nur bis auf rund 20 Kilometer Höhe aufsteigen. Dabei soll das Zusammenspiel der beiden Triebwerkstypen erstmals getestet werden. Das Raketenflugzeug wird 2026 vom Flughafen Peenemünde zunächst mit den luftatmenden Triebwerken abheben, beschreibt Tejveer Singh, Ingenieur für den Bereich Flugdynamik bei Polaris, den Start. Wenn das Raumflugzeug eine Höhe von sechs Kilometern erreicht hat, schaltet der Raketenantrieb ein. Dieser soll die NOVA auf ungefähr 20 Kilometer Höhe bringen. Dort wird das Triebwerk abgestellt, um den Flug abschließen und später wieder in Peenemünde auf dem Flughafen landen zu können.

Später soll das Triebwerk das Raketenflugzeug aber in den Weltraum befördern – was aber noch einige Jährchen dauern dürfte. Ein Video auf YouTube stellt die Tüftler an diesem Projekt vor. Und einen Flug, bei dem ein Aerospike-Triebwerk für 3 Sekunden betrieben wurden, hat es auch bereits gegeben. Bringt mich in meine Zeit in der Luft- und Raumfahrttechnik in Bremen zurück – aber ich war da halt 45 Jahre zu früh dran. Weitere Details über das NOVA-Projekt lassen sich im Artikel auf ingenieur.de nachlesen.

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