Man sagt: Geschichte wiederholt sich nicht, und wenn, dann als Farce. Vor ziemlich genau 100 Jahren gab es den Vorläufer heutiger eScooter – damals mit Benzinmotor. Hergestellt von einer US-Firma und später in Deutschland als Krupp-Roller mit Merkel-Motor erhältlich. Ein Hipster-Ding, was es bis nach Deutschland schaffte, aber dann doch floppte.
Ich hatte die Geschichte Mitte Juli 2019 bereits im Blog-Beitrag Die Autoped-Scooter von 1916/1919 … thematisiert. Die amerikanische Firma Autoped Company aus Long Island (New York) hatte bereits 1915 einen Motor-Scooter, den Autoped-Scooter, entwickelt und begann dieses Fahrzeug zu vermarkten.
(Quelle: Screenshot)
Das Fahrzeug wurde von Postboten (siehe obiger Screenshot), Suffragetten und den Hipstern der damaligen Zeit eingesetzt. Die englische Frauenrechtlerin Florence Norman düste mit dem Gefährt durch London, wie das Foto in folgendem Tweet zeigt.
Alles schon mal dagewesen: "Lady Norman with her electric scooter in 1916".
Man beachte den stylischen Helm. 😀#RetroOldSchool#AltesNeuErfunden#EinMussFürSteampunker
(Quelle: https://t.co/Fo7kt11esG) pic.twitter.com/4DElYYG7eX— Markus Heitz (@markus_heitz) July 15, 2019
Angeblich sollen auch Gangster das Gefährt benutzt haben, um der Polizei zu entkommen. Seinerzeit gab es ebenfalls viele Kritiker, die das Autoped als gefährlich, die Umwelt mit Lärm und Gestank verpestendes Vehikel, das nichtsahnende Fußgänger gefährdet, bezeichneten. Irgendwie kommt das einem bekannt vor.
Das Autoped schaffte es sogar bis nach Deutschland. Der Industrielle Krupp beschaffte sich eine Lizenz und ließ das Fahrzeug mit einem stärkeren, von Joseph Merkel konstruierten Einzylinder-Viertaktmotor mit 155 cm³ Hubraum und 1,5 PS Leistung bauen. Der Motor trieb das 10-Zoll-Vorderrad an und konnte mit der klappbaren Lenkstange gebremst sowie gekuppelt werden.
Eigentlich träumten die Erfinder von einem grandiosen Erfolg: Jeder Arbeitnehmer sollte mit dem Ding zur Arbeit fahren können. Aber das Gefährt wurde ein Opfer der damaligen Verhältnisse – Straßen, die von Automobilen befahren wurden und keinen Platz für die Scooter ließen. Auf dem Bürgersteig war das Fahren verboten. Zudem war das Fahrzeug teuer (umgerechnet auf heutige Verhältnisse über 2.200 Euro), so dass es sich nur Reiche leisten konnten.
So erwies sich die Entwicklung, trotz immensem Marketing, am Ende als Flop. Es war zu teuer, um draußen einfach stehen gelassen zu werden. Die Dinger weckten Sozialneid, der Normalbürger ging zu Fuß oder hatte ein Fahrrad. Das Autoped war andererseits aber zu schwer, um ins Haus mitgenommen zu werden. So lief die Produktion 1921 aus und das Autoped war Geschichte. Für Leute, die es interessiert – neben meinem Blog-Beitrag Die Autoped-Scooter von 1916/1919 … hat Spiegel Online einen amüsanten und lesenswerten Artikel zum Thema veröffentlicht.
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