Am heutigen 1. Mai 2019 ist nicht nur Tag der Arbeit in Deutschland. In Japan hat der bisherige Kaiser (Tennō) Akihito am gestrigen 30.4.2019 abgedankt. Sein Sohn Naruhito wird heute die Nachfolge als Tennō antreten. Das führt dazu, dass in Japan eine neue (traditionelle) Zeitrechnung mit dem Jahr 1 beginnt.
Um es gleich vorweg zu nehmen – ohne Leserinnen der entsprechenden Blätter auf die Füße treten zu wollen – das ist kein Beitrag a la Bunte oder Gala aus der Welt der Reichen, Schönen und gekrönter Häupter. Für mich werden mit dem Machtwechsel in Japan persönliche Erinnerungen wach – da ich den Machtwechsel von Kaiser Akihito 1989 mitbekommen habe.
(Garten in Japan mit Lampions)
Zudem wurde ich als IT-Blogger seit Monaten vom bevorstehenden Ereignis in Japan tangiert: Die Firma Microsoft versucht seit Monaten, weitgehend erfolglos, die Unterstützung für den japanischen Kalender in Windows, Office und anderen Produkten durch sogenannte Updates auf eine neue Zeitrechnung umzustellen. Das war mir Anlass genug, mal einen kurzen Blick auf die Sachlage des Kaiserwechsels zu werfen.
Akihito wird 1989 Kaiser
Im Jahr 1989 verstarb der japanische Kaiser Hirohito, der für die Schlachten im 2. Weltkrieg im Pazifik verantwortlich zeichnete. Sein Sohn Akihito bestieg am 7. Januar 1989 als Kaiser den japanischen Chrysanthementhron und wurde am 12. November 1990 offiziell zum 125. Tennō von Japan ausgerufen, wie man auf Wikipedia nachlesen kann.
Ich selbst habe diese Ereignisse insoweit mitbekommen, als ich 1989 und 1990 mehrfach zu Arbeitsaufenthalten in Japan weilte. Ein deutscher Kollege, der sich im Januar 1989 in Japan aufhielt, erzählte mir, dass er sich in das Kondolenzbuch des Toten, welches in Tokio auslag, eingetragen habe. Mein erster Arbeitsaufenthalt war im April 1989, als dieser Thronwechsel bereits vollzogen war. Dafür habe ich dann hautnah die Folgen der Mehrwertsteuereinführung zum 1. April 1989 in Japan erlebt (hatte mit dem Kaiserwechsel nichts zu tun). Da ich über diese Zeit in Japan gebloggt habe, hat sich diese Episode im Beitrag Was kostet das Bahnticket? niedergeschlagen.
Japan startete im Jahr 1 der Zeitrechnung
Bei meinem ersten Aufenthalt in Japan stellte ich verdutzt fest, dass es neben dem westlichen Kalender, in dem man das Jahr 1989 schrieb, wohl noch einen zweiten Kalender gab (siehe Japanischer Kalender – Wechsel einer Ära). Dieser stand seinerzeit auf dem Jahr 1, und schnell fand ich heraus, dass das mit dem Regierungsjahr des Tennō zu tun hatte.
Immer wenn ein Kaiser den Thron besteigt, wird eine neue Ära ausgerufen, die dann mit dem Jahr 1 beginnt. Akihito hat seiner Regierungszeit den Namen Heisei (平成, Frieden überall) gegeben. Am 8. Dezember 2017 beschloss die japanische Regierung, dass Akihito zum 30. April 2019 abdanken werde.
Der neue Tennō ist Kronprinz Naruhito
Am 1. Mai 2019 besteigt Kronprinz Naruhito am folgenden Tag, im Alter von 59 Jahren, den Chrysanthementhron. Da die Heisei Ära damit zu Ende ist, beginnt die Zeitrechnung im traditionellen japanischen Kalender wieder mit dem Jahr 1. Diese Ära trägt den Namen Reiwa (Rei = gut, verheißungsvoll, Wa = Frieden, Harmonie), und wurde von der japanischen Regierung gewählt.
Japan befindet sich aber im doppeldeutigen Sinne des Wortes vor einer Zeitenwende. Dieser Artikel auf T-Online greift das Ganze am Rande auf, da sich die japanische Gesellschaft wohl in Richtung mehr Nationalismus zurück entwickelt. Bei meinen Besuchen waren Japaner schon keine Internationalisten – erst kam der Japaner, dann kam lange nichts – und irgendwann rangierten weiße Ausländer auf der Liste der Menschen tief unten. Noch tiefer in der Hierarchie waren nicht weiße Ausländer angesiedelt. Spiegel Online hat das Ganze in diesem aktuellen Artikel aufgegriffen.
Und so schließt sich für mich der Kreis – ein Sack Reis ist in Japan umgefallen, und die Folgen wurden auch bei mir, in Form persönlicher Erinnerungen, vernommen. In diesem Hinblick wünsche ich allseits einen schönen 1. Mai 2019.