Spannende These, die Forscher über die äußeren Planeten Uranus und Neptun unseres Sonnensystems aufgestellt haben. Bisher ging man davon aus, dass diese "Gasplaneten" einen Kern aus Eis (gefrorenes Ammoniak) haben. Neuere Forschungsergebnisse legen jedoch nahe, dass diese Planeten auch einen felsigen Kern aufweisen könnten.
Uranus und Neptun sind ja die äußeren Planeten, außerhalb der Bahn des Saturn, in unserem Sonnensystem. Der Gasplanet Uranus ist mit 51.000 Kilometern Durchmesser etwa viermal so groß wie der der Erde (Durchmesser 12.742 km). Das das Volumen ist etwa 63-mal so groß wie das der Erde. Neptun besitzt einen Durchmesser von knapp 50.000 Kilometern und ist der viertgrößte Planet des Sonnensystems. Die Wikipedia führt beide äußeren Planeten als "Eisriesen" auf und schreibt:
Ein Eisriese ist ein Riesenplanet, der hauptsächlich aus flüchtigen chemischen Verbindungen wie Wasser (H2O), Ammoniak (NH3) oder Methan (CH4) besteht und eine mächtige Atmosphäre aus leichten Elementen besitzt.
Im Sonnensystem gebe es zwei bekannte Eisriesen, Uranus und Neptun. Bei der Suche nach dem hypothetischen Planeten Neun geht man auch von einem Eisriesen aus.
Stimmt vielleicht nicht
Die obigen Annahme, dass es sich bei Uranus und Neptun um Eisriesen handelt, stimmt vermutlich oder vielleicht nicht. Wie der eigentliche Planetenkern der äußeren Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun beschaffen ist, ist umstritten. Man kann ja nicht durch die dichten Atmosphären, die die Planetenkerne umgeben, schauen und Messungen vornehmen.
Letztmalig wurden die äußeren Planeten durch die US-Raumsonde Voyager 2 besucht. Diese passierte Uranus am 24. Januar 1986 und Neptun am 25.08.1989, wobei zahlreiche Daten gewonnen wurden. Aber die Frage nach dem inneren Aufbau konnten diese Daten nicht direkt belegen.
Was die Forscher aber machen können: Mathematische Modelle für den Aufbau der Planeten entwickeln und dann deren Verhalten mit den gemessenen Daten der Raumsonde Voyager 2 sowie diverser Teleskope abgleichen. Genau dies haben nun die Wissenschaftler Luca Morf und Ravit Helled von der Universität Zürich getan und ihre Erkenntnisse in einer Meldung vom 10. Dezember 2025 veröffentlicht.
Das Forschungsteam der Universität Zürich und des NCCR PlanetS stellt das bisherige Verständnis vom Inneren der Planeten des Sonnensystems in Frage. Die Zusammensetzung von den beiden äußersten Planeten Uranus und Neptun könnte felsiger und weniger eisig sein als bisher angenommen, schreiben die Wissenschaftler. Dies deckt sich auch mit dem kürzlichen Befund, dass der Zwergplanet Pluto in seiner Zusammensetzung überwiegend aus Gestein besteht.

Gemäß neuer Studie könnte Uranus je nach Modellannahmen ein Eisriese (links) oder ein Gesteinsriese (rechts) sein. (Bild: Keck Institute for Space Studies/Chuck Carter)
Dazu entwickelte das Team ein neues Modell, um das Innere von Uranus und Neptun zu simulieren. «Die Einstufung als Eisriesen ist möglicherweise zu stark vereinfacht, da die beiden Planeten nur unzureichend verstanden werden», sagt Luca Morf, UZH-Doktorand und Hauptautor der Studie. «Physikalische Modelle gingen bisher von zu vielen Annahmen aus und empirische Modelle waren zu vereinfachend. Wir haben beide Ansätze kombiniert, um neue, neutrale und physikalisch konsistente Modelle zu erhalten», so Morf.
Die Forschenden begannen zuerst mit einem zufälligen Dichteprofil für das Innere des Planeten. Sie berechneten das planetarische Gravitationsfeld, das dann mit den Beobachtungsdaten (auch von der US-Sonde Voyager 2) übereinstimmte, und leiteten daraus eine mögliche Zusammensetzung ab. Schließlich wurde der gesamte Prozess viele Male wiederholt, um die bestmögliche Übereinstimmung zwischen den Modellen und den Beobachtungen zu erzielen. Auf diese Weise stellte das Team sicher, dass ihr Modell den Gesetzen der Physik entspricht – wie dem Gleichgewicht zwischen Schwerkraft, inneren Druckkräften sowie Thermodynamik.
Mithilfe des neuen Modells fand das UZH-Team heraus, dass die mögljche Zusammensetzung im Inneren der «Eisriesen» unseres Sonnensystems keineswegs auf Eis – typischerweise dargestellt durch Wasser oder andere flüchtige Materialien – beschränkt ist. «Das hatten wir vor fast 15 Jahren erstmals vermutet, nun verfügen wir endlich über den rechnerischen Beleg», sagt Ravit Helled, UZH-Professorin am Institut für Astrophysik sowie Direktorin von UZH Space.
Die Studie bringt auch neue Erkenntnisse zum Magnetfeld der beiden äusseren Planeten des Sonnensystems. Während auf der Erde klare Nord- und Südpole bestehen, sind die Magnetfelder von Uranus und Neptun chaotischer und haben mehr als nur zwei Pole. «Wir haben zudem festgestellt, dass das Magnetfeld des Uranus tiefer liegen könnte als dasjenige von Neptun», erklärt Ravit Helled.
Die Ergebnisse sind zwar vielversprechend, dennoch bleibt eine gewisse Unsicherheit. «Physiker verstehen noch immer kaum, wie sich Materialien unter den Druck- und Temperaturbedingungen im Inneren eines Planeten verhalten. Dies könnte unsere Ergebnisse beeinflussen", sagt Luca Morf, der die Modelle noch erweitern möchte.
Generell ebnen die Studienergebnisse den Weg für neue mögliche Szenarien, wie die beiden Planeten im Inneren zusammengesetzt sind. Die an der UZH im Rahmen des NCCR PlanetS entwickelte Methode weist neue Wege für die zukünftige materialwissenschaftliche Forschung unter planetarischen Bedingungen. «Sowohl Uranus als auch Neptun könnten je nach Modellannahmen Gesteinsriesen oder Eisriesen sein. Die derzeitigen Daten reichen jedoch nicht aus, um die beiden Varianten zu unterscheiden. Dazu bräuchte es wohl gezielte Missionen zu Uranus und Neptun», sagt Helled. Auf scinexx.de finden sich in diesem Artikel einige zusätzliche Informationen zur Studie.
Luca Morf and Ravit Helled. Icy or rocky? Convective or stable? New interior models of Uranus and Neptune. Astronomy & Astrophysics, 10. December 2025. Doi: 10.1051/0004-6361/202556911



