EU-Hammer Kreislaufwirtschaft: Soll Privat-PKW-Verkauf reguliert werden?

VW-KäferStell dir vor, Du willst dein gebrauchtes Auto verkaufen und brauchst TÜV-Gutachten um deinen "digitale Fahrzeug-Kreislaufpass" füllen zu können. Das droht laut Presseberichten künftig EU-Bürgern bei Privatverkäufen von PKWs, wenn die neue Altfahrzeug-Regulierung der EU-Kommission in aller Strenge kommen sollte. Aber es gibt eine Diskrepanz zwischen Medienberichten und der Aussagen der EU-Kommission. Ich stelle mal einige Informationen zusammen, hab aber noch kein finales Bild.

So sehr ich die Europäische Union in vielen Bereichen schätze, deren Regulierungswahn erdrosselt inzwischen alles. Gesundheitstest für ältere Führerscheininhaber, jährlicher TÜV für Fahrzeuge älter 10 Jahre, Sanierungspflicht für Gebäude – alles Vorhaben der EU-Kommission, die bisher von Deutschland gestoppt werden konnten (siehe Links am Artikelende).

Streitpunkt Altfahrzeug-Regulierung

Nun rollt möglicherweise der nächste Regulierungshammer auf die EU-Bürger, zumindest den Planungen der EU-Kommission nach, zu. Die EU-Kommission arbeitet an einer neuen Altfahrzeug-Regulierung (was erst einmal nicht gänzlich unsinnig ist), die auch für Privatverkäufe gelten soll (was Probleme bereiten könnte). Zur Altfahrzeug-Regulierung gehört dann auch eine sogenannter "digitale Fahrzeug-Kreislaufpass". Mit diesem wird das Fahrzeug lückenlos verfolgt, um nachzuweisen, dass die Bestandteile des Fahrzeugs in den Wertstoff-Kreislauf zurückgeführt und recycled wurden. Auch dies kann sinnvoll sein.

Was die EU-Kommission sagt

Die EU-Kommission hat ihren Standpunkt zum 17. Juni 2025 in dieser Pressemitteilung öffentlich gemacht. Dort heißt es zwar unter "Gebrauchtfahrzeuge und Altfahrzeuge":

Der Rat hat Anforderungen hinzugefügt, nach denen jedes Mal, wenn ein Gebrauchtfahrzeug den Besitzer wechselt, vom Verkäufer dokumentiert werden muss, dass es sich nicht um ein Altfahrzeug handelt. Dies gilt nicht für Verkäufe zwischen Privatpersonen; es sei denn, sie werden online abgeschlossen, da das Risiko in diesem Fall größer ist. In seinem Standpunkt präzisiert der Rat, was unter „Altfahrzeug" zu verstehen ist, und sieht Ausnahmen vor, wenn es sich um Fahrzeuge von besonderem kulturellem Interesse oder alte Fahrzeuge handelt, die restauriert wurden und wieder im Straßenverkehr genutzt werden können.

Ab diesem fett hervorgehobenen Passus für Privatpersonen hätte ich mich beruhigt zurückgelehnt. Der Bundesverband für Sekundärrohstoffe und Entsorgung begrüßt hier den Entwurf der EU-Kommission, bezieht sich aber wohl auf die obige Pressemitteilung. Der Vorschlag der EU-Kommission wird nun dem Europäischen Parlament vorgelegt (siehe diese Pressemitteilung).

Schwere Kritik in Medien?

Aber es gibt auch Kritik: Der Gesamtverband der Versicherer (GDV) bemängelt in diesem Artikel, dass mit der Verordnung Versicherungsunternehmen und von ihnen beauftragte Kfz-Sachverständige künftig beurteilen sollen, ob beschädigte Fahrzeuge als Altfahrzeuge eingestuft werden sollen. The European hat sich in diesem Artikel des Themas ebenfalls angenommen – Focus Online hat es hier aufgegriffen.

Die Aussage aus beiden Artikeln: Wer seinen Gebrauchtwagen abstoßen will, muss zukünftig per Video oder TÜV-Gutachten nachweisen, dass es sich nicht um "Schrott" handelt. Damit steht diese Aussage zumindest konträr zur von mir oben skizzierten Aussage der EU-Kommission, dass Privatverkäufe ausgenommen werden.

Der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreite (CSU) warnt bereits vor Mehrkosten: "Eine Nachweispflicht würde neue Kosten für die Bürger und mehr Aufwand für die Behörden bedeuten, aber keinerlei Mehrwert schaffen.". Ob es rein populistisches drauhauf ist, weiß ich nicht.

Probleme gibt es auf jeden Fall, wenn ein Fahrzeug zeitweise still gelegt, verkauft und wieder angemeldet werden soll. Da bräuchte es einen Nachweis, dass das Auto fahrbereit und kein Schrott ist. Heißt aber Gutachten vom  TÜV, was kostet. Wenn dies für jeden Fahrzeugverkauf von Privat gilt, wäre das schnell der Overkill.

Es kommt auf die Ausgestaltung dee Durchführungsverordnung an (vor deren Inkrafttreten das EU-Parlament und der EU-Ministerrat zustimmen muss). Aber es droht latent ein Bürokratie-Hammer – und eigentlich will die Bundesregierung doch Bürokratie abbauen.

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3 Antworten zu EU-Hammer Kreislaufwirtschaft: Soll Privat-PKW-Verkauf reguliert werden?

  1. Name sagt:

    "So sehr ich die Europäische Union in vielen Bereichen schätze" … da hab ich dann aufgehört zu lesen.

    • guenni sagt:

      Es wird niemand zum Lesen gezwungen. Aber Lesen bildet und Lebensweisheiten sind auch nicht schlecht!

      Ich schätze an der EU beispielsweise, als 10 Jahre nach dem 2. Weltkrieg Geborener, jetzt 70 Jahre ohne Krieg durchs Leben gekommen zu sein. Meine Väter, Großväter und Urgroßväter hatten da gänzlich andere Erfahrungen – nur mal angemerkt.

      Ich schätze an der EU, dass ich nach wie vor ziemliche Reisefreiheit habe, mich als Freiberufler auch in einem anderen Land der EU niederlassen könnte, bei Rechnungen im europäischen Ausland meine Umsatzsteuer nicht ausweisen muss, sondern die Umsatzsteuerschuld auf den Rechnungsempfänger übergehen lassen zu können.

      Ich schätze an der EU, dass eine ganze Reihe Verordnungen mich als Bürger der EU vor allzu großer Willkür des Markts (vor allem der US-Tech-Giganten) schützen und neue Chancen eröffnen. Grenzüberschreitende Zahlungen, Mobilfunk-Roaming und -Tarife, GDPR, DSA, DMA (um mal einige Verordnungen zu benennen), sind Angelegenheiten, die ich im Grundsatz als positiv schätze.

      Einfach drüber nachdenken … man muss nicht der gleichen Meinung sein – aber Wut-Bürger am Stammtisch "alles von der EU ist schlecht" trifft es auch nicht – zumindest möchte ich nicht die Brexit-Dumpfbacken-Argumentation der Briten hier in Deutschland erleben.

  2. Daniel sagt:

    Die Frage ist was passiert, wenn man ein altes Auto kaufen möchte, um für sein anderes Auto ein Ersatzteillager anzuschaffen. Ist ja dann quasi unmöglich. Außer man nimmt ein Auto auseinander, was eigentlich noch Straßentauglich ist.

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