Die Luft für die Verleiher von Elektrotretrollern (eScootern) wird in Deutschland immer dünner. Der notleidende US-Anbieter Bird zieht jetzt die Notbremse, nachdem viel Geld verbrannt wurde. Bird wird sich aus dem Verleihgeschäft mit eScootern in Deutschland vollständig zurückziehen – das wurde vor einigen Tagen bekannt.
Die Bäume wachsen denn doch nicht in den Himmel. Im März 2020 startete der Verleiher von Elektrotretrollern, der US-Anbieter Bird, in Hannover. Ich hatte im Blog eScooter-Verleiher Bird in Hannover gestartet damals berichtet. Man wollte von Bird so richtig Geld in Europa mit den neuen Fahrzeugen scheffeln. Das hat aber nicht so richtig geklappt, wie man an den am Artikelende verlinkten Beiträgen erkennen kann. Spätestens mit dem Ausbruch der Coronavirus-Epidemie wurden die Verleihfirmen arg gebeutet.
Ich habe gerade überrascht festgestellt, dass ich im März 2020 nicht nur über den Start des Verleihs in Hannover berichtet. Im März 2020 feuerte das Bird-Management auch 30 % seiner Belegschaft (siehe eScooter-Verleiher Bird hat 30 % der Belegschaft entlassen). Zum 1. August 2022 gab es dann noch im Artikel Bird: Oder wie Kapitalgeber Milliarden im eScooter-Business versenkt haben eine Analyse von mir, wie desaströs das Geschäftsmodell der Amerikaner im Grund war. Seit 2019 haben Risiko-Kapitalgeber Milliarden US-Dollar in Startups aus dem E-Scooter-Verleiher-Business versenkt. Heute sind Firmen wie Bird nur noch "einen Almosen" wert und segeln unter Penny-Stocks (wertlose Aktien). Dabei waren die Firmengründer mal angetreten, in Sachen e-Mobilität bei der letzten Meile den Markt aufzumischen und hatten den Umweltschutz ganz prominent auf das Schild gehoben. War alles Schall und Rauch.
Und wenn das Geld ausgeht, ist die Party irgendwann zu Ende. Ich hatte es bereits vor einigen Tagen hier gelesen: Der US-Anbieter Bird will sich künftig nur noch auf Märkte "mit stimmigen Rahmenbedingungen" konzentrieren. Nun ja, das sollte eigentlich für jeden Geschäftsansatz gelten – aber Bird glaubte, in Deutschland mit einem "Rambo-Ansatz" abkassieren zu können. Ich erinnere an dieser Stelle an meinen Blog-Beitrag Luxemburg: Die eScooter sind da, Stadt nicht erfreut – Bird hatte wohl 250 E-Tretroller in Kirchberg/Luxemburg an den Start gebracht, ohne das mit der Stadtverwaltung abzusprechen. So in etwas "hallo, wir sind jetzt da und haben ein paar Rollis abgesetzt, könnt ihr zur Kenntnis nehmen". Das Ende vom Lied lässt sich im Blog-Beitrag Luxemburg-Stadt: Aus für die Leih-eScooter? nachlesen – tat richtig gut, diese Klatsche für Bird zu lesen.
Zum 19. Oktober 2022 zitierte das Medium heise aus dieser Mitteilung von Bird an die US SECURITIES AND EXCHANGE COMMISSION (US-Börsenaufsicht SEC), dass sich Bird aus Deutschland, Schweden und Norwegen zurückzieht. Man will sich auf Märkte in den USA und diversen anderen Ländern konzentrieren, um "schneller profitabel zu werden", heißt es. Die machen noch immer in Optimismus, aber das Geld geht aus. Ob da wirklich mal mit Geld zu verdienen ist, bleibt zweifelhaft.
Jedenfalls beklagt Bird in den Märkten, aus denen man sich zurückzieht, dass es dort zu einem Überangebot an Fahrzeugen gekommen sei. Folge seien überfüllte Straßen und eine hohe und häufig wechselnde Anzahl von Wettbewerbern gewesen. "All dies führt unweigerlich zu erheblichen Verlusten für Betreiber, die es sich nicht leisten können, weiter zu investieren und die Mikromobilität sicherer und nachhaltiger zu gestalten", meint Bird dazu. Jedenfalls ist das Deutschland-Experiment von Bird beendet.
Wer Details will, kann bei den Kollegen von heise weiter lesen. Und wer eScooter in deutschen Städten ausleihen will, dürfte beim Berliner Unternehmen Tier oder beim schwedischen Anbieter Voi fündig werden. Vielfahrer werden eh einen eigenen Elektrotretroller gekauft haben. Oder wie seht ihr die Geschichte mit Bird, den eScooter-Verleihern sowie den Elektrotretrollern allgemein?
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