Es hört sich wie ein modernes Märchen an: Ein Paar kauft in Italien eine Ruine für 44.000 Euro und verwandelt dieses verkommende alte Steinhaus in eine Traumvilla. Weckt bei mir so manche Erinnerungen.
Ich kenne es aus Norditalien, überall abseits der Dörfer und Städte finden sich verfallende Rustici – Steinhäuser, die vor 100 Jahren durch Bauern in abgelegenen Tälern gebaut und bewohnt wurden.
Ein italienischen Architektenpaar ist in Norditalien, in Nähe der französischen Grenze auf ein 100 Jahre altes, verkommenes Steinhaus gestoßen. Schlappe 65.000 Euro sollte das Objekt kosten, aber das Paar hatte dieses Budget nicht. Im Artikel Paar kauft Steinhaus für 44.000 Euro in Italien und verwandelt es in wahren Wohntraum erfährt man dann im Focus die Geschichte, wie das Objekt doch gekauft und in eine Traumvilla verwandelt wurde.
Sind Geschichten, die die deutsche Seele der Italien-Auswanderer streicheln, die aber bei näherer Betrachtung Fragen aufwerfen. Der Plot: Das Architektenpaar Maddalena Cerruti und Vincent Baisnée gründeten ihr eigenes Architekturstudio "ateliermavi" und suchten nach einem eigenen Restaurationsprojekt. So weit so normal, und die beiden fanden ein verlassenes Steinhaus in Ligurien – ideal, da die Familien in Italien und Frankreich lebten.
Die für 65.000 Euro gelistete Immobilie lag über dem Budget – aber nach Verhandlungen gab es den Zuschlag für 44.000 Euro, samt Erwerbskosten lag man bei 53.000 Euro. Wie man da dann noch eine Renovierung stemmen wollte, erschließt sich mir nicht.
Am Ende einer rührenden Story haben die Leute viel Arbeit in die Renovierung des Steinhauses gesteckt und dieses in eine Luxus-Villa verwandelt. Auch wenn die Leute viel eigene Arbeit investierten, frage ich mich, wo das Geld für die Baumaterialien her kam. Da stimmt der Plott nicht so ganz. Aber vielleicht wurde die Renovierung aus laufendem Einkommen finanziert.
Persönlich gönne ich dem Paar das modernisierte und renovierte Objekt. Mir fallen dann aber immer bestimmte Episoden ein, die wir in Italien erlebt haben. Wir sind Jahre zum Lago Maggiore gefahren – in sechs Stunden konnte man das per Auto schaffen. Beim Wandern kamen wir dann an in Renovierung befindlichen Rustici vorbei. Es hielten Porsches, Audis und BMWs sowie andere große Luxuswagen mit Kennzeichen aus dem Frankfurter Umland in der Nähe. Und die Familien waren jedes Ostern und in den Ferien an der Renovierung am schuften.
Viele dieser Rusticis waren über Jahre Baustellen und für uns war es an Ostern oder im Herbst interessant zu sehen, ob die bekannten Fahrzeuge in Nähe der Objekte geparkt waren. Manches Objekt wurde in ein Schmuckstück verwandelt. Aber es floss eine irre Zeit und viel Geld in die Renovierung.
Und was mir – mit Wurzeln im Handwerk – sofort auffiel: Die Rusticies waren weder ans Stromnetz noch an die Wasserversorgung angeschlossen. Bei genauem Blick ließ sich dann erkennen, dass oft ein Kabel über Kilometer zur Stromversorgung aus der nächsten Ortschaft zum Objekt verlegt worden war. Ähnliches galt für Kunststoff-Wasserrohre, die als Endlosschlauch über Kilometer durch den Wald verliefen.
Das war dann der Zeitpunkt, wo meine Frau und meine Wenigkeit uns entschieden, niemals irgendwo ein Ferienobjekt zu kaufen – obwohl ich als freier Autor die Möglichkeit gehabt hätte, auch abseits unseres Wohnorts zu arbeiten.